Kaltes Bier & der King der Country Music

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"Das ist es, was gute Musik ausmacht. Sie fasst das in Worte und Melodien, was Menschen oft schwer fällt, mit eigenen Worten zu sagen. Aber wenn sie den richtigen Song hören, dann fühlen sie sich verstanden. Ich denke, das ist ganz entscheidend." (Zach Top / americansongwriter.com, 5. April 2024)

Adiós

"Unsere Träume vom endlosen Sommer,
sie waren einfach zu grandios.
Adios, adios."
(Adiós / Jimmy Webb)

Am 9. Juni 2017 hörte ihn die Welt ein letztes Mal durch die universelle Sprache, die er ein Leben lang so gekonnt zu nutzen wusste, die Musik. Ein letztes Mal verabschiedete sich der inzwischen 81-jährige Glen Campbell mit einem neuen Album, das den bezeichnenden Titel "Adiós" trägt. Diesmal ist es unwiderruflich. Denn wie seine Tochter Ashley Campbell Ende Mai 2017 zu Rolling Stone Country sagte: "Er spricht nicht mehr, er kann nicht mehr kommunizieren, Sprache nicht mehr verstehen wir wir es tun."

Vor genau 6 Jahren, im Juni 2011, hatte Glen Campbell öffentlich bekannt gegeben, an Alzheimer zu leiden. Noch im August des gleichen Jahres war sein vorgezogenes Abschiedsalbum "Ghost on the Canvas" zu durchwegs positiven Kritiken erschienen. Es folgte eine offizielle Abschiedstour, in deren Rahmen die Dokumentation "Glen Campbell: I'll Be Me" entstand.

Rotten Tomatoes gab ihr 100% und Ann Hornaday von der Washington Post schrieb über den Film: "[Er] ist ein erhebendes Erlebnis, das den Zuseher am Mut von Glen Campbell teilhaben lässt, an seinem Humor und seiner spirituellen Stärke. Es ist ein schwerer Film, aber auch ein wichtiger und letztendlich ein triumphierender." Der zugehörige Soundtrack gewann einen Grammy Award und der zutiefst bewegende Song "I'm Not Gonna Miss You" daraus erhielt eine Grammy Award Nominierung als Best Original Song aus einem Soundtrack.



Am 30. November 2012 bestritt Glen Campbell in Kalifornien seinen letzten öffentlichen Auftritt. Die Krankheit hattes es unmöglich gemacht, weiterhin auf der Bühne zu stehen. In den folgenden Wochen ging er ein letztes Mal ins Studio, um die Magie festzuhalten, die noch übrig war und die letztendlich zum Album "Adiós" werden sollte.

Doch noch zuvor, im August 2013, erschien ein weiteres Album ("See You There"), das bereits 2 Jahre zuvor im Rahmen der Sessions zu "Ghost on the Canvas" entstanden war. Darauf präsentierte Glen Campbell einen Querschnitt seiner größten Hits in neuen Aufnahmen, deren ehrlichen Stil viele mit den letzten Werken vergleichen, die Rick Rubin für Johnny Cash im Rahmen seiner American Recordings produziert hatte.

"Die Lieder auf 'Adiós' sind solche, die Glen zu Hause immer wieder während der letzten 30 Jahre gesungen hat. Es sind Lieblingslieder, die er wohl gerne einmal aufgenommen hätte - und genau das haben wir im letzten Moment noch getan", sagte Kim Campbell, die Frau mit der Glen Campbell seit fast 35 Jahren verheiratet ist. Carl Jackson, langjähriger Freund und Banjo-Spieler in der ersten Tour-Band von 1972 -1984 produzierte das Album.

Im Interview mit Rolling Stone Country beschreibt er den schwierigen Prozess der Aufnahmen: "Manchmal schafften wir nur eine Textzeile, weil die Erinnerung so schnell wieder fort war. Bereits in der Abschiedstour mussten wir Teleprompter einsetzen. Lediglich die Melodien waren immer noch da, selbst wenn er die Texte längst vergessen hatte. Auch an die Tonlage konnte er sich immer erinnern, es war verblüffend."



Viele bezeichnen 'Arkansas Farm Boy' als den zentralen Titel auf dem Album. Geschrieben von Carl Jackson auf einem Flug nach Australien über die bescheidenen Anfänge von Glen Campbell stellt er das autobiographische Kernstück und gewissermaßen den Anfang dar. Inmitten eines Albums, in dem sich immer wieder Textzeilen über Ende und Abschied finden lassen.



Gemeinsam mit Willie Nelson singt er dessen Klassiker 'Funny How Time Slips Away', mit Vince Gill interpretiert er den Roger Miller Song 'Am I All Alone'. Bob Dylan steuert 'Don't Think Twice, It's Alright' bei und im traditionellen Country Stil singt er den George Jones Hit aus dem Jahre 1962  'She Thinks I Still Care'. Jerry Reed schrieb 'A Thing Called Love', den vielleicht hoffnungsvollsten Titel auf dem Album.

Ganze 4 Songs steuerte Jimmy Webb bei, dessen Name untrennbar mit Glen Campbell verbunden bleibt. 'By The Time I Get To Phoenix', 'Galveston' und 'Wichita Lineman' sind nur 3 der ganz großen Songs von Jimmy Webb, die Glen Campbell mit seiner Interpretation unsterblich gemacht hatte. Neben dem melancholischen 'Postcard from Paris' schrieb er auch den Titelsong des Albums, über den er zu Rolling Stone Country sagte:

"Glen und ich haben den Song andauernd gespielt. In Umkleideräumen, in Hotels, bei ihm zu Hause, bei mir zu Hause. Er liebte den Song und als meine Frau und ich den Song heute morgen hörten, konnten wir nicht anders als einfach nur weinen. Es war das erste Mal, dass ich die Aufnahme hörte. Carl [Jackson] ist dabei wirklich etwas außergewöhnliches gelungen."

In England, wo Glen Campbell immer einen guten Namen hatte, stieg das neue Album auf Platz 3 in den Pop Charts ein und steht damit noch vor Rag'n'Bone Man und Katy Perry. Was für ein versöhnlicher Erfolg! Seine Tochter Ashley Campbell schrieb zum Vatertag auf Instagramm: "Ich wünschte, du wärst hier. Ich kann dich umarmen und dich festhalten, aber ich weiß nicht sicher, wo du bist. Ich liebe dich, Dad. Ich bin für dich da."

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