Kaltes Bier & der King der Country Music

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"Das ist es, was gute Musik ausmacht. Sie fasst das in Worte und Melodien, was Menschen oft schwer fällt, mit eigenen Worten zu sagen. Aber wenn sie den richtigen Song hören, dann fühlen sie sich verstanden. Ich denke, das ist ganz entscheidend." (Zach Top / americansongwriter.com, 5. April 2024)

Midland

"Der Klang der Räder auf dem Highway weckt mich.
Wir machen halt, ich nehme eine Tasse Kaffee.
Gott weiß, wieviele Meilen hinter mir liegen.
Des Geldes wegen, mache ich das sicher nicht."
(Check Cashin’ Country / Jess Carson)

In der Pressemitteilung vom 9. März 2016 verkündete Big Machine Records Boss Scott Borchetta: "Das ist eine der coolsten, spannendsten und charismatischsten Bands seit langem. Macht euch auf Großes gefasst ... ". Anlass dafür war die Vertragsunterzeichnung mit einem unbekannten Musik-Trio, das sich Midland nannte. Ein Name, der aus dem Dwight Yoakam Song 'Fair to Midland' aus dessen 13. Studioalbum "Population Me" (2003) entliehen war.

Erst 13 Jahr alt, klingt dieses Album heute wie aus einer anderen Welt: unverkennbar traditioneller Country Sound, den man im 21. Jahrhundert kaum mehr zu hören bekommt. Wenn das die Stilrichtung war, die die Band verfolgte, dann war es höchst verwunderlich, dass Scott Borchetta ihnen eine Chance geben sollte. Entweder wollte er sich als Trendsetter versuchen oder aber vielleicht auch nur etwas von dem vielen Geld, das Taylor Swift ihm für sein Label einbringt, wieder alternativ und breit gestreut etwas davon investieren.

Im Oktober 2016 gab es dann eine erste musikalischen Kostprobe der Band zu hören. Auf der gleichnamigen EP "Midland" stellten sie die ersten 5 Songs vor. Bei der schwierigen Wahl für die erste Single fiel die strategisch wichtige Entscheidung auf 'Drinkin' Problem'. Aufgabe war es nicht nur, die Band damit musikalisch vorzustellen, sondern auch möglichst einen gelungenen ersten Eindruck beim Publikum zu hinterlassen. Ein Alleinstellungsmerkmal besaßen sie auf jeden Fall bereits.

Denn abgesehen von der Ähnlichkeit im Refrain zu dem Nummer-2 Hit von David Ball aus dem Jahre 1994 ('Thinkin' Problem'), gab es wenig bis gar nichts vergleichbares im Radio oder den Charts von heute zu finden. Das was in den 1980er Jahren ein Song unter vielen gewesen wäre, sorgte in den 2010er Jahren plötzlich wieder für Gesprächsstoff. Nicht zuletzt dank der Promotion durch Big Machine Records begann man den Song auch tatsächlich im Radio zu spielen. Und das Echo war unerwartet groß! Endlich gab es für viele wieder Country Music im Country Radio zu hören.

Im Februar 2017 erschien das Video zu der Single und erstmals konnte man auch das Trio hinter der Musik bestaunen. Schnauzbärte, die an Tom Selleck oder den jungen Alan Jackson erinnern, und Outfits, die man selbst im Country wohl zuletzt in den 1970er Jahren bei Porter Wagoner gesehen hatte. Jedenfalls für diejenigen, die sich noch daran erinnern können. All das war plötzlich wieder aufregend neu und gab dem Song einen stetigen Aufwind in den Charts.



Und das was niemand für möglich gehalten hatte, gelang: 'Drinkin' Problem' die Debüt-Single des Newcomer Trios Midland kletterte bis in die Top-10 der Charts. Aktuell liegt die Single auf Platz 3 in den Radio (Billboard Airplay) Charts und auf Platz 4 in den Billboard Hot Country Songs Charts. Und selbst in den Pop Charts der Billboard Hot 100 springt der Hit auf Platz 45. Somit war klar, dass am 22. September 2017, dem Veröffentlichungsdatum des ersten Albums in voller Länge, die Medien voll waren mit Berichten über eine Band, die möglicherweise wirklich eine Trendwende im Country Genre einleiten könnte.



