Tagebuch einer Songschreiberin

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"Sei aufgeschlossen und höre es an einem ruhigen Ort. Lass dich mitnehmen. Höre es von Anfang bis zum Ende. Ich hoffe, du lernst ein bisschen über mich oder vielleicht auch über dich. Wir alle versuchen das [Leben] zu verstehen oder brauchen auch mal eine Pause davon. Lasst mich euch dabei helfen." (Lanie Gardner / sweetyhigh.com, 25. Oktober 2024)

Ein gutes Leben

"Der Song ist ein von Grunge und Soul geprägter Schritt noch tiefer ins Country-Rock Territorium, als es Moore jemals versucht hat. Der Sänger nutzt Stimmenverzerrung, schwere elektrische Gitarren und bluesige Background Stimmen, die perfekt in eine Muscle Shoals Studio Aufnahme der frühen 70er Jahre passen würden."
(Carena Liptak / tasteofcountry.com, 11. Mai 2021)

Vor exakt einem Jahr, mitten ins heraufziehende Unheil der Pandemie hinein, veröffentlichte Kip Moore am 29. Mai 2020 mit "Wild World" sein viertes Studio-Album, das zumindest schon ein halbes Jahr lang auf seine Veröffentlichung gewartet hatte. Kritiker zeigten sich durchwegs beeindruckt und lobten das Projekt ohne Abstriche. Trotzdem ging das Album dann im Nebel von COVID kommerziell verloren.

Bereits im August 2019 war die zugehörige, erste Single 'She's Mine' vorab veröffentlicht worden. Sie begleitete das Album auch nach dessen Erscheinen parallel dazu in den Radio (Billboard Country Airplay) Charts und erreichte dort aber erst nach unglaublichen 59 Wochen -im Herbst 2020- schließlich Platz 17. Mit anderen Worten, es lief so gar nicht nach Plan. Denn im Idealfall hätte man die Veröffentlichung des Albums auf den Zeitpunkt anvisiert, an dem die Single in den Charts voraussichtlich ihren Höchststand erreichen würde und hätte dann mit einer neuen Single das Projekt weiter promotet.

Da der Titel jedoch noch am Aufstieg in den Charts war, verhinderte er damit die Veröffentlichung einer neuen Single. Und da für einen Künstler wie Kip Moore, dessen Musik ohnehin nur am Rande von Mainstream-Country entlang schrammt und ihn damit nicht zum zwingenden Stammgast in den Charts macht, Live-Auftritte das wahrscheinlich wichtigste Promotion-Werkzeug sind, konnte man pandemiebedingt auch auf dieses nicht bauen. Mit anderen Worten: ein eingespieltes System war außer Tritt geraten.


Im Februar 2021 folgten zwar 4 neue Songs mit der schon zum Standard gewordenen Veröffentlichung einer Deluxe-Version des Albums, aber noch immer keine neue Single. Und das, obwohl auf dem Projekt mit 'Red White Blue Jean American Dream' zumindest ein Radio-Hit schlummerte, der nicht nur im Songtitel bereits alle wichtigen Checks für Country Radio abhakt, sondern auch noch ein Ohrwurm ist. Denn wer kann schon solche Textzeilen vergessen:

Dylan ging nach New York, Cash ging nach Nashville,
Mark Twain fuhr auf der Mississippi Queen.
Daddy ließ sich im Bezirk Dixon nieder,
und Mama hat die Hollywood Schaukel auf der Veranda gar nie verlassen.
(Jimi Bell, Barton Davies, Luke Dick, Phillip Lamonds)

Dass aber auch der Künstler selbst längst mit den Gedanken bei einem neuen Projekt war (schließlich hatte er bereits 2018 mit der Arbeit an "Wild World" begonnen), zeigt, dass am 23. April 2021 zwar eine neue, offizielle Single veröffentlicht wurde, sie aber nicht aus dem vierten Studio-Album stammt, sondern ein kommendes, neues Projekt ankündigt. Das bestätigt Kip Moore auch, wenn er auf yourlifeinasong.com sagt:

"Ich war schon lange nicht mehr so sehr von neuer Musik begeistert. Ich versuche mich immer aus meiner Komfortzone herauszuholen, in der ich es mir vielleicht mit dem letzten Projekt bequem gemacht habe. Und die Arbeit mit Jay hat das ganz besonders unterstützt. Ich schrieb den Song und viele weitere während ich im letzten Winter surfen war und kann es nicht erwarten, dass man sie zu hören bekommt."

Diese musikalische Veränderung oder Weiterentwicklung wird schnell erkennbar, wenn man die neue Single 'Good Life' zu hören bekommt. War Kip Moore bis dato an der Produktion seiner Musik meist mitbeteiligt, hat er sich nun mit Jay Joyce einen der inzwischen namhaftesten Produzenten ins Boot geholt. Ursprünglich aus der Welt der Rock-Musik kommend und inzwischen seit 20 Jahren in Nashville zu Hause, kennt man ihn längst als Produzenten für u.a. Eric Church, Little Big Town oder Miranda Lambert. Und an der neuen Single ist er neben Kip Moore und Dan Couch sogar als Songschreiber beteiligt.

Über den Titel mit dem funky Backbeat und der siedenden Lead Gitarre, wie es Rolling Stone Country beschreibt, sagt Kip Moore bei people.com: "Es geht um Vertrauen in deine Vergangenheit, Zufriedenheit mit dem jetzt und Vorfreude auf die Zukunft." Eine bunte, allseits offene und was-kostet-die-Welt Grundstimmung, die sich auch in der Bridge zum Song findet, wenn es da heißt:

Ich war die ganze Nacht auf und habe Irischen Whiskey
mit einem Reggae Mädl in Mississippi getrunken.
Sie hat mein Herz beim ersten Kuss gestohlen,
[aber] sie wird mich vermissen.
Ich lebe ein gutes Leben,
und würde es nicht ändern, wenn ich könnte.

Nicht sie, sondern er ist es also, der weitergezogen ist, sich nicht festhalten lassen will. "Vom Moment der Geburt an, sagt einem die Gesellschaft, wie man sich verhalten soll. Und wenn man sich nicht so verhält, wie alle anderen, wirst du schief angeschaut. Du wirst gefragt, was du da gemacht hast und warum du nicht das [anstattdessen] gemacht hast", sinniert Kip Moore im Interview mit People Magazine über das Leben und seine Zwänge. "Ich habe mich nie darum gekümmert, was die Leute sagen. Ich lasse mich nicht, von der Gesellschaft in ein bestimmtes Schema pressen."

Für viele Fans wird der neue Song mit der starken Handschrift von Jay Joyce etwas Überwindung kosten, weil er so anders klingt, als alles was man bisher von Kip Moore zu hören bekommen hat. Aber wenn man dem Titel etwas Zeit gibt und ihn vielleicht als Rock-Song akzeptiert, dann geht auch er schön ins Ohr. Kip Moore ist jedenfalls begeistert von den neuen Ansätzen: "Seine Mixes sind großartig. Und die Stimm-Effekte! Ich habe sowas noch nie gemacht, er hat mich wirklich aus meiner Komfortzone geholt. Ich werde ab sofort viel mehr experimentieren. Ich habe schon jede Menge an Ideen!"

Und man muss es Kip Moore zugute halten, dass er alles mit letzter Konsequenz macht. Denn auch das Video zum Titel, bei dem wieder PJ Brown Regie geführt hat, ist anders. Und gleichzeitig klingt es glaubhaft, wenn er darüber sagt: "Wir hatten jede Menge Spaß bei dem Dreh, wir ließen einfach all unsere Hemmngen fallen."

 

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