Sie verglimmt

"Ich sehe zu, wie es hinabläuft,
an meiner Flasche entlang,
fast als würde sie weinen.
Ich hatte die Welt in meinen Händen,
und dann verlor ich sie.
Und so sitze ich jetzt hier."
(Burn Out / Jess Carson, Cameron Duddy, Mark Wystrach, Shane McAnally, Josh Osborne)

Es muss in eine Bar oder einem Truckstop sein, irgendwo an einem endlosen Highway.  Wenn man sich umsieht, dann ist da nur schummriges Licht und Zigarettenqualm. Es kann also keine Bar von heute sein. Es ist eine aus einem vergangenen Jahrzehnt, als man die Zigaretten noch nicht am Eingang abgeben musste. Und da sitzt er, einsam und in Gedanken versunken, einer Liebe nachtrauernd, die so schnell verglommen ist, wie das glühende Ende eines Glimmstengels, während aus der Jukebox das Lied 'Burn Out' von Midland erklingt.

Es ist überraschend, wie frisch ein Song mit so altem Sound klingen kann. Hat es die Qualität eines guten Weins, dass es mit der Reife immer besser geworden ist oder ist es einfach nur die Tatsache, dass man diesen Sound schon so lange nicht mehr gehört hat? Jedenfalls wird hier niemand daran zweifeln müssen, ob es genug Country ist! Hier werden nicht nur die klanglichen Erwartungen erfüllt, sondern auch die textlichen Traditionen bedient. Den Schmerz über ein gebrochenes Herz, den weint man in einer einsamen Bar in sein Bier.

So sehr das Lied auch nach einem Eintrag in einem jahrzehnte zurückliegenden Textbuch klingt, ist es ein in diesem Jahrzehnt für das Debüt-Album von Midland geschriebenes Werk. Als Autoren hat das Trio Midland gemeinsam mit Shane McAnally und Josh Osborne den Song erarbeitet. Und dieser wurde nun als zweite Single aus dem offiziellen Debüt-Album "On the Rocks" veröffentlicht.


So sitzt nun der Protagonist des Liedes mit leerem Blick in dieser einsamen Bar und das einzige, was seine Aufmerksamkeit auffängt, ist das langsame Verglimmen einer Zigarette. Eine Zigarette, die ihn immer wieder nur an die erloschene Beziehung denken lässt. Mit heißem Feuer war sie entflammt und dann doch so schnell verglüht. Schmerz und Wehmut, die im Harmoniegesang von Midland erst so richtig aufgehen.

Ein Lied, das nicht so gut funktionieren würde, hätte sich das Genre in den letzten Jahren nicht so weit von seinen Ursprüngen entfernt. Denn dann hätte man es nur als eines von vielen auf den Stoß der Lieder gelegt, die immer wieder den erwarteten Klischees und Traditionen folgen. Und dort hätte man es schnell vergessen. So aber macht es aus alt wieder neu und fügt dem Genre eine wichtige Facette wieder neu hinzu, die längst verblichen und vergessen war.