Happy Endings

"Der Sonnenuntergang in einem kleinen Strand-Ort an der Westküste,
ein endlos weiter Highway, ein Fensterplatz im Flugzeug,
der Klang eines Zuges, der aus dem Bahnhof fährt -
Inspirationen sollten sich überall finden lassen.
Trotzdem sitze ich hier in diesem Hotel und schreibe nur Lieder über dich."
(Still Writing Songs About You / Matthew Ramsey, Trevor Rosen, Brad Tursi, Shane McAnally)

Lead Sänger Matthew Ramsey von Old Dominion lässt Billboard Magazine in einem Interview ohne Zögern wissen: "Wir wollten nie Musik für einen alternativen College Sender machen. Uns reizt das Massenpublikum und der kommerzielle Erfolg. Wir lieben die Herausforderung, Hits zu schreiben. Das spornt uns an und dabei werden wir immer bleiben."

In einem ausführlichen Interview mit BUILD Series in New York im Juli diesen Jahres ergänzte er: "Wir lieben Gitarrenbands und Classic Rock, das ist ein großer Teil von dem, was wir als Band sind. Wie aber auch andere Musikrichtungen. Wir hören alles und das ist Teil, von dem was wir als Band sind und was uns formt."

Damit lässt sich schon ganz gut umreißen, was einen erwarten kann, wenn man Musik von Old Dominion zu hören bekommt. Und der beste Anlass das zu testen, ist das neue Album "Happy Endings", das am 25. August 2017 erschienen ist. Es ist das zweite Album in voller Länge, das die 5-köpfige Band veröffentlicht hat. Und treffenderweise klettert die Vorab-Single 'No Such Thing As A Broken Heart' in dieser Woche auf Platz 1 der Radio (Billboard Airplay) Charts.

Das Lied mit der Botschaft, sich im Leben und der Liebe nicht unterkriegen zu lassen, sondern es mit Optimismus (als gäbe es kein gebrochenes Herz) zu meistern zu versuchen, steht auf Platz 5 in den Billboard Hot Country Song Charts. Auf dem Cover zur Single findet sich ein Saskatchewan (auch Big Foot genannt), auf dem Cover des Albums wird er durch weitere Darstellungen ergänzt, die sich auf die enthaltenen Songtitel beziehen. Wie schon beim ersten Album hat die Band bewußt darauf verzichtet, ihre Porträtbilder auf das Cover bannen zu lassen. Ein immer noch ungewöhnlicher Schachzug im Country Genre.

Auch bei der Wahl zum Albumtitel bleiben sie dem eingeschlagenen und etwas unüblichen Weg treu: auf dem Album befindet sich kein Lied mit dem Titel "Happy Endings". Vielmehr ist dieser Titel nach langen Diskussionen aus dem Lied 'So You Go' entstanden. Dieses beschreibt eine Beziehungssituation mit offenem Ende, was dazu führte, dass immer wieder die Frage auftauchte, ob man es nicht doch als Happy Ende verstehen könne?

Beim ersten Hören des Albums entsteht der Eindruck, dass man es bereits kennt, wenn man die aktuelle Single gehört hat. Denn obwohl Old Dominion sehr gut mehrstimmig kann, steht meist Matthew Ramsey im Vordergrund und prägt den Midtempo Happy Sound. Aber spätestens beim wiederholten Hören zeigt sich nicht nur die unbestrittene Ohrwurmqualität, sondern man entdeckt auch Details, die unter der Oberfläche schlummern.



Überraschenderweise finden sich da sogar nachdenkliche Lieder. Bei 'Written in Sand' zeigt sich, dass die Band in erster Linie aus Songschreibern besteht, wenn sie versuchen eine Beziehung zu verstehen: "Werden wir in den Sternen stehen oder doch nur in den Sand geschrieben?". In 'Shoe Shopping' wird die Suche nach der Liebe wortspielerisch mit der Suche nach den perfekten Schuhen verglichen und in 'Not Everything's About You' beschreibt Old Dominion den Moment, in dem man sich endlich von einer zerbrochenen Beziehung befreit fühlt. Melancholie kommt auf, wenn man sich 'Still Writing Songs About You' hingibt.



Für 'Stars in the City' konnten sie Little Big Town als Gesangspartner gewinnen, auch wenn diese letztendlich nur den Refrain verstärken. Den Classic Rock Aspekt präsentieren sie mit der Live-Aufnahme von 'Can't Get You', mit der sie einen Eindruck davon geben wollen, wie Old Dominion abseits des Studios klingt.

Von Old Dominion darf man keine zerbrechlichen Balladen erwarten, keine anspruchsvollen oder sozialkritischen Texte. Ihr Thema ist (bis dato) der klassischen Love Song in all seinen Ausprägungen im poppigen radiofreundlichen Sound. Aber den beherrschen sie unbestritten! Und mit dem Blick auf Charts und kommerzielles Radio verwundert es nicht, dass sie zur Zeit die erfolgreichste Country Band sind. Auch wenn ihr Sound kaum mehr Country-Elemente zeigt und man vielmehr einen kommenden Crossover-Erfolg in den Pop-Charts als logisch erwarten würde.