Nichts als Lügen

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"[Studio Zwei] ist unser berühmtester Aufnahmeraum. Als der Ort, wo richtungsweisende Aufnahmen von den Beatles, Shirley Bassey, Kate Bush, Massive Attack, Oasis, Adele und vielen anderen stattfanden, war Studio Zwei seit seiner Eröffnung 1932 immer der Herzschlag populärer Musik." (abbeyroad.com/studio-two)

Sonntagsgewand

"Wir halten Händchen, wie man es erwartet,.
Dabei schliefst du letzte Nacht am Sofa,
und eigentlich kenne ich dich gar nicht mehr.
Wir streiten nur, aber niemand weiß es."
(Church Clothes / Liz Rose, Nicolle Galyon)

Sie heißt mit Vornamen nicht Kelly, sondern Kelleigh. Das ist die irische Schreibweise und sie trägt in sich die Bedeutung von temperamentvoll, quirlig und lebhaft. Ein Name, der perfekt zu der dunkelhaarigen Musikerin passt, die den Familiennamen Bannen trägt. Und Kelleigh Bannen ist etwas, das die wenigsten Musiker in Nashville sind, nämlich tatsächlich in Nashville geboren und aufgewachsen. Und hier hat sie auch geheiratet und hier lebt sie jetzt auch.

Da ist es wenig verwunderlich, dass sich die inzwischen 37-jährgige nicht nur in Nashville, sondern auch in der Musikszene zu Hause fühlt. Trotzdem sagt sie von sich, dass sie erst seit rund 10 Jahren professionell Musik macht. So war sie erst 2012 bereit, mit einem Vertrag von EMI Records Nashville in der Tasche, groß durchzustarten. Im Oktober des gleichen Jahres erschien ihre erste Single 'Sorry On the Rocks'.

Der Song über eine zerrüttete Beziehung, den Kelleigh Bannen gemeinsam mit Troy Johnson geschrieben hatte, erreichte knapp nicht die Top-40 der Billboard Country Airplay Charts. Auch die Nachfolge-Single 'Famous', wesentlich moderner produziert, schlug sich 2013 kommerziell ähnlich. Auch thematisch war der Song wenig positiv, sondern voll böser Verbitterung nach einer enttäuschten Liebe. Auch wenn der Refrain unverkennbare Ohrwurmqualitäten hat.
"Ich werde dich stoppen,
bevor du auch nur eine Chance bekommst,
noch ein Herz zu brechen.
Ich werde dich berühmt machen,
allen davon erzählen,
bis dich alle in der Stadt kennen."



2014 folgte der dritte Versuch. Die wesentlich positivere Single 'You Are What You Love' spielt mit bunten Klischee-Bildern zwischen Wein, Veranda, Gitarren und Sommertagen. All diese Dinge, die du liebst, haben letztendlich etwas mit dir und deiner Persönlichkeit zu tun. Es ist die poppigste und fröhlichste Single ihrer Karriere bis dahin. Allerdings scheint EMI bereits kalte Füße zu bekommen, denn ein offizielles Video wird nicht mehr gedreht. Und letztendlich kann sich die Single nur mit Mühe überhaupt in den Charts platzieren.

Aber es gibt noch einen allerletzten Versuch. Ende 2014 erscheint der Rocker 'Smoke When I Drink' nochmal mit offizellem Video von EMI Records Nashville. In stylistischem schwarz-weiß gedreht, zeigt sich Kelleigh Bannen als coole Rock Prinzessin vor hämmernder Percussion und dröhnender Gitarre. Ein Uptempo Song über Alkohol und Nikotin, über die Sucht und eine Beziehung, die zur Sucht wird. Es sollte die Single sein, auf die endlich das Album erscheinen sollte.



Und eigentlich hätte es auch ein Hit sein müssen, aber anstelle dessen trennte sich EMI Records Nashville von Kelleigh Bannen. Zu lange hatte man Geld investiert, ohne Gewinn zu machen. Eine schmerzliche Erfahrung für die Künstlerin und ein Zeitpunkt, sich Gedanken über die weitere Zukunft zu machen. Und genau das machte sie 2015. Musikalisch konzentrierte sie sich mehr auf youtube, wo sie eine Serie von Cover-Performances startete. Darüberhinaus eröffnete sie im Web einen Seite mit dem Titel http://thisnashvillelife.com/.

Was liegt näher, als die Stadt, in der sie aufgewachsen ist, die sie kennt und in der sie sich einen ersten Namen mit entsprechenden Kontakten gemacht hat, von verschiedenen Seiten zu beleuchten. Im Zentrum stehen daher mehr oder weniger regelmäßige Podcast Interviews mit Musikern, Produzenten und Insidern aus dem Musikgeschäft, die es ihr erlauben, einen Blick auf das Business zu werfen, den man nur bekommt, wenn man mitten drin steht.

Besonders die Podcasts zeigen ihre quirlige und aufgeweckte Persönlichkeit, die jedes Thema unvoreingenommen und offen anspricht. "In 'This Nashville Life' erzählen wir Geschichten aus Nashville über das Musikgeschäft. Ich würde es sagen, es ist eine Art Hobby, das Spaß macht - Geschichten über diese Stadt zu erzählen."

2016 veröffentlicht sie dann eigenständig eine EP mit 5 neuen Songs unter dem Titel "Cheap Sunglasses". Modern und poppig produziert, zieht sich eine trotzige Eigenständigkeit durch die Songs, mit der sich Kelleigh Bannen wohl zu fühlen scheint. Das spricht auch aus den Videos, die für jeden der 5 Titel produziert wurden.
"Bring  dein eigenes Bier, bring deinen eigenen Herzschmerz,
willkommen bei der Freak Show, willkommen bei der Party".



Man gewinnt den Eindruck, dass der kommerzielle Erfolg nicht mehr im Vordergrund steht. Es geht ihr darum, das zu machen, was ihr am Herzen liegt und womit sie sich identifizieren kann. So meldet sie sich nun im März 2017 mit einem neuen Song inklusive Video zurück. Der Song 'Church Clothes' spielt im Refrain auf der Oberfläche, deckt im Text jedoch das darunter Verborgene und Unerwartete auf.

In einem Interview mit Nashcountrydaily erklärt Kelleigh Bannen: "Ich finde es ist einfach großartig, wie der Song das offenlegt. Nämlich, dass dieses verheiratete Paar zwar ihr Sonntagsgewand anlegt, um zur Kirche zu gehen, aber darunter verbergen sie ihre zerrüttete Ehe. Du siehst es ihnen nicht an. Das ist das eine, das mir an dem Song so gefällt."

"Aber dann ist da noch diese andere Ebene, in der das Sonntagsgwand zur Metapher für all das wird, was wir verstecken oder verbergen wollen - nicht immer etwas Schlimmes- sondern manchmal einfach nur etwas aus Angst darüber, was die Leute wohl sagen würden. Es hat mich wirklich beeindruckt, wie mutig und ehrlich dieses Lied ist und wie technisch großartig es geschrieben ist. Außerdem kann ich mich in vielen Aspekten damit identifizieren."

Da spricht sowohl die Künstlerin, als auch die Songschreiberin aus ihr. Und das macht sie neidlos, denn geschrieben wurde der Titel ausnahmsweise nicht von ihr, sondern von Liz Rose und Nicolle Galyon. Lediglich die Frage, ob sie damit ohne Unterstützung durch ein großes Label in die Charts kommt, bleibt offen. Auch wenn es sich das Werk in jedem Fall verdient hätte.



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