So einfach

"Wir haben in Instagram gelebt,
uns darüber aufgeregt, wem aller es egal war,
und darüber, wo wir waren und wohin wir gehen.
Dann traf ich dich und du trafst mich,
und der ganze Rest ist Geschichte."
(Simple / Michael Hardy, Mark Holman, Tyler Hubbard, Brian Kelley)

Mit Ausnahme von Sam Hunt gab es in den letzten Jahren wohl kaum einen Country Interpreten, dem mehr Schmähung und Verachtung entgegengebracht wurde, als Florida Georgia Line. Jedenfalls wenn man den kritischen Stimmen im Netz während der letzten Jahre zuhört. So polarisierend ist FGL offenbar, dass jemand sich sogar die Mühe machte, eine Seite auf Facebook einzurichten, die ganz provokant die Adresse Florida-Georgia-Line-Sucks trägt und den Besucher mit dem Statement begrüßt: "Du magst Florida Georgia Line? Das tut mir leid. Ich hatte dich mit jemandem verwechselt, der Geschmack hat."

Es scheint fast, als würde sich die Nation über sie so spalten, wie sie es über ihren Präsidenten tut. Eine Nation, die nur mehr die beiden Extreme zu kennen scheint, und so durch einen unüberbückbaren Graben getrennt und zerrissen wird. Denn es gibt ganz klar auch die andere Seite, die mit Leidenschaft ihr Lager bei Flordia Georgia Line aufgeschlagen hat. Dazu braucht man sich nur die Erfolgszahlen anzusehen. Und muss sich im selben Atemzug fragen, ob das nicht sogar die klare Mehrheit ist?

Ist es nun der Erfolg, der die Menschen so aufbringt? Sie, die vorwiegend im traditionellen Lager der Country Fangemeinde zu finden sind. Ja und nein! Ja - weil Florida Georgia Line ihren Erfolg mit einem musikalischen Sound erreicht haben, der in ihren Augen zu billig ist, um damit im Namen von Country Music Erfolge zu feiern zu dürfen!

Und nein - weil es ihnen vielmehr um die Verwässerung von Country Music geht, die Florida Georgia Line in ihren Augen ausgelöst hat. Kein anderer Interpret steht so sehr für das Aufkommen von Bro-Country mit seinen Hip-Hop Elementen und oberflächlichen Texten. Ein Trend, der durch seinen Erfolg das Genre mit unzähligen Nachahmern überschwemmt und das traditionelle Segment damit nochmehr in den Hintergrund gedrängt hat.

So sehr haben sich die Hater inzwischen in ihren Schützengräben verschanzt, dass auf alles geschossen wird, was mit FGL zu tun hat. Und das meist ohne Vorwarnung. Zeit, um zuzuhören nimmt man sich erst gar nicht mehr. Und verpasst damit möglicherweise ein hervorragendes Album, wie das 2016 erschienene "Dig Your Roots". Denn längst ist Bro-Country wieder in den Hintergrund gerückt und Florida Georgia Line sind musikalisch mit der Zeit gegangen.

Aber wenn ihnen dann praktisch zufällig und völlig unerwartet mit 'Meant to Be' ein weltweiter Mega-Hit in den Schoß fällt, mit dem sie bereits seit einem halben Jahr die Spitzenposition der Billboard Hot Country Songs Charts blockieren (und bis auf Platz 2 in den Billboard Hot 100 Pop Charts geklettert sind), dann sorgt das wieder (für teilweise verständlichen) Unmut unter den Florida Georgia Line Gegnern. Aus einer sich zufällig ergebenden Zusammenarbeit mit Bebe Rexha, der Pop-Sängerin mit albanischen Wurzeln war der Song in L.A. entstanden und hält aktuell bei über 400 Mio. Streams auf Spotify.

