Tagebuch einer Songschreiberin

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"Sei aufgeschlossen und höre es an einem ruhigen Ort. Lass dich mitnehmen. Höre es von Anfang bis zum Ende. Ich hoffe, du lernst ein bisschen über mich oder vielleicht auch über dich. Wir alle versuchen das [Leben] zu verstehen oder brauchen auch mal eine Pause davon. Lasst mich euch dabei helfen." (Lanie Gardner / sweetyhigh.com, 25. Oktober 2024)

Du sollst deine Heimatstadt hassen

"Die Prämisse [des Songs] war ganz egoistisch, wenn ich mit diesem Mädchen spreche und ihre sage: geh zurück, ich weiß du hast Heimweh, aber wenn du dort bist, dann hoffe ich, dass du es hasst, sodass du auf der Stelle umdrehst und zurück zu mir kommst."
(Hardy / youtube, 4. September 2020)

Er gilt inzwischen als einer der gefragtesten Songschreiber in Nashville. Und seit 2019 feilt er auch mit großem Ehrgeiz an seiner Karriere als Künstler. Sein erstes und bisher einziges Solo Studioalbum "The Rock" war eines der Highlights des Jahres 2020. Es rückte Hardy auch als Künstler in den Mittelpunkt und brachte ihm mit 'One Beer' (einer Zusammenarbeit mit Lauren Alaina und Devin Dawson) auch seinen ersten Nummer-1 Hit in den Radio (Billboard Country Airplay) Charts ein.

Im Jänner 2021 erschien mit 'Give Heaven Some Hell' die zweite Single aus dem Album. Nach endlosen 62 Wochen blieb der motivierende Song über den Tod eines Freundes im Mai 2022 auf Platz 11 in den Radio Charts hängen. Eine Laufzeit von über einem Jahr erscheint nicht nur lang, sondern ist in schnelllebigen Zeiten wie diesen eine geschlagene Ewigkeit. Ein Zeitraum in dem Hardy sein Duett-Projekt "Hixtape, Vol. 2" veröffentlicht hatte, als Gast-Interpret und Songschreiber (gemeinsam mit Breland) auf der Nummer-1 Radio-Single 'Beers On Me' von Dierks Bentley vertreten war und mit 'Sold Out' einen Country Song mit Hard Rock Refrain veröffentlicht hat, der auf Spotify bis dato bereits über 12 Mio. Streams verzeichnet hat.

So scheint es fast genau 2 Jahre nach der Veröffentlichung des Albums "The Rock", als hätte Hardy ein wenig den Faden verloren. Oder sich selbst - in der Menge der Projekte, die er vorangetrieben hat. Nennt man das Mehrgleisigkeit? Wohin zieht es ihn als Künstler? Es ist noch nicht ganz auszumachen. Wird es Rock oder doch Country? Gibt es ein von allen sehnsüchtig erwartetes und überraschendes neues Projekt oder wagt man sich doch noch an eine neue Single aus dem inzwischen alten Album? Alles scheint möglich, auch wenn es vermutlich nichts mehr mit dem Projekt aus 2020 zu tun haben wird.

Was mehr als schade ist! Denn neben anderen Songs aus dem Album, würde sich ganz besonders Titel Nummer 10 als Single anbieten. Er trägt den spannenden Titel 'Hate Your Hometown', geht unverschämt gut ins Ohr und ist auch noch authentisch, weil er aus einer persönlichen Situation heraus entstanden ist.

Der erste Aufhänger, der neugierig macht, ist schon mal der Titel, des von Hardy gemeinsam mit David Garcia und Hillary Lindsey geschrieben Songs. Grundsätzlich ist das Wort Hometown quasi eine Standard-Anforderung für Mainstream Country Songs von heute. Denn regelmäßig ist die Rückbesinnung oder nostalgische Erinnerung an den Ort seiner Jugend ein zentrales Thema. Umso dreister klingt es daher, von jemandem aufgefordert zu werden, seine Heimatstadt zu hassen. Was für ein Sakrileg!

Trotzdem möchte der Song genau das - und offenbart im Text sehr bald, welche Beweggründe hinter diesem unschönen Ansinnen stecken. Denn in Wahrheit will der Protagonist nur seine Beziehung retten, die zu zerbrechen droht, weil seine Partnerin zurück in ihren Heimatort geht. So formt sich in seinen Gedanken die skurrile Idee, dass sie schnell wieder zu ihm zurückkommen würde, wenn sie doch ihre Heimatstadt einfach nicht mehr ausstehen könnte.

Dazu nehmen die Songschreiber jeden positiven Gedanken, den man mit seinem Heimatort verbinden könnte, und stellen ihn auf den Kopf. Und lassen damit neue Bilder entstehen, die dem Zuhörer die verzweifelte Hoffnung des Protagonisten vermitteln, ihn aber gleichzeitig ein wenig zum Schmunzeln verleiten.

Das was am Ende bleibt, ist ein Ohrwurm, der einfach alles richtig macht! Nicht zuletzt deshalb, weil er einem altbekannten Thema, das man bereits zur Genüge gehört hat, eine frische und unerwartet neue Perspektive einzuhauchen vermag.

Ich hoffe, du hasst deine Heimatstadt,
jeden Ziegel, jeden Flecken.
Ich hoffe, sie haben alle Bars geschlossen
und alle Straßen umbenannt.
 
Ich hoffe, sie sieht wie eine Geisterstadt aus
und du fühlst dich dort wie ein Fremder,
drehst verärgert um.
Ich hoffe, du hasst deine Heimatstadt,
und kommst wieder zurück zu mir.
 
Ich hoffe, das Willkommens-Schild sagt:
"Verschwinde von hier".
Ich hoffe, alle Freunde sind weggezogen
und die Memory Lane gibt es nicht mehr.
 
Ich will nicht böse klingen,
am Ende meine ich es gut.
Also denk daran, dass ich dich liebe,
wenn ich sage,
ich hoffe, du hasst deine Heimatstadt.
(Hate Your Hometown / Michael Hardy, David Garcia, Hillary Lindsey)


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