Balladen & Bangers: Handshakes in Heaven & Learn About Love

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"Was macht einen Banger? Das wichtigste ist der Hook, den man nicht mehr aus dem Kopf kriegt, nachdem man den Song nur einmal gehört hat. Außerdem hat er einen festen Beat, zu dem man sich einfach bewegen muss. Und Wiedererkennung ist ebenfalls ein Schlüssel." (DJ Rinehart / deepinthemix.com, 23. Juli 2023)

Ich und die Meinigen

"Ich erinnere mich, wie Fräulein Bessie sang,
ihre schwarzen, faltigen Finger auf Tasten aus Elfenbein.
Ich war erst 5 Jahre alt und meine Füße in den Sonntagsschuhen,
sie baumelten über den Rand.
Ja, es gibt sie schon lange nicht mehr, aber ich suche immer noch dieses eine Lied."
(Mistress Named Music / Eric Church, Casey Beathard)

Samstag, der 27. Mai 2017 markierte das offizielle Ende der Holding My Own Tour von Eric Church. Und es war ein mehr als würdiger Abschluss für eine der erfolgreichsten Tours des bisherigen Jahres. Mit 2 aufeinanderfolgenden Konzerten in der Bridgestone Arena von Nashville begeisterte er vor ausverkauftem Haus nicht nur jeweils rund 20.000 Zuseher, sondern stellte damit auch den bisherigen Verkaufsrekord von Bon Jovi ein.

Und das, obwohl im Vorfeld zu den beiden Konzerten rund 2.000 Karten storniert wurden, weil sie zu exorbitanten Preisen am Schwarzmarkt aufgetaucht waren. Ein Thema, das Eric Church seit längerem am Herzen liegt und das er mit allen Mitteln zu unterbinden versucht. Ganze 33.000 Tickets wurden im Verlaufe der aktuellen Tour storniert, weil sie verdächtig nach automatisierten Schwarzmarktkäufen aussahen.

"Ich möchte, dass die gleiche Person, die vielleicht $8 in einem kleinen Club gezahlt hatte, um mich zu sehen, als mich noch niemand kannte, heute mit ihrer Familie wiederkommen kann - und es sich auch leisten kann. Anstatt sagen zu müssen: ich kann mir das $400 Ticket vom Schwarzmarkt nicht leisten", betont Eric Church gegenüber Nashville Scene. "Ich möchte diese Leute bei meinen Konzerten, denn sie waren von Anfang an Teil meiner Reise".

Am Freitag, dem 13. Jänner 2017 war die Holding My Own Tour 2017 mit einem für das Country Genre völlig ungewohnten Konzept in Lincoln, Nebraska gestartet. Es setzte damit den Weg fort, den Eric Church mit seinem vorletzten Album auch offiziell eingeschlagen hatte, nämlich den, des Outsiders. Desjenigen, der seinen eigenen Weg geht und damit nicht Trends folgt, sondern sie wenn schon, dann vielmehr selbst begründen möchte.

Im Herbst 2015 hatte er zur Überraschung der gesamten Industrie sein aktuelles Album "Mr. Missunderstood" ohne Vorankündigung veröffentlicht, indem er rund 80.000 Einheiten an seinen Fan Club verschickt hatte. Bonus-Vinyl Ausgaben mussten extra in Deutschland gepresst werden, um die geheime Aktion kurzfristig möglich zu machen.

Ein Titel auf dem Album, dessen Songs alle von Eric Church geschrieben wurden ('Holding My Own'), wurde zum Namensgeber der Tour. Es ist mit seinem geschickten Wortspiel im Titel nicht nur autobiographisch, indem es sich auf seine Familie bezieht, die er im Arm hält, sondern es stellt auch fest, dass er längst allein zurecht kommt. So wie auch auf der Holding My Own Tour.

Denn sie startete nicht nur entgegen jeder Gepflogenheit erst über ein Jahr nach Veröffentlichung des Albums, sondern auch komplett ohne Vorgruppe. Dafür waren die Konzerte mit einer Pause und einer Länge von zumindest 3 Stunden ausgelegt. "Auf so eine Tour habe ich meine ganze Karierre schon gehofft - alleine hinauszugehen und 3 1/2 Stunden zu spielen", zeigte sich Eric Church begeistert. Auch wenn da natürlich Zweifel waren. "Ich erinnere mich an die erste Nacht in Lincoln, als ich überlegte: Ok, wie wird das mit der Pause klappen? Werden die Leute gehen oder werden sie doch bleiben?"



5 Monate und 62 ausverkaufte Konzerte später gab es keinen Zweifel mehr darüber. Laut Pollstar war die Tour mit rund 900.000 Besuchern weltweit die meistbesuchteste des bisherigen Jahres. Mit seiner ECB (Eric Church Band) präsentierte er von einer 360-Grad Bühne aus einen intensiven Querschnitt aus seinen bisherigen 5 Studioalben. Wobei der Fokus auf dem aktuellen Album lag, aus dem er mit dem thematischen Song 'Mistress Named Music' jede Show eröffnete.

