2024: an der Kreuzung von Pop und Country

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"2024 demonstrierten Pop-Künstler ihr Liebe für Country Music, und die Wählerschaft der Grammy Awards honorierte das. Pop und R&B Stars dominierten die Country Grammy Nominierungen, darunter Beyoncé, die als einzige Künstlerin eine Nominierung in allen 4 Country Kategorien erhielt." (Melinda Newman / billboard.com, 8. November 2024)

Port Saint Joe

"Denn die Jahre bekommen Flügel und fliegen vorbei,
und die Zeit läuft dir durch die Finger, wie der Sand.
Und alles, von dem du dachtest, es hält ewig,
bleibt niemals bestehen, wie dein Plan es war."
(While You Can / John Osborne, TJ Osborne, Travis Meadows)

Mit knapp 4.000 Einwohnern und einem Leuchtturm an einem Stück in den Golf von Mexiko vorspringender Küstenlinie von Florida liegt Port Saint Joe. Es wird als  Fischerdorf beschrieben, an dem die klassischen Touristenströme vorbeiziehen, und das vielleicht genau deshalb auch als relaxed bezeichnet wird. So, wie auch die meisten Kritiker das zweite und am 20. April 2018 erschienene Album der Brothers Osborne beschreiben.

Und seitdem ist der kleine Ort auch mehr Menschen ein Begriff, als nur den unmittelbaren Nachbarn von Port Saint Joe. Denn die Brüder, selbst an der Küste (allerdings der Ostküste von Maryland) aufgewachsen, zogen sich rund 2 Wochen hierher zurück, um gemeinsam mit Star-Produzent Jay Joyce in dessen Strandhaus an ihrem zweiten Album zu arbeiten. Ein Projekt , das nun nicht ohne Grund den Namen des Ortes trägt, in dem es entstanden ist.

"[Eigentlich denkt man bei] Port Saint Joe an einen Hafen und nicht an Palmen. Aber es gibt dort jede Menge Strand und blaues Wasser. Es hat sich eigentlich gar nicht wie Arbeit angefühlt, mit dem schönen Strand, dem schönen Wasser und den wunderbaren Menschen dort", erzählte TJ Osborne der Tageszeitung The Star.

Eine Atmosphäre, die nicht nur treffend durch das Coverbild des Albums wiedergegeben wird, sondern auch durch den Sound, der dort entstanden ist. Die treffendste Einstimmung liefert gleich der erste Song des Albums, 'Slow Your Roll' dessen akkustischer Gitarrensound zu Beginn mit dem Klang einer sanften Meeresbrandung unterlegt ist.

Wie schon Frankie Ballard mit seinem letzten Album 'El Rio', wollten Brothers Osborne der Sterilität eines Studios entfliehen und das Album nicht in Nashville aufnehmen. "Wir haben einige Tage gebraucht, um herauszufinden, wie wir aufnehmen wollen. All die Arrangements entstanden erst dort unten." Mit sechs Leuten und dem vollen Equipment wurde es eng im Strandhaus, aber gleichzeitig auch effizienter und produktiver.


"Das war das Coole daran, irgendwie als würden wir in einer Garage spielen." Und wie schon Frankie Ballard zuvor stellten sie fest: "Wenn man in einem Studio arbeitet, dann gehst du danach nach Hause und lebst dein Leben. Und am nächsten Morgen kommst Du wieder und musst den Schalter wieder umlegen. Dort unten bist du dauernd im jetzt und der Schalter ist immer umgelegt."

Entstanden ist ein Album mit 10 Songs, alle von den Brüdern geschrieben oder gemeinsam mit anderen Songschreibern erarbeitet. Wie etwa mit dem großartigen Travis Meadows das Lied 'While You Can' über genau dieses Leben im hier und jetzt. Ein Song, den die beiden bereits im Oktober 2017, in einer ersten Rohfassung bei Bobby Bones vorgestellt hatten. Ein sehr emotionaler Moment, war es doch unmittelbar nach dem Gemetzel von Las Vegas.



Aber nicht alles ist so ernst wie der Schlusspunkt des Albums mit 'While You Can'. Funkige Klänge bekommt man bei dem ungewöhnlichen Titel 'A Couple Wrongs Makin' It Alright' zu hören, wenn Brothers Osborne darüber sinnieren, dass sich Gegensätze ja vielleicht doch anziehen. Oder auch nicht. In 'Tequila Again' wird im Walzertakt zur Erkenntnis geschunkelt, dass diese Frau wie das Party-Getränk ist, das zu Kopfschmerzen führt, man aber trotzdem nicht davon lassen kann.

Es ist nicht schwer zu erraten, dass es sich auch bei den Problemen im Titel 'A Little Bit Trouble' um eine Frau handelt. Mit seinem jazzig-souligen Stil erinnert es nicht ohne Grund an den Mega-Hit von Keith Urban. "Ursprünglich klang es wie ' 'Blue Ain't Your Color'. Es war die gleiche Melodie", sagte TJ Osborne zu Rolling Stone Country. "Wir wussten, wir mussten das Ding ändern, sonst würde man uns vorwerfen, das Lied zu kopieren. Jay Joyce hat uns letztendlich dabei geholfen."

Ein Highlight ist das emotionale 'I Don't Remember Me (Before You)' mit seinem Tempowechseln, sowie die groovende Ballade 'Pushing Up Daisies (Love Alive)' über Liebe bis zum Ende, dann wenn man die Radieschen von unten anschaut. Der Blues findet seinen Platz in 'Weed, Whiskey And Willie', bei dem wiedermal Willie Nelson und seine Vorliebe für Gras als Referenz Verwendung findet. Lediglich das laute 'Drank Like Hank' gefällt nicht so recht.

'Shoot Me Straight' ist in einer radio-freundlichen Version ohne den extralangen Rock-Gitarren-Jam die aktuelle Single, von der man noch nicht so recht abschätzen kann, ob sie zum Hit werden wird. Ins Ohr geht sie spätestens beim dritten Hören und steuert das Southern Rock Element auf dem aktuellen Album der Brothers Osborne bei. Ein jedenfalls abwechslungsreich und gelungenes Album, das keine Wiederholung zum Debütalbum darstellt, aber trotzdem unverkennbar Brothers Osborne repräsentiert.

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