"On The Rocks" ist der Titel des Albums, dessen Basis die 5 Songs aus der EP vom vergangenen Jahr sind. 8 neue Lieder ergänzen das Debütalbum von Midland. 3 der einflussreichsten Namen im modernen Country wurden als Produzenten engagiert: Dann Huff, Shane McAnally und Josh Osborne. Sie sollten vom Kernelement des Albums, traditioneller Country Sound aus den 1970er und 1980er Jahren, die Brücke zu heute schlagen und den Sound auch für das Radio attraktiv machen. Das taten sie in der Tat erstaunlich dezent und zurückhaltend.

Entstanden ist ein Werk, das Geschichten erzählt, mit Melodien, die ins Ohr gehen und Instrumenten, die mit der Hand und nicht elektronisch gespielt werden. Von den Mariachis auf 'At Least You Cried' zum etwas poppigeren 'More Than A Fever', das an Glen Campbell erinnert, und den Harmonien, die Eagles Elemente haben, sind die kalifornischen Einflüsse nicht zu verkennen. Hinzu kommt, dass Midland alle 13 Songs selbst geschrieben haben.

Obwohl 'Drinkin' Problem' noch ganz oben in den Charts zu finden ist, wurde mit 'Make A Little' bereits die Nachfolge-Single bekannt gegeben. Rechtzeitig dazu gibt es auch schon das Video dazu. Midland scheint in der Tat am Anfang einer eindrucksvollen und nachhaltigen Karriere zu stehen und das Potential zu haben, zu maßgeblichen Trendsettern zu werden.



P.S. Hat es mit dem schnellen Erfolg zu tun oder der so perfekt wirkenden Erfolgsgeschichte? Jedenfalls gibt es in solchen Fällen immer Neider und Skeptiker, die nach einem Haar in der Suppe suchen. Von Big Machine Records wurde Midland als Band präsentiert, die durch kleine Bars in Texas gezogen war und sich dort ihr Handwerkszeug angeeignet und ihren Midland-Sound erarbeitet hatte.

Das sollte sich auch als zutreffend herausstellen. Allerdings nur für die letzten 3 Jahre, nachdem man sich auf einer Hochzeitsfeier kennengelernt hatte und von Kalifornien nach Texas gezogen war, um sich gemeinsam dem Projekt Midland zu widmen. Denn davor war Lead Sänger Mark Wystrach als Schauspieler und Unterwäsche-Modell für Calvin Klein tätig gewesen. Besonders letzteres war für viele nicht in Einklang zu bringen, mit der klassischen Erfolgsgeschichte eines Country Stars.

Auch Bassist Cameron Duddy war kein unbeschriebenes Blatt. Er hatte sich im Pop-Umfeld einen Namen als Video-Regisseur gemacht. Im Besonderen war und ist er der Name hinter den Videos für Bruno Mars, zu dem er ein sehr nahes Verhältnis hat. So nahe, dass Bruno Mars ihm sogar seine Hilfe aneboten hatte, als er erfuhr, dass Cameron Duddy mit Midland erfolgreich sein wollte.

Am Ende bleibt die Frage, ob es nur um die Musik als Endergebnis gehen sollte, oder ob der Weg dorthin auch eine Rolle spielen darf. Da hängt die Frage nach der Authentizität im Raum, mit der die Band vom Label präsentiert wird. Und plötzlich erscheinen auch die Musiker nicht mehr authentisch oder gar zweifelhaft. Das erinnert an Verschwörungstheorien, auf die man lieber keine Zeit verschwenden sollte. Am Ende entscheidet immer noch das Publikum über einen dauerhaften Erfolg. Und das erkennt auch sehr bald, wie ehrlich und authentisch jemand ist.

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