Kaltes Bier & der King der Country Music

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"Das ist es, was gute Musik ausmacht. Sie fasst das in Worte und Melodien, was Menschen oft schwer fällt, mit eigenen Worten zu sagen. Aber wenn sie den richtigen Song hören, dann fühlen sie sich verstanden. Ich denke, das ist ganz entscheidend." (Zach Top / americansongwriter.com, 5. April 2024)

Erneuerung?

"Viele der Künstler auf diesen beiden Alben waren noch gar nicht geboren, als die meisten dieser Titel ursprünglich veröffentlicht wurden. Nicht, dass sie die Lieder nicht mögen -denn sonst würden sie sie nicht für uns präsentieren- aber sie haben keinen Bezug zu ihnen. Sie sind nicht damit aufgewachsen, sie haben sie nicht gelebt."
(Bernie Taupin / Los Angeles Times, 7. April 2018)

 50 Jahre ist es her, dass sich Elton John und Bernie Taupin über eine Annonce im New Musical Express in London getroffen hatten. Ein Treffen das zum Beginn einer künstlerischen Zusammenarbeit wurde, die Musikgeschichte schrieb. Denn Elton John als Komponist und Bernie Taupin als Texter zeichnen über die letzten 5 Jahrzehnte für mehr Hits verantwortlich, als sie an beiden Händen Finger haben. Weltweit gilt Elton John als einer der erfolgreichsten und bekanntesten Pop Sänger aller Zeiten.

So wird es nach 50 Jahren nicht nur endgültig an der Zeit, sich nach der mit etwas Wehmut angekündigten, 3-jährigen Yellow Brick Road Farewell Tour, sich zur Ruhe zu setzen, sondern auch ein weiteres Tribute-Projekt zu veröffentlichen. Auf 2 Alben werden Hits und Deep Cuts aus der Karriere von Elton John neu interpretiert. Während "Revamp" von Pop und Rock Künstlern bespielt wird, wurde "Restoration" überraschenderweise in Nashville produziert.

Handelt es sich da um ein weiteres unnötiges, kommerziell erzwungenes Projekt, deren Entstehung niemand so richtig versteht? Ein Album, das wiedermal versucht mit dem Namen eines Pop-Künstlers Geld zu machen, wie es schon öfters der Fall war. Man denke an "Come Together: America Salutes the Beatles", "Stone Country: Country Artists Perform The Songs Of The Rolling Stones" oder gar das völlig unnotwendige "Nashville Outlaws: A Tribute to Mötley Crue".

"Restoration" wird ein wenig verständlicher, wenn man die Hintergründe kennt und sich das Liedmaterial ansieht, das verwendet wurde. Denn die meisten der aufgenommenen Songs stammen aus der ersten Hälfte der 1970er Jahre, als es in der Musik von Elton John und Bernie Taupin eine (speziell aus heutiger Sicht) nicht zu übersehende Beziehung zur Musik aus dem Süden der USA gab. Ein Einfluss, den Bernie Taupin ins Spiel brachte, der auch für die Koordination des Albums "Restoration" verantwortlich zeichnete.

Das Bild wird noch klarer, wenn man hört, was Bernie Taupin zur Los Angeles Times sagte: "Letztendlich war es klassische Country Music, die mir den weiteren Weg wies. Ich habe unzählige Male betont, wenn es nicht das Marty Robbins Album "Gunfighter Ballads and Trail Songs" und das Lied 'El Peso' gegeben hätte, dann säße ich heute nicht hier."

Bereits 1959 war das angesprochene Album erschienen. Zu einem Zeitpunkt, als Country Music noch berechtigterweise den Zusatz Western trug, präsentierte Marty Robbins genau das: Geschichten über Helden und Verlierer im Wilden Westen, darunter den Welthit 'El Peso'. So scheint das Elton John Album "Tumbleweed Connection" (1970) 10 Jahre später fast als logische Fortsetzung, "vermarktet als Meditation zu Country und Western Themen, voller Banditen und Revolverhelden", wie es Billboard Magazine beschreibt.

Mit 'My Father's Gun' findet sich daraus auch ein Song auf "Restauration". Miranda Lambert interpretiert die Geschichte über den im Bürgerkrieg gefallenen Vater und seinen Sohn. "Wir waren damals einfach Jungs aus England, die irgendwie den Bürgerkrieg spielten", sagte Bernie Taupin zur Los Angeles Times. "[Miranda Lambert] spielt selbst mit Waffen, denn sie ist ein Mädel aus Texas, das da keinen Spaß versteht. Das ist einfach sie."



Frank Liddell produzierte die 13 Songs auf dem Album, bei denen unter anderem auch seine Frau Lee Ann Womack mit 'Honky Cat' einen Song präsentiert. Die eingeladenen Interpreten durften sich mehr oder weniger aussuchen, welche Songs sie aufnehmen wollten. Auch wenn Bernie Taupin da oder dort etwas nachhalf. So schlug er Don Henley von den Eagles nicht nur den Song 'Sacrifice' vor, sondern auch gleich den Duett-Partner Vince Gill dazu. Auch für 'I Want Love' bekam er seinen Wunschkandidaten Chris Stapleton.

Gleich 3 Songs aus dem Album "Honky Chateau" (1972) wurden aufgenommen, darunter der Klassiker 'Rocket Man', dem Little Big Town allerdings abgesehen von den Harmonien, wenig Neues geben können, und das wesentlich obskurere 'Mona Lisas and Mad Hatters', das vielleicht ob seiner wenigen Bekanntheit von Maren Morris zu einem Highlight wird. Zu wenig muss sie sich dabei mit dem Altmeister vergleichen lassen.

Am Ende entstanden 13 Songs, manche mehr gelungen als andere. Dolly Parton und Rhonda Vincent wagen sich mit einer Bluegrass Version von 'Please' am weitesten auf neues Territorium. Andere folgen dem Original zu sehr, um der neuen Version etwas abgewinnen zu können. So versteht man am Ende zwar die Motivation und die Entstehung des Projektes, aber es bleibt doch die Frage, ob es sich ausgezahlt hat und ob das Ergebnis morgen nicht doch schon in irgend einem Regal wieder verschwunden sein wird?

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