Tagebuch einer Songschreiberin

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"Sei aufgeschlossen und höre es an einem ruhigen Ort. Lass dich mitnehmen. Höre es von Anfang bis zum Ende. Ich hoffe, du lernst ein bisschen über mich oder vielleicht auch über dich. Wir alle versuchen das [Leben] zu verstehen oder brauchen auch mal eine Pause davon. Lasst mich euch dabei helfen." (Lanie Gardner / sweetyhigh.com, 25. Oktober 2024)

Playlist: Sommerliebe (3)

Spätestens seit dem Superhit der Drifters aus dem Jahre 1964, hat man auch bei uns schon mal was vom Boardwalk gehört. Von unzähligen Interpreten gecovert, beschreibt 'Under The Boardwalk' wie kaum ein anderes Lied das sorglose Gefühl einer Sommerliebe am Strand. Trotzdem werden viele so keine rechte Vorstellung vom Boardwalk haben.

Er gehört zum klassischen Bild eines Amerikanischen Ferienortes an der Küste, wie es sie unzählige gibt, speziell an der Ostküste von Atlantik Beach, New Jersey über Myrtle Beach, South Carolina bis hinunter nach Florida. Auf den Holzplanken des Boardwalks (einem überdimensionalen Steg entlang des Meeres) spielt sich hier im Sommer das Leben ab. Hier findet man was zu essen, Souveniers oder auch einfach nur den Blick auf's Meer hinaus. Und wem es da zu heiss wird, der kann sich dann in den Schatten zurückziehen, genau dorthin, wovon der Titel singt, nämlich unter den Boardwalk.

Ebenso zum Bild des Boardwalks gehört der Vergnügungspark. Carnival Rides und meist ein nächtlich hell erleuchtetes Riesenrad sorgen für Rummel und Unterhaltung. So wie es die Kulisse am Wildwood Beach in New Jersey für das Open Air Konzert von Kenny Chesney 2012 war ('Beer In Mexico'). Es ist ein Jahrmarkt, der jeden Sommer auflebt, bis er im Herbst wieder verstummt, wenn sich die Touristen und Urlauber wieder zurückgezogen haben und die Schüler und Studenten wieder in den Schulklassen sitzen. So wie es Jimmy Buffet in seinem Song 'When the Coast Is Clear' (im Video in adaptierter Version anlässlich der BP Ölkatastrophe im Golf von Mexiko) aus dem Jahre 1986 beschreibt:

"Die Bars, sie schliessen,
die Luft wird kühl,
die grosse Wasserrutsche steht,
alles geht wieder zur Schule.
Die Touristenfallen, sie sind leer,
es gibt wieder freie Zimmer,
fast so wie es mal war,
bevor der ganze Zirkus kam.
So läuft es jedes Jahr,
bevor die Küste wieder leer wird."

All diese Eindrücke, Klänge und Gefühle, dazu eine unbeschwerte Urlaubsliebe hat für mich niemand so perfekt in ein Lied gepackt, wie Scooter Carusoe im Titel 'Anything But Mine'. Kenny Chesney veröffentlichte den Titel auf seinem Album "When the Sun Goes Down" 2004 und erreichte damit im Frühjahr 2005 die Spitze der Billboard Hot Country Song Charts.


Wann hat ein Liedtext schon so perfekt alle Sinne angesprochen, wie dieser?
"Mary und ich machen uns auf in den Abend.
Man hört die Attraktionen des Vergnügungsparks,
die Flipperautomaten und die Skee Balls,
während das letzte Tageslicht verglüht.
Vom Meer her weht eine warme Brise,
findet ihrenWeg zwischen den Hotels,
herein auf die Strasse.
Mary trägt ihre Schuhe in der Hand,
weil sie es liebt den Sand unter ihren Füssen zu spüren."

Die Kunst des Songschreibens ist es mit nur wenigen Worten ganze Bilder und Geschichten zu zeichnen und so geschickt manche Details offen zu lassen, dass sie jeder für sich füllen kann und das Gefühl hat, seine eigenen Erinnerungen wiederzufinden.

"Im Seaside Pavilion, da spielt eine lokale Band.
Ich habe gerade genug Geld für den Eintritt für uns beide.
Und als wir tanzen, zieht Mary mich in ihre Arme,
und ich spüre den Sonnenbrand auf meiner Haut."

Aber wie alles im Leben, so währt auch eine Urlausbliebe nicht ewig. Trotzdem gelingt es Scooter Carusoe in dem Lied, die Situation nicht in kitschige Dramatik abgleiten zu lassen.

"Mitten im Lied, sage ich ihr, dass ich sie liebe,
und wir lachen beide, weil wir wissen es ist nicht wahr.
Und doch geht heute nacht ein Sommer zu Ende,
dabei gibt es noch so viel, nach dem ich mich sehne."

Und es klingt durch, dass die letzte Nacht die gemeinsame sein soll,
"Denn morgen früh muss ich zurück nach Cleveland,
und ich hoffe heute nacht wird schön,
aber ich kann mir nicht mehr vorstellen,
dass Du jemals nicht zu mir gehören wirst."

Die ruhige, Midtempo-Ballade wird getragen von einer Melodie, in der man die Sehnsucht spürt, ohne in Melancholie abzugleiten. Die Stimme von Kenny Chesney steht im Mittelpunkt und wird zum Angelpunkt der Geschichte über eine Urlaubsliebe. Ein druckvolles Gitarrensolo bringt den Song zum Höhepunkt, bevor der Abschied beginnt.


Nicht immer wird eine Video zu einem Song vorteilhaft umgesetzt, aber bei diesem Titel war selbst das Video ein Glücksgriff. Die Regie zu dem Video führte der anerkannte Country Video Regisseur Shaun Silva. Die Hauptrolle übernahm das Surfer-Modell Amy Cobb. Sie spielt die Rolle von Mary.

Die Wasseraufnahmen wurden von Sonny Miller gemacht, einem der anerkanntesten Kameraleute im Bereich Surfen, der 2014 völlig überraschend im Alter von 53 an einem Herzinfarkt verstarb.

Das Mini-Movie beginnt damit, dass Mary einen Brief öffnet und ihm eine Cassette entnimmt, die sie in einen Cassetten-Recorder schiebt. Und als die Musik zu spielen beginnt, kommen die Erinnerungen zurück.

Das Video endet mit der akkustisch verzerrten letzten Strophe, wie auf dem Album. Auf die kleinen Details wird dabei nicht vergessen, auch wenn man sie nur wahrnehmen kann, wenn man das Video 'Anything But Mine' anhält. Denn als Mary aufsteht und geht, bleibt der Brief zurück, der folgende Worte enthält:

"Ich liebe Dich und das war der besten Sommer meines Lebens! Wir haben so verschiedene Leben und Du bist auf einem ganz anderen Weg, als ich. Trotzdem ... ich liebe Dich und die Zeit die wir diesen Sommer gemeinsam verbrachten. Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, dass Du jemals nicht zu mir gehörst! Liebe Dich wie den Ozean, ... "

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