Balladen & Bangers: Handshakes in Heaven & Learn About Love

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"Was macht einen Banger? Das wichtigste ist der Hook, den man nicht mehr aus dem Kopf kriegt, nachdem man den Song nur einmal gehört hat. Außerdem hat er einen festen Beat, zu dem man sich einfach bewegen muss. Und Wiedererkennung ist ebenfalls ein Schlüssel." (DJ Rinehart / deepinthemix.com, 23. Juli 2023)

Jon Stork: Radio Cowboy

"Ich bin nur ein Radio Cowboy,
einige von euch kennen meinen Namen,
habe meine Kühe gegen einen Truck getauscht,
mein Spiel ist jetzt ein anderes."
(Windmill in the Dark / Jon Stork)

Bis vor kurzem war es so gut wie unmöglich, etwas Interessantes über den Ort Beasley im Südosten des US-Bundesstaates Texas zu berichten. Hat das Örtchen doch gem. Volkszählung 2010 nur 641 Einwohner! Eine Größe, die es zu einer One-Light Town macht, also einem Ort mit nur einer Ampel. Wobei selbst diese keine echte, sondern nur ein gelb blinkendes Warnlicht ist, das über dem Highway 540 hängt, der den Ort mittendurch in zwei Teile schneidet.

In knapp einer Stunde ist man von Beasley mit dem Auto in der Metropole Houston, der viertgrößten Stadt  in den USA, wo man nicht nur eine Universität, sondern auch genug Möglichkeiten findet, um sich beruflich zu entwickeln. Und genau das hat Jon Stork aus Beasley gemacht, indem er die University of Houston besuchte und nebenbei an seiner Musikkarriere zu arbeiten begann. 2017 veröffentlichte er eigenständig eine erste EP unter dem Titel "In Your Radio" und ließ sich in Folge auf das Wanderleben eines Musikers ein.

Als zweitgrößter Bundesstaat in den USA ist Texas nicht nur geografisch eine eigene Welt, sondern ganz besonders musikalisch. Hier lassen sich ganze Karrieren durchziehen, ohne dass der Rest der Welt viel davon mitbekommt. So ist es erstmals das Publikum in Texas und dann die Radiostationen in Texas, denen Jon Stork seine Musik widmet. Noch 2017 erscheint eine erste Single ('Blue Rodeo') und 2018 dann die zweite ('One Night Stand'), mit deren rockigen, Fiddle durchzogenem Beat er erste Anerkennung erntet.



Als Jon Stork am 27. September 2019 sein erstes Album in voller Länge (noch immer eigenständig) veröffentlicht, meinte er: "Ich wollte sichergehen, dass dieses Album für jeden etwas zu bieten hat und ich glaube, dieses Ziel haben wir erreicht!" Unter dem Titel "Radio Cowboy" präsentiert er ein unerwartet spannendes Projekt mit 11 Songs, von denen 10 unter seiner Mitwirkung als Songschreiber entstanden sind. Lediglich die erste Single 'Facts And Lies' wurde vom namhaften Landsmann Cody Johnson geschrieben.

"Radio Cowboy" ist ein erstaunlich reifes und stimmungsvolles Album. Es lädt den Zuhörer zum Klang von Steel Guitars auf die Neon-beleuchtete Tanzfläche eines Texas Honky Tonks ein, während die Live-Band auf der Bühne gekonnt zu Southern Rock Riffs greift und von Suche, Sehnsucht und Einsamkeit erzählt. Eine Thema, das Jon Stork im autobiografisch klingenden Titelsong so leidenschaftlich zusammenfasst, wenn er davon singt, wie er von Lied zu Lied seinen Traum lebt.

Wie ein roter Faden zieht sich das Unterwegssein durch das Album. Unentwegt folgt es einem Traum, von Konzert zu Konzert, und doch lässt es die Zerrissenheit und Distanz zu Freunden, Familie und einer Liebe spüren. Man fühlt förmlich die Erschöpfung, wenn Stork auf 'Taking My Time' singt: "Ich war zu verdammt lange weg, ich packe meine Sachen und komme heim".



In 'Another Town' ist es die Sehnsucht nach ihr, die fortgezogen ist und sich eine andere Stadt gefunden hat. So bleibt nur die bittere Erkenntnis, dass ein Engel weniger unter den Einwohnern dieser Stadt, die nicht Hollywood und man selbst nicht James Dean ist. "Wir können doch nicht alle unsere Sachen packen und fortgehen", klagt er zu treibenden Gitarrenklängen.

Kein neues Thema ist die Flucht in eine Bar, in der man zu aufmunternder Musik, die Erinnerung an sie vergessen möchte. Im Opener '3 Chords' macht Jon Stork aus der bekannten Beschreibung darüber, was Country Music ist (nämlich 3 Noten und die Wahrheit), den Wunsch an die Cover-Band im Club, keine Lieder über das Ende einer Beziehung zu spielen, sondern lieber "3 Noten und eine Lüge" ...

Eines der ganz besonderen Highlights auf dem Album ist zweifellos der Song 'Windmill In The Dark', der nicht nur durch seinen höchst ungewöhnlichen Titel neugierig macht. Zu grimmigen Gitarrenklängen versucht der Protagonist dort seinen Weg zu finden, zwischen der Ungewissheit seines Erfolgs und der Sehnsucht nach seiner Liebe, die sich beide so schwer vereinbaren lassen. Denn beides hat nur dann eine Chance auf Erfüllung, wenn man unermüdlich daran arbeitet. So wie die Windmühle, die sich auch nächtens dreht, wenn es niemand sieht und hört. Was für eine Metapher!

Das letzte Lied auf dem Album will Zuversicht geben, und legt gleichzeitig die Zerrissenheit offen, zwischen dem Leben unterwegs und der Herausforderung, Kontakt mit Zuhause zu halten. Es bleibt der Wunsch, die richtigen Worte und Erklärungen zu finden, um  die Familie zu beruhigen: "All die Freunde und Erinnerungen, die ich mache, würde kein Mensch eintauschen wollen. Wenn ich also nicht anrufe, dann macht euch keine Sorgen. Keine Nachrichten, sind gute Nachrichten, das hat Dad immer gesagt."

Jon Stork liefert mit "Radio Cowboy" ein beeindruckendes Album ab, das stimmungsvoll, abwechslungsreich und eingängig zugleich ist. Nicht viele Debüt-Alben kriegen das hin. Was kann man sich mehr wünschen? Eines mit Sicherheit, nämlich dass der Musiker und Songschreiber auch die verdiente Anerkennung dafür erhält!

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