Kaltes Bier & der King der Country Music

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"Das ist es, was gute Musik ausmacht. Sie fasst das in Worte und Melodien, was Menschen oft schwer fällt, mit eigenen Worten zu sagen. Aber wenn sie den richtigen Song hören, dann fühlen sie sich verstanden. Ich denke, das ist ganz entscheidend." (Zach Top / americansongwriter.com, 5. April 2024)

Konzert: Kiefer Sutherland

"Ich habe jetzt Selbstvertrauen. Wir haben über 100 Shows gespielt und ich habe eine Band, auf die ich wirklich stolz bin. Wir können es inzwischen in einem Live-Bar Setting mit jedem aufnehmen und ich glaube, wir bieten eine wirklich gute Show", sagte Kiefer Sutherland vor knapp 2 Monaten in einem Interview. Und dem kann man nach dem gestrigen Konzert im WUK in Wien nur zustimmen!

Das WUK bietet in einem Indoor-Setting für Live-Musik Events bis zu 550 Besuchern Stehplätze. Diese Kapazität war gestern ausgeschöpft worden, denn der Tour Stop der Not Enough Whiskey Tour von Kiefer Sutherland in Wien war ausverkauft. Und das eigentlich ohne Werbung über herkömmliche Medien wie Radio oder Plakate. Dass zur gleichen Zeit das Life Ball Event in Wien stattfand, war jedenfalls nicht störend, sprach es doch vermutlich ein anderes Publikum an.

Das Publikum bei Kiefer Sutherland jedenfalls machte erstaunlich gute Stimmung, was dem Star des Abends sichtlich Freude bereitete. Wiederholt bedankte er sich bei den Besuchern und sprach ihnen seinen Respekt dafür aus, dass sie hierherkommen waren, um Musik zu hören, die sie vermutlich noch nie gehört hatten. Mit "Ihr wisst gar nicht, was uns das bedeutet", versuchte er das Publikum zu übertönen, von dem es schwer zu beurteilen war, ob es des Schauspielers oder der Musik wegen gekommen waren.

Während Kevin Costner, der vor einigen Jahren in der wesentlich größeren Stadthalle aufgetreten war, auf der großen Leinwand mit einem 20-minütigen Querschnitt seiner besten Filmrollen begonnen hatte, trat Kiefer Sutherland als der unbekannte Musiker auf die Bühne, der er zu dem Zeitpunkt noch war. Einzige Referenz an seine schauspielerische Karriere war die Eingangsbemerkung, dass er zuletzt in Wien war, als Teile des Films "Die 3 Musketiere" (1993) hier gedreht worden waren.

Aber dieser Kommentar diente nicht dem Hinweis auf seine eigene Wichtigkeit, sondern um den Bogen zum lokalen Publikum zu schlagen, das diesen mit viel Jubel aufnahm. Überhaupt ging er in seiner Kommunikation mit den Zuhörern keine Kompromisse ein. Weder versuchte er unbeholfen deutsch zu sprechen, noch zeigte er Scheu, Namen aus der Country Music, die ihn musikalisch beeinflusst hatten, anzusprechen; egal, wie vertraut diese dem lokalen Publikum auch sein mochten.

Aber das Publikum gab ihm Recht, als es begeistert mit dem Merle Haggard Klassiker 'The Bottle Let Me Down' aus dem Jahre 1966 mitging. Das Lied, das von dem Moment erzählt, an dem die Wirkung des Alkohols nachlässt und die schmerzhafte Erinnerung an die eine zurückkehrt, passte in einen Zyklus von Liedern über den Alkohol. Ein Thema, das Sutherland nicht ganz fremd sein dürfte und das sich nicht zuletzt auch im Lied findet, das der Tour ihren Namen gab.



Vor jedem Song nahm sich Kiefer Sutherland die Zeit, etwas darüber zu erzählen. Das machte er nicht nur bei der Mehrheit der 9 Songs, die er für das aktuelle Album selbst geschrieben hatte, sondern auch bei den Cover-Versionen, die er präsentierte. Immer waren aber auch diese Titel solche, welche eine besondere Rolle in seinem Leben gespielt hatten.

Sei es 'Knocking On Heaven's Door' von Bob Dylan, das sein Vater ununterbrochen im roten Ferrari gespielt hatte, mit dem er den 5-jährigen Kiefer in den Kindergarten geführt hatte oder 'Sundown' von Gordon Lightfoot, einem kanadischen Landsmann, den er für seine Songschreiber-Künste bewundert und den man in seiner Jugendzeit einfach hören musste, wenn man nicht von den Schulkameraden belächelt werden wollte.

Mit viel Respekt sprach er von Johnny Cash, Willie Nelson, oder Kris Kristofferson und deren Einfluss als Songschreiber auf die Country Musik. Aus ihren Vorbildern entstand das einzige Lied auf dem ersten Album, das nicht aus persönlicher Erfahrung von Kiefer Sutherland geschrieben wurde, sondern das eine fiktive Geschichte darstellt. Denn 'Shirley Jean', handelt von einem jungen Mann, der wegen Mordes im Gefängnis sitzt und hingerichtet werden soll. In diesem letzten Moment seines Lebens schreibt er einen Brief an das einzige Mädchen, das er je kennenlernen durfte.



Unverkennbar macht ihm das musikalische Erzählen von Geschichten Spaß und es dürfte auch nicht bei einem einmaligen Ausflug in die Musikszene bleiben. Denn einer der Höhepunkte des Abends war ein Lied mit dem Titel 'Back to Saskatchewan', das er bereits für sein zweites Album geschrieben hatte. Ein Lied darüber, in seinen Heimatort mit all den Jugend-Erinnerungen zurückzukommen. Der tragische Anlass dafür aber ist das Begräbnis der Mutter.

Wie so viele Songschreiber scheint auch Kiefer Sutherland aus den schlechten Momenten im Leben, die besten Songs zu schöpfen. Und selbst an einem der wenigen Tage im Leben, an dem alles perfekt war und er einen positiven Song schreiben wollte, entstand das verzeifelte 'All She Wrote', wie er erzählte.

Zusammenfassend lässt sich sagen: wer an diesem Abend gekommen war, um Jack Bauer zu sehen, der dürfte enttäuscht worden sein. Aber ich vermute, er wird mit der Bereicherung nach Hause gegangen sein, einen neuen Menschen kennengelernt zu haben, der sich bescheiden und ehrlich als Songschreiber, Musiker und Geschichtenerzähler vorgestellt hat. Als jemand, der mit der Hoffnung gekommen war, die Besucher nicht zu enttäuschen, sondern ihnen einen gelungenen Abend zu bescheren. Ich bin mir sicher, das ist ihm gelungen.



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