2024: an der Kreuzung von Pop und Country

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"2024 demonstrierten Pop-Künstler ihr Liebe für Country Music, und die Wählerschaft der Grammy Awards honorierte das. Pop und R&B Stars dominierten die Country Grammy Nominierungen, darunter Beyoncé, die als einzige Künstlerin eine Nominierung in allen 4 Country Kategorien erhielt." (Melinda Newman / billboard.com, 8. November 2024)

Frau & Weiblich

"Um ehrlich zu sein, nach Las Vegas wollte ich nichts anderes, als Lieder schreiben, die nicht oberflächlich sind. Als Shane McAnally zu mir sagte, er hätte da schon lange diesen Entwurf auf seinem Smartphone, mit dem Titel 'Female', waren Nicolle und ich sofort Feuer und Flamme, den Song fertigzustellen."
(Rosss Copperman zu Billboard Magazine / 8. November 2017)

Viele Künstler nutzen Musik als Plattform und Medium, um kritisch Stellung zu aktuellen politischen und sozialpolitischen Themen zu beziehen. Auch wenn die Botschaft dann oft verloren geht, weil das Publikum sich zuwenig damit auseinandersetzt. So wie beispielsweise 'Born in the U.S.A.' von Bruce Springsteen, das keine patriotische Hymne ist, wie die meisten wohl glauben, sondern vielmehr eine harsche Kritik am Verhalten der US-Regierung im Zusammenhang mit dem Vietnam Krieg.

Im Country Genre sind solche Momente rar gesät. Nur selten wagen Künstler sich an Themen, die einen politischen oder größeren gesellschaftlichen Aspekt ansprechen. Und wenn es geschieht, dann ist es musikalisch fast immer im konservativen Mindset angesiedelt. Denn dort waren traditionellerweise immer die größten Anteile der Hörer des Genres zu finden: die ländliche Arbeiterbevölkerung des Südens und Mittelwestens.

So wurde auch 'Okie from Muskogee' aus dem Jahre 1969 zum größten Hit der verstorbenen Country Legende Merle Haggard. Ein Lied, das die Soldaten des Vietnam Krieges moralisch unterstützen sollte und Kritik an den Protesten der Hippie-Generation äußerte. Eine Hymne auf die konservative Lebensweise der Mittelschicht.
"Wir rauchen kein Marijuana in Muskogee,
wir machen keine LSD-Trips,
wir verbrennen unsere Einberufungsbefehle nicht auf dem Hauptplatz,
sondern wir lieben es rechtmäßig und frei zu leben."
(Roy Burris, Merle Haggard)



So ist das Genre auch im vergangenen Jahr Trump sehr zurückhaltend geblieben. Zu groß war die Befürchtung durch politische Stellungnahmen, Fans zu vergraulen. Lediglich in den Sozialen Medien gab es vereinzelte Kritiken und Kommentare, deren Intensität in den letzten Monaten durchaus zugenommen haben. Nicht zu vergessen das Thema Waffengesetze, das durch die Katastrophe von Las Vegas direkt in das Herz der Country Music getragen wurde.

Das führte sogar dazu, dass die Country Music Asscociation für ihre 51. Preisverleihung am 8. November 2017 in Nashville den Medien Richtlinien mitgab, doch bitte am Roten Teppich Fragestellungen zu Politik und Waffengesetzen (aus Respekt zu den Opfern von Las Vegas) zu unterlassen. Das hinderte Carrie Underwood und Brad Paisley jedoch in ihrem Eröffnungsdialog nicht daran, Seitenhiebe auf Präsident Trump auszuteilen.

Ein drittes Thema, das in den letzten Wochen noch größere internationale Wellen geschlagen hatte, nämlich sexuelle Belästigung, wurde plötzlich ohne große Vorankündigung ebenfalls bei den CMA-Awards angesprochen. Niemand geringerer als Keith Urban, dessen Frau Nicole Kidman mit Harvey Weinstein gearbeitet hatte, präsentierte einen neuen Song, der erst wenige Wochen zuvor geschrieben worden war: 'Female'.

"Das Lied hat mich so sehr berührt, als ich es hörte, dass ich es sofort aufnehmen wollte", betonte Keith Urban. "Als Ehemann und Vater zweier junger Mädchen, aber auch als Sohn berührt es mich auf mehrere Weise. Es spricht all die Frauen in meinem Leben im Besonderen an. Als jemand, der ohne Schwestern in einem Haus voller Jungs aufgewachsen ist, verblüfft es mich immer wieder, wie sehr ich von Mädchen umgeben bin. Nicht nur zu Hause, sondern auch in meinem professionellen Team", fügt er ergänzend zu Billboard Magazine hinzu.



Am Tag nach der Preisverleihung (bei der Keith Urban den Preis für die Single des Jahres 'Blue Ain't Your Color' erhielt) wurde der Song als offizielle Single veröffentlicht.  Geschrieben von den Masterminds und allgegenwärtigen Ross Copperman und Shane McAnally, gemesinam mit Nicolle Galyon, singt letztere gemeinsam mit Nicole Kidman die Background Vocals auf dem Song.

Viel Lob gab es und die Washington Post bezeichnete es als einen ganz wichtigen Song für das Genre, von einem der größen Stars. Auf der anderen Seite scheint es immer Kritiker zu geben, die nicht zufriedenzustellen sind. Kaum jemand hätte wohl mit negativem Feedback gerechnet, aber in der Tat kritisieren Quellen im Netz u.a. die unpersönliche Verwendung des Titels 'Female'.

So stellen sie den Begriff Female, der im Englischen Hauptwort, aber auch Eigenschaftswort sein kann, geradezu als Beleidigung hin und werfen Keith Urban vor, sich feministische Themen auf die Fahnen zu heften, nur weil es eben gerade opportun wäre. Selbst Late Show Host Stephen Colbert findet Zeit, sich dem Thema zu widmen. Auch wenn er wiederholt die positiven Intentionen des Künstlers unterstreicht.



Verwundert es da, dass Künstler wenig Gefallen daran finden, heiße Themen in ihren Werken anzusprechen? Unter dem Strich zählt hier doch die positive Intention und das Ergebnis in Form einer souligen Ballade. Und der Mut, den Song zu veröffentlichen, weil es ihm am Herzen lag, ein positiv gemeintes Statement zu machen. Ob die Single so stehen bleibt oder auf dem aktuell in Entstehung befindlichen nächsten Album enthalten sein wird, ist nicht klar.

Jedenfalls fasst es Keith Urban so zusammen: "Es ist nicht mein Fokus, was ein Lied erreicht, ndachem ich es aufgenommen habe. Für mich zählt der Prozess und nicht das Resultat. Als Musiker ist es mir wichtig, etwas zu schaffen, das mir etwas bedeutet. Und es dann in die Welt ziehen zu lassen und damit es das tut, was es ihm bestimmt ist zu tun."

"Sister, shoulder, daughter, lover
Healer, broken halo, mother
Nature, fire, suit of armor
Soul survivor, holy water
Secret keeper, fortune teller
Virgin Mary, scarlet letter
Technicolor, river wild
Baby girl, woman child
Female."




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