Im Halbdunkel, mit einem einsamen Spot, erzählt das Lied im Rückblick von den ersten Berührungspunkten mit der Musik, ehe es nach knapp 4 Minuten und dem Flamenco-Übergang in der musikalischen Leidenschaft explodiert, die das Lied beschreibt. Schließlich führt es zu einem dramatischen Gospel-Choral Höhepunkt, für den Eric Church in jedem Ort einen ansässigen Schulchor organisiert hatte.

"Mit einer Gitarre voller Freiheit und einem Kopf voller Texte,
all diese Nächte mit ihren Demonen, was für ein Erlebnis.
Ich habe einfach ein verrücktes Herz und ich musste es verlieren,
an einen Traum, den ich geheiratet habe und eine Geliebte mit dem Namen Musik."



So wenig spektakulär, wie 'Mistress Named Music' beginnt, so zeigt sich im ersten Moment auch das Bühnensetup. Aber konzipiert von TAIT, dem Weltmarkführer für Design, Erstellung und Ausführung in Sachen Konzertausstattung, zu dessen Kunden von den Rolling Stones über Beyonce und U2 alles gehört, was Rang und Namen hat, schuf sie den perfekten Rahmen. Einer, der den Künstler hervorhob, ohne ihn in dabei zu erschlagen.



Ganze 55 Tonnen brachte das Equipment auf die Waage. Trotzdem wirkte es ohne pyrotechnische Effekte fast unauffällig. Im Zentrum stand ein Videowürfel, auf deren 4 Seiten Live-Kameraaufnahmen in dezentem Schwarz-Weiß zu sehen waren. Und das hoch im Zentrum über der Bühne, deren 4 Laufbahnen durch palisadenartige Spots begrenzt waren. Denen wiederum ein Meer von gleißend weißen Scheinwerfern von der Decke entgegenstrahlte.




Wer sich auf youtube umsieht, findet jede Menge an Impressionen, die sein Publikum ins Netz gestellt hat. Und es zeigt auch, dass es weniger um ein Genre, als vielmehr um Musik geht. Denn da wagt sich Eric Church an jede Menge unerwartete Cover-Versionen heran. Meist Songs, die in einem Zusammenhang mit der Stadt standen, in der er gerade auftrat (z.B. 'Sweet Home Chicago').



TheReviewsAreIn aus Toronto schreibt: "Es ist eine Rock and Roll Show, wenn es die Songs verlangen. Es ist eine Singer/Songwriter Country Show, wenn die Songs danach verlangen. Aber mehr als alles andere ist es von Anfang bis Ende eine Erich Church Show. Ohne Kompromisse!"



Ein ganz gewichtiges Wort sprechen dabei die Fans mit. Mit einem Augenzwinkern und voller Stolz als Kirchenchor (Church Choir) bezeichnet, kennen sie jeden Liedtext. Auch den der sogenannten Deep Cuts. The Tennessean schrieb nach den Nashville Konzerten: "Die Halle kannte jede Strophe, von der ersten Reihe bis zur obersten Gallerie hinauf. Unüberhörbar war das ganz besonders bei 'Give Me Back My Hometown', als der Kirchenchor fast die Band übertönte".




Nicht jedem mag die Stimme von Eric Church liegen. Dafür hat er mit Joanna Cotten eine eindrucksvolle Sängerin in seiner Band, die ihn bei Songs unterstützt, bei denen auf dem Album eine weibliche Stimme zu hören ist. Bereits ihre Figur lässt die unglaubliche Kraft in der Stimme dieser Frau erahnen. Aber sie kann es auch ruhig, wie bei dem großartigen Song 'Mixed Drinks About Feelings' aus dem aktuellen Werk.

Die Niagara Gazette schrieb: "In relativ kurzer Zeit hat sich Eric Church als einer der besten Live-Interpreten seiner Generation etabliert. Seine Alben werden laufend besser, ebenso wie seine Live Shows. Es bleibt wohl nur eine Frage der Zeit, bis die Hallen zu klein für ihn werden und er als Headliner in Stadien auftreten wird."

Trotz der großen Hallen, die er jetzt bereits füllt, kann er ein intimes Gefühl vermitteln, wenn er nur mit der akkustischen Gitarre auf der Bühne steht. Eine Atmosphäre, die kaum über Texte oder Videoaufnahmen zu vermitteln ist. Aber wer zumindest einen Eindruck davon erhalten möchte, der kann das über seine seit kurzem erhältliche Live EP "Mr. Misunderstood on the Rocks" versuchen.

"Mit einem Arm um mein Mädchen,
mit dem anderen um meine Jungs.
Mit einem Herz, das immer noch ungestüm ist,
und einem Kopf, der genug vom Lärm hat.
Falls die Welt anklopft und wissen will,
wohin ich bin.
Sagt ihr, ich halte die Meinigen fest."
(Holding My Own / Eric Church)



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