Tagebuch einer Songschreiberin

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"Sei aufgeschlossen und höre es an einem ruhigen Ort. Lass dich mitnehmen. Höre es von Anfang bis zum Ende. Ich hoffe, du lernst ein bisschen über mich oder vielleicht auch über dich. Wir alle versuchen das [Leben] zu verstehen oder brauchen auch mal eine Pause davon. Lasst mich euch dabei helfen." (Lanie Gardner / sweetyhigh.com, 25. Oktober 2024)

Dämonen

"Das Lied kriecht herauf, wie ein Sonnenaufgang - stilles, zurückhaltendes Cello und Keyboard sind anfangs die einzige Untermalung für Nail's kraftvolle Stimme, aber dann wächst es langsam zu etwas massiverem und majestätischerem mit einem kriegerischen Trommelschlag und einer zerfransten Bass-Gitarre. Da ist ein Hauch von Optimismus in der Produktion, aber der Text ist es nicht."
(Rolling Stone / Jon Freeman, 24. Otkober 2019)

Es mag Zufall sein, dass die neue EP von David Nail gerade am 1. November veröffentlicht wird, weil die Songs eben einfach zu diesem Termin fertiggestellt waren. Es kann aber auch Absicht sein, dass sie am ersten Tag des Monats erscheint, der für neblig-grauen Tage steht und an dem man derjenigen gedenkt, die nicht mehr da sind. Das schmucklose Schwarz-Weiss Foto ohne jeglichen Schriftzug am Cover, aber ganz besonders das Thema des Projektes sprechen eher für letzteres.

Im Zentrum der 3 Songs steht das titelgebende "Oh, Mother", das einem mit seiner Zerbrechlichkeit die Kehle zuschnürt. Man möchte nach Hoffnung greifen, aber sie lässt sich nicht finden. Und doch leuchtet dieses zutiefst persönliche, von David Nail geschriebene Lied mit seiner Verzweiflung wie eine Fackel in der Dunkelheit.

Bereits vor einigen Jahren hat der Künstler sein Leiden an Depression öffentlich gemacht. Und dieses macht er im Song zum Thema. In einem Telefonat mit seiner Mutter versucht er ihr zu versichern, dass sie keine Schuld an seinen Problemen trägt.

Ich bin unterwegs nach Kalifornien,
ich brauche etwas Sonnenschein,
[obwohl] es nicht so sehr um's Wetter geht,
als um die Dämonen, die ich nicht loswerde.

Ich will nicht, dass du dich sorgst,
es ist nichts, das ich nicht schon kenne,
ich muss dir einfach sagen,
es ist niemandes Schuld,
wenn ich es nicht durch diesen Sturm schaffe.

Das Lied findet sich in der Piano-Version ein zweites Mal auf der EP und berührt damit nicht weniger. "Es war ein Song, der sich so leicht schreiben ließ, beinahe so, als wäre er schon länger in mir gewesen", erinnert sich David Nail. "Ich glaube es war mir immer sehr wichtig sicherzustellen, dass die Personen, die mir nahe stehen nicht glauben, sie hätten eine Schuld an meinen psychischen Problemen."

Jason Bleau schreibt auf der Facebook Seite von David Nail an den Künstler: "Vielen Dank David für deine Bereitschaft, das Thema Depression so offen in deinen Songs anzusprechen. Ich musste weinen, als ich es gestern abend gehört hatte. Es hat mich unmittelbar angesprochen, eine Erinnerung, dass wir auch in den finstersten Momenten nicht alleine sind und wie so einfache Unterstützung wie ein Freund oder eine Mutter einen Tag ein bisschen ändern können."

Kaum weniger betroffen macht das Lied 'Forgiveness', das er gemeinsam mit dem Sänger-Songschreiber Donovan Woods geschrieben hat. Es klingt wie ein Abschied an einen wichtigen Menschen, mit der Bitte um Vergebung für das, wofür er nichts kann.

Ich wünschte, ich hätte die Antworten,
zu all den Fragen in deinem Kopf,
ich wünschte ich könnte sagen, es wird besser,
aber ich kann dich nicht anschauen und lügen.
('Forgiveness' / David Nail, Donovan Woods)

Mit 'La Cienega Just Smiled' befindet sich ein weiteres Lied auf der EP, das jeder für sich ein wenig anders interpretiert. Geschrieben von Ryan Adams, spielen darin schwer fassbare Gefühle aus Liebe, Lust, Leid und Verzweiflung zwischen 2 Menschen die zentrale Rolle. Die hypnotische Version von David Nail fügt sie wie einen fehlenden Puzzle-Stein in dieses unglaublich zerbrechliche Projekt, auf dessen Coverbild David Nail aus dem Licht auf die Dunkelheit zugeht ...

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