Tagebuch einer Songschreiberin

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"Sei aufgeschlossen und höre es an einem ruhigen Ort. Lass dich mitnehmen. Höre es von Anfang bis zum Ende. Ich hoffe, du lernst ein bisschen über mich oder vielleicht auch über dich. Wir alle versuchen das [Leben] zu verstehen oder brauchen auch mal eine Pause davon. Lasst mich euch dabei helfen." (Lanie Gardner / sweetyhigh.com, 25. Oktober 2024)

Lainey Wilson: Redneck Hollywood

"Also kaufte ich einen Flagstaff Bumper Pull Trailer [Wohnwagen], brachte ihn nach Nashville und lebte 3 Jahre lang auf dem Parkplatz eines Studios in West Nashville. Ich schnorrte mir Wasser, WLAN und Strom und besuchte ein Online College von meinem Camper aus. Lange Zeit war ich in der Gegend als das "Camper Trailer Girl" bekannt". 
(Lainey Wilson / lula1892.com, 4. Jänner 2019)

Hinter jeder Erfolgsgeschichte steckt viel Arbeit, Hartnäckigkeit und Risikobereitschaft. Den Erfolg über Nacht gibt es nicht. Jedenfalls nicht in Nashville, die Stadt, die soviele Träumer anzieht, wie nur wenige andere in der Welt. Vielmehr trägt die Stadt das Stigma der 10 Jahre, die man hier ableisten muss, ehe es Hoffnung auf einen Erfolg gibt.

So ist es nicht weiter verwunderlich, dass auch Lainey Wilson schon vor einigen Jahren nach Nashville gekommen ist. Und die ersten 3 davon hat sie überhaupt nur in einem Camper auf einem Parkplatz gelebt, wie sie in ihrem schweren Akzent erzählt, der augenblicklich verrät, dass sie aus dem tieferen Süden als Tennessee kommt.

"Ich komme aus einem Ort, der von der Landwirtschaft lebt. Der nächste Walmart ist 20 Minuten entfernt. Und wenn ich sage, es gibt da nichts, dann meine ich auch, es gibt da nichts - nicht mal eine Ampel", erzählt sie von dem 300-Seelen Nest Baskin im Nordosten des US-Bundesstaates Louisiana, in dem sie aufgewachsen ist. "Es gab da nicht viel mehr zu tun, als um den Küchentisch zu sitzen und sich Geschichten zu erzählen."

Das alleine war noch zu wenig, um in Nashville Aufmerksamkeit zu erregen, wie sie zugeben musste: "Ich war schon ziemlich lange in Nashville und es war extrem schwer auch nur irgendwen auf der Music Row [den Labels] auf mich aufermksam zu machen. Jahrelang konnte ich nicht mal den Fuss in eine Tür bringen." 2016 half ihr der Musiker Frank Foster bei einem kleinen Label, ihr erstes Album aufzunehmen. "Tougher" blieb jedoch wenig beachtet.

Schließlich folgte ein Vertrag als Songschreiberin bei Sony ATV und als Lainey Wilson in Folge eine gleichnamige EP ("Lainey Wilson", 2018) eigenständig veröffentlichte, kamen die so sehnlichst erwarteten Kontakte endlich zustande. Binnen einem Jahr hatte sie dann bei Broken Bow Records (einem Minor Label, bei dem jedoch u.a. Jason Aldean unter Vertrag ist) einen Plattenvertrag.

Nachdem sie im Frühjahr 2019 im Rahmen des C2C-Festivals bereits in Europa aufgetreten war, veröffentlichte ihr neues Label am 13. September 2019 als Vorbote auf ein kommendes, vollständiges Album eine EP mit dem Titel "Redneck Hollywood".

"Als ich in Nordost-Louisiana aufgewachsen bin, stand das Wort 'Redneck' für einen Lebensstil. Wir haben es mit Stolz verwendet", beschreibt sie den tieferen Sinn hinter dem Titel. "Und gleichzeitig, hat mich der Glamour und das glitzernde Hollywood immer fasziniert. Und ich glaube, das hat mich auch beim Arbeiten an meinen Zielen und Träumen immer wieder motiviert."



Mit Jay Joyce konnte sie einen der namhaftesten Produzenten gewinnen und seinen modernen, aber dezenten Kick hört man positiv in der Produktion der 4 Songs der EP "Redneck Hollywood". Es beginnt mit dem stampfenden Beat und dem eingängigen Refrain von 'Straight Up Sideways', dessen unbeschwerte Botschaft davon handelt: schnellstmöglich leben anzufangen, bevor man tot aufwacht.

'Dirty Looks' ist die etwas ruhigere, aber auch sinnlichere, offizielle Single. Das Wortspiel mit dem Titel beschreibt die bösen Blicke, die sie von den Gästen in einer Bar erhält, weil sie ihren Freund, der noch schmutzig von der Arbeit kommt, vor den Augen aller leidenschaftlich küsst. Aber im Übergang des Refrains wird daraus dann "dirty looks ... good on you, if you ask me".



In 'Things a Man Oughta Know' singt Lainey Wilson mit Wehmut davon, dass sie mit Dingen umzugehen weiß, die man von Männern erwartet (wie etwa einen Reifen am Straßenrand zu wechseln), andererseits aber Männer im Umgang mit der Liebe nicht so geschickt sind.

Und der vierte Song schlägt geschickt den Bogen zum Titel der EP, glaubt man doch im ersten Moment 'LA' steht für Los Angeles, dort also, wo sich Hollywood befindet. Wer bei dem poppigen Titel jedoch genauer hinhört, dem wird das Augenzwinkern von Lainey Wilson nicht entgehen, wenn sie richtig stellt, dass 'LA' die offizielle Abkürzung ihres Heimat-Bundesstaates Louisiana ist!

Bei allen 4 Songs hat Lainey Wilson als Songschreiberin mitgewirkt. Und mit Jay Joyce als Produzenten ist es ihr gelungen, einen Vorgeschmack auf ein kommendes Projekt zu geben, mit dem sie ihre Musik modern und eigenständig, aber zugleich auch unverkennbar als Country Music präsentiert. Damit sticht sie unter den vielen anderen heraus und lässt Talent und Potential zu Größerem erkennen.

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