2024: an der Kreuzung von Pop und Country

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"2024 demonstrierten Pop-Künstler ihr Liebe für Country Music, und die Wählerschaft der Grammy Awards honorierte das. Pop und R&B Stars dominierten die Country Grammy Nominierungen, darunter Beyoncé, die als einzige Künstlerin eine Nominierung in allen 4 Country Kategorien erhielt." (Melinda Newman / billboard.com, 8. November 2024)

Prequel

"Daddy, ich fürchte mich, willst du nicht noch ein bisschen bleiben?
Ich hätte nie gedacht, dass der Tag kommt, an dem ich mich verabschieden muss.
Daddy, bitte geh nicht, ich schaffe das nicht alleine,
ich kann diesen Weg einfach nicht alleine gehen."
(Even Though I'm Leaving / Ray Fulcher, Wyatt Durette, Luke Combs)


Selbst im Sommer 2018 hätte wohl niemand damit gerechnet, dass nur knapp 1 Jahr später niemand das Genre so sehr dominieren würde, wie Luke Combs. Erst zwei Jahre ist es her, dass er seinen ersten Plattenvertrag bei Sony Music Nashville unterschrieben und mit "This One's For You" sein erstes (und bisher einziges) Album in voller Länger veröffentlicht hat. Auch wenn es ein Jahr später (im Sommer 2018) als Deluxe-Version mit zusätzlichen Songs eine Neuauflage erhalten hat.

Noch keinem Newcomer ist gelungen, was ihm gelungen ist: alle 5 Singles aus diesem ersten Album wurden zu Nummer-1 Hits in den Radio (Billboard Country Airplay) Charts. Daneben hat nicht nur das Album in knapp 2 Jahren Doppel-Platin für 2 Mio. verkaufte Stück erzielt, sondern auch jede der 5 Singles steht aktuell zwischen ein- und dreifach Platin!

Ein Erfolg, der die Industrie sprachlos macht und verlegen nach Gründen dafür suchen lässt. Ist doch Luke Combs alles andere, als ein Poster-Boy der Entertainment Industrie. Wiederholt wird der Vergleich mit Ed Sheeran strapaziert, dessen kometenhafter Aufstieg ebensowenig auf sein Äußeres zurückzuführen ist. Aber wahrscheinlich ist genau diese Identifikationsmöglichkeit für soviele Normalsterbliche ein entscheidender Grund für seinen Erfolg.

Stilistisch gelingt es ihm konsequent, seinen Country Sound so mit Southern-Rock und Pop-Elementen zu würzen, sodass er modern klingt, ohne seine Wurzeln dabei zu verlieren. Im Zentrum  stehen alle Varianten von Gitarren. Die akustische, auf der er selbst begonnen hat die ersten Songs zu schreiben, die elektrische, aber natürlich auch die Steel Guitar als ein großes Markenzeichen der Country Music. Gleichzeitig verzichtet er im Gegensatz zu konsequenten Traditionalisten fast durchwegs auf den Einsatz von Fiddles. Zusammengehalten wird das Ganze letztendlich von seiner kraftvoll angerauten Stimme mit Wiedererkennungswert.

Bei fast allen Songs ist er als Songschreiber beteiligt, was zu seiner Authentizität beiträgt. Der Luke Combs, der da mit seinem Markenzeichen, dem roten Plastikbecher (dem sogenannten red solo cup) auf der Bühne steht, präsentiert mit seiner Musik niemand anderen als sich selbst. Und so liebt es das Publikum beispielsweise zu wissen, dass der Song 'Beautiful Crazy' ihm dabei geholfen hat, seine Verlobte für sich zu gewinnen. Wenn er dann mit bei seinen Songs auch noch das Gespür für ins Ohr gehende Refrains hat, dann sind das wohl schon die wichtigsten Elemente seines Erfolgs.

Vergangenes Wochenende war er einer der Headliner beim CMA Fest 2019 in Nashville und durfte im Nissan Stadion vor über 50.000 Fans auftreten. Ein gewaltiger Schritt, wenn man bedenkt, dass es noch nicht lange her ist, als er 2013 auf seiner Facebook-Seite seine Träume gepostet hatte: "CMA Fest hat begonnen und eines Tages werde ich dabei sein und dort auftreten."

Passend zum CMA-Fest hat Luke Combs am 7. Juni 2019 neue Musik veröffentlicht. Zwar ist es nur eine EP (mit dem Titel "The Prequel") mit neuen 5 Songs, aber die Begeisterung bei den Fans kennt auch darüber keine Grenzen. Praktisch alle Songs sind bereits Teil seines Live-Programms und damit seinen Fans bereits bekannt, aber nun eben endlich auch offiziell erhältlich. Entsprechend darf es nicht verwundern, dass die neue Single daraus ('Beer Never Broke My Heart') nach nur 4 Wochen bereits auf Platz 11 und damit unmittelbar vor dem Sprung in die Top-10 der Radio (Billboard Country Airplay) Charts steht.

"The Prequel" bringt keinen neuen Sound, sondern führt das konsquent fort, was Luke Combs bisher nichts außer Nummer-1 Hits beschert hat: ins Ohr gehende, Midtempo Songs über Gefühle und Emotionen, die meist mit Liebe zu tun haben und im Alkohol einen Tröster finden. Warum auch etwas ändern, das funktioniert? Lediglich der Song 'Even Though I'm Leaving' bringt eine neue Facette mit ein.



Erstmals geht es mit der Vergänglichkeit um ein ernsteres Thema. In 3 Strophen folgt der Song drei Lebensabschnitten, in denen es um die Beziehung zum Vater geht. Eine Beziehung, die nicht nur prägt, sondern auch immer präsent ist, wie der Refrain versichert. Egal ob es die nächtliche Angst des Kindes vor der Dunkelheit ist, die Ungewissheit vor dem Militäreinsatz im Ausland oder dem schwierigsten Moment ganz am Ende, wenn es darum geht, Abschied vom Leben nehmen zu müssen.

Nur weil ich gehe,
heißt es nicht, dass ich nicht bei dir sein werde,
wenn du mich brauchst.
Und wenn du mich im Finsteren nicht sehen kannst,
dann mach einfach die Augen zu und sprich ein Gebet.

Irgendwann wird in der schnelllebigen Zeit von heute auch ein Luke Combs nicht mehr ganz oben stehen. Bis es jedoch soweit ist, wird er mit Sicherheit noch jede Menge weiterer Hits liefern und vielen die Hoffnung geben, auch in einer meist oberflächlichen Welt, Träume erreichen zu können. Gibt es etwas Amerikanischeres?



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