Ein Erfolg, der dem Duo auch eine unerwartete Atempause in Bezug auf neue Musik gegeben hat. Im August 2017 war ihre bisher letzte Single aus dem noch aktuellen Album "Dig Your Roots" erschienen. Und 'Smooth' wurde zur ersten von 14 Singles, die nicht die Top-10 der Billboard Hot Country Songs Charts erreichte. Trotzdem sind sie omnipräsent. Denn mit 'Let Me Go' hatten sie im Duett mit Hailee Steinfeld einen reinen Pop Top-40 Hit und mit Newcomer Morgan Wallen sind sie mit dem Sommer-Party-Hit 'Up Down' in guter Bro-Country Manier wieder in den Top-10 der Billboard Hot Country Songs Charts verteten.



Wen wundert es also, dass sich all diese kommerziellen Erfolge auch finanziell niederschlagen. Ein Geld, das unter anderem Anfang Juni 2017 in ein neues Entertainment-Restaurant in Downtown Nashville investiert wurde. Auf 4 Stockwerken bietet das FGL HOUSE seinen Gästen Restaurant, Bars und Live-Musik, inklusive einer eindrucksvollen Dachterasse. Aktuell gibt es Gerüchte, ob nicht demnächst in Florida eine zweite Niederlassung folgen könnte.

Davor kehrt der Fokus jedoch wieder zur Musik zurück. Musik, bei der die beiden ein gewichtiges Wort mitreden. Nicht ohne Grund hatten sie schon 2014 dem Tennessean gegenüber betont: "Zuallererst sind wir Songschreiber und wenn andere Interpreten unsere Titel aufnehmen, dann ist uns das eine besondere Ehre." Ganz besonders Tyler Hubbard ist über die letzten Jahre sehr erfolgreich gelungen.


So geht nicht nur 'Meant to Be' auf sein Konto, sondern auch Hits für Jason Aldean ('Burnin' It Down', 'Lights Come On', 'You Make It Easy'), Cole Swindell ('Hope You Get Lonely Tonight'), Craig Campbell ('See You Try'), Granger Smith ('Happens Like That') und auch die aktuelle, erste Single des 11-jährigen Mason Ramsey ('Famous').

Damit wundert es nicht, dass auch die erste offizielle neue Single von Florida Georgia Line mit den Titel 'Simple' von den beiden Künstlern mitgeschrieben wurde. Es ist also soweit: am 1. Juni 2018 stellte das Duo neue Musik vor - und das gleich mit 2 Songs. Und beide überraschen äußerst positiv.
Denn neben der offiziellen Single 'Simple' veröffentlichen die beiden auch noch den Song 'Colorado' im überraschend traditionellen Outfit.

Für die Radio-Single wurde mit 'Simple' zweifellos die richtige Wahl getroffen. Es ist ein neuer, akustische Sound, der sofort ins Ohr geht und zum Mitsingen annimiert. Viele wird der Stil an Mumford & Sons erinnern, aber er steht den beiden äußerst gut. "Der Song entstand aus dem Gedanken, dass die Dinge in unserer Welt alle so kompliziert geworden sind und jeder seinen Teil noch zusätzlich dazu beiträgt. Dabei gibt es keinen Grund, alles zu verkomplizieren. Besonders wenn es um die Beziehung zu unseren Familien geht. Einfach eine kleine Erinnerung, die Dinge einfach zu nehmen - und dabei Spaß zu haben", sagt Tyler Hubbard zu NashCountryDaily.



'Simple' ist ein Lied, mit dem sich Florida Georgia Line guten Gewissens sehen lassen kann. Es ist die erste Single aus einem kommenden Album, das thematisch Einflüsse aus der neu gewonnenen Vaterschaft von Tyler Hubbard trägt, wie er im Interview mit Entertainment Tonight bestätigte. Ob es ausreichen wird, dass auch die Hassgemeinschaft ein offenes Ohr dafür zeigt, bleibt jedoch zu bezweifeln, speziell da FGL auch Party-Songs für die Kern-Fangemeinde versprochen hat. Wie schade.