Cowboys
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Am 20. Juni 2018 strahlte der amerikanische Kabel-Sender Paramount Network die erste Folge einer neuen TV-Serie mit dem Titel Yellowstone aus. In einer Mischung aus Neo-Western Drama und Soap Opera begann sie die Geschichte der fiktiven Dutton Familie vor der spektakulären Naturkulisse Montanas zu erzählen. Familien-Patriarch John Dutton (gespielt von Kevin Costner) verteidigt darin seine Ranch gegen die Finanzinteressen reicher Immobilieninvestoren, während er mit den Problemen des angrenzenden Indianer-Reservats konfrontiert wird.
Gedreht wird auf der 1880 von ersten Siedlern gegründeten Shelton Ranch, die in den 1950er Jahren von den neuen Besitzern auf den Namen Chief Joseph Ranch umgetauft wurde. Eine Referenz an Chief Joseph, den Häuptling der Nez Perce, der bei seiner legendären Flucht vor der US Armee auf dem Weg nach Kanada 1877 mit seinem Volk hier durchgezogen war. Heute ist die Chief Joseph Ranch, gelegen im 800-Einwohner Ort Darby im US-Bundesstaat Montana, unweit des Yellowstone Nationalparks, neben ihrer Funktion als echte Ranch auch für Gäste buchbar.
Für das ehrgeizige Serien-Projekt zeichnet Taylor Sheridan verantwortlich. Der 51-jährige Regisseur hatte sich in den letzten Jahren weitreichende Anerkennung (inklusive Oscar und Golden Globe Nominierungen) mit unabhängigen Filmprojekten erworben, in denen er sich mit aktuellen Themen des amerikanischen Westens auseinandersetzte. So hat der Action Thriller Sicario (2015) den Kampf des FBI gegen ein brutales Mexikanisches Drogen-Kartell zum Thema, während es im Oscar-nominierten Neo-Western Hell Or High Water (2016) um die Geschichte zweier Brüder geht, die zu Bankräubern werden, um ihre Ranch zu retten. 2017 folgte mit Wind-River, ein Thriller, in dem das tragischerweise höchst aktuelle und oft verschwiegene Problem der Vergwaltigung und Ermordung von Indianer-Frauen thematisiert wird.
Während die Kritiken und Zuseherzahlen bei den ersten Folgen von Yellowstone noch verhalten waren, wandelte sich das mit zunehmender Fortdauer der Serie. Dreieinhalb Jahre später, hat sich die Serie in ihrer bereits vierten Staffel zu einer der erfolgreichsten im amerikanischen Kabelfernsehen der letzte Jahre gemausert. "Es ist meine Antwort auf Game of Thrones", sagte Taylor Sheridan im Interview mit deadline.com 2018 über sein ambitioniertes Projekt, das Kinoatmosphäre auf den Fernsehbildschirm bringen möchte. "Ich bin strukturell an die Serie wie an einen Kinofilm herangegangen. Ich habe sie geschrieben wie einen Kinofilm und sie auch so verfilmt. Ich wollte den Eindruck eines Kinofilms."
Der Erfolg gibt ihm Recht, denn im Februar 2022 wird bereits die fünfte Staffel von Yellowstone in Auftrag gegeben. Ein Erfolg, der sich auch in der Musik zur Serie widerspiegelt. Ausgewählt von Taylor Sheridan selbst, aber vorallem von Musik-Koordinatorin Andrea von Foerster, greift die Serie auf wenig bekannte Americana, Southern Rock und Country Music zurück und wird damit auch zur Kult-Serie für Musikliebhaber, wie musicrow.com es im November 2021 beschreibt. Kommerziell kaum bekannte Interpreten, wie Whiskey Meyers, Tyler Childers oder Zach Bryan sehen plötzlich ihre Alben ganz oben in den kommerziellen Charts.
So scheint es nur eine logische Konsequenz, wenn Tim McGraw im Dezember 2021 verkündet, dass seine 20 Jahre alte Nummer-1 Single 'The Cowboy In Me' aus dem Album "Set This Circus Down" in neuer Akustik-Version nun ebenfalls Teil des Yellowstone Soundtracks von Staffel 4 (Episode 7) ist.
Aber es kann auch damit zu tun haben, dass Tim McGraw in der ersten Episode von eben dieser Staffel 4 in einer Nebenrolle zu sehen ist. In einer Rückblicks-Szene ins Jahr 1883 gibt er den Vorfahren James Dutton. Ein ganz entscheidender Moment! Denn er wird zum Auslöser für eine Spin-Off Prequel Serie, in der die Vorgeschichte zur Dutton Familie in Yellowstone erzählt wird.
Eine Serie, die im Sog der Popularität von Yellowstone, als prominenter
Aufhänger für den unmittelbar bevorstehenden Start des neuen
Streaming Services von Paramount Network (Paramount+) dienen sollte. Das allerdings ließ praktisch keinen Verhandlungsspielraum
für den Zeitplan: die ersten Folgen mussten noch 2021 zur Ausstrahlung fertig
sein. Auch wenn Taylor Sheridan (erfolglos) versuchte, entgegenzuhalten:
"Das ist unmöglich.
Ich kann nicht mit der Produktion im Februar beginnen, und in 7 Monaten
etwas fertig haben, für das noch keine Rollen vergeben sind, keine Drehorte
und kein Drehbuch definiert sind!"
Trotzdem gelang das Unmögliche und am 19. Dezember 2021 erschien die erste
Folge der neuen Serie mit dem Titel 1883 auf Paramount+.
In den Hauptrollen: Tim McGraw und Faith Hill, