2024: an der Kreuzung von Pop und Country

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"2024 demonstrierten Pop-Künstler ihr Liebe für Country Music, und die Wählerschaft der Grammy Awards honorierte das. Pop und R&B Stars dominierten die Country Grammy Nominierungen, darunter Beyoncé, die als einzige Künstlerin eine Nominierung in allen 4 Country Kategorien erhielt." (Melinda Newman / billboard.com, 8. November 2024)

Playlist: Guadalupe

"Herr, meine Armut die ist echt,
Mögen Rosen auf mich niederfallen,
von ihrer Jungfrau von Guadalupe.
Denn wer bin ich schon, zu zweifeln,
an diesen Wundern, geheilt
in Jahrunderten aus Blut und Kerzenrauch."
(Guadalupe / T. Russell)

Gretchen Peters ist eigentlich in New York geboren und in Colorado aufgewachsen. Aber seit 1987 lebt und arbeitet sie in Nashville. Dort hat sie sich längst einen Namen gemacht. Und zwar als Songschreiberin mit Hits für u.a. Martina McBride ('Independence Day'), Trisha Yearwood ('On A Bus to St. Cloud'), George Strait ('Chill of an Early Fall') oder Bryan Adams ('When You Love Someone').

Daneben veröffentlichte sie ihre Songs aber immer wieder auch auf eigenen Alben. Meist im Stil einer Mary Chapin Carpenter, ruhig, dezent, mit Fokus auf Stimme und Text. Im Jänner 2016 erschien mit "The Essential Gretchen Peters" ein zusammenfassendes Doppelalbum ihres bisherigen Schaffens. Teil 1 beinhaltet die bekannten Hits, Teil 2 unveröffentlichte Versionen oder Arbeitstitel. In Summe sind das ganze 27 Songs zum Preis eines Albums.

Enthalten darauf auch ein ganz besonderer Song, der verblüffenderweise nicht von ihr geschrieben wurde, sondern vom Texanischen Singer-Songwriter Tom Russell. 'Guadalupe' ist ein Titel, den der Texaner erstmals auf seinem Album "Blood and Candle Smoke" (2009) veröffentlicht hatte. Auf seinem Blog beschrieb er, wie der Song entstand:

"Zu Weihnachten vor 6 Jahren war ich nach Mexico City geflogen. Ich war zwischen zwei Beziehungen und wollte sowohl dem Feiertagsstess, als auch dem eigenen Selbstmitleid entkommen. Eine Flucht in eine Stadt, die für mich inzwischen so etwas wie das Rom der westlichen Hemisphäre ist."

"Am Weihnachtsabend besuchte ich die Mitternachtsmesse in der großen Kathedrale, wo Indiofrauen ihre Jesus-Statuen zum Erzbischof brachten, um sie von ihm weihen zu lassen. Mein Herz schlug im Rythmus der 200 Jahre alten Orgel und meine Traurigkeit, mein Zweifel und mein Selbstmitleid fiel mehr und mehr von mir ab, mit jedem Crescendo der lateinischen Hymnen."

"Am Hügel von Tepeyac liegt der Schrein von Guadalupe. Studenlang saß ich dort an einem Winternachmittag mit tausenden von Mexikanern und Indios und seltsamen deutschen Touristen, die in ihren Touristenführern blätterten. Und dieses Bildniss hing in einem goldenen Rahmen über dem Altar, und all die Armen und Verzweifelten und Hoffnungslosen und wir alle ... blickten es an. Die Jungrau von Guadalupe."

Ich selbst bin schon dort gewesen, am Stadtrand von Mexico City, wo sich das Heiligtum der Jungfrau von Guadalupe befindet. Der größte Wallfahrtsort der Welt, mit jährlich rund 20 Mio. Pilgern. Von ganz zentraler Bedeutung für Mittel- und Südamerika. Denn er geht auf eine Begebenheit im Jahre 1531 zurück. Am Morgen des 9. Dezember jenes Jahres erschien dem Indio Juan Diego eine von Licht umhüllte junge Frau, die ihn in seiner Muttersprache ansprach und ihn bat zu ihren Ehren an diesem Ort, einem ehemaligen Heiligtum der Azteken, eine Kirche errichten zu lassen.

Als Juan Diego die Frau als Jungfrau Maria erkante, eilte er zum Bischof, um ihm davon zu erzählen. Doch dieser glaubte ihm nicht. 3 Tage später hatte Juan Diego ein weitere Erleuchtung und Maria gebot ihm, Rosen zu pflücken, die trotz Winters plötzlich erblühten, und dem skeptischen Bischof zu bringen. Als er das tat und vor dem Bischof den Mantel öffnete, mit dem er die Rosen getragen hatte, erschien auf dem Mantel ein Bildnis, das der Bischof als die Jungrau von Guadalupe erkannte. Daraufhin ließ er die Kirche bauen.

Da die Kirche, wie ganz Mexiko City aber auf Sumpf gebaut ist, begann sie einzusinken und wurde schließlich für den Besuch gesperrt. Es entstand nebenan eine neue, moderen Kirche, die mit einem Fassungsvermögen von 10.000 Sitzplätzen zu den größten der Welt zählt. Dort befindet sich heute auch der Mantel von Juan Diego mit dem Abbild der Jungfrau von Guadalupe.

Heute ist Juan Diego heilig gesprochen und der mexikanische Schriftsteller Carlos Fuentes hielt so treffend fest: "Du kannst vielleicht kein Christ mehr sein, aber du kannst kein Mexikaner sein, wenn Du nicht an die Jungfrau von Guadalupe glaubst." Und Octavio Paz ergänzte: "Nach 200 Jahren Glaubensexperimenten vertrauen Mexikaner nur mehr zwei Dingen - der Jungfrau von Guadalupe und der staatlichen Lotterie."

Vor diesem Hintergrund entstand der Song 'Guadalupe' von Tom Russell. Er landete auch auf dem Duett-Album "One to the Heart, One to the Head" von Gretchen Peters mit Tom Russell. Dort stellt er eines der Highlights des Albums dar. Selten wird die melancholisch, spirituelle Atmosphäre eines Liedes so berührend vermittelt. Und es ist ganz zweifellos die Stimme von Gretchen Peters, die die Glanzlichter setzt. Ein zeitloses Lied und das einzige, das mit ihr verbunden wird, ohne dass sie es geschrieben hat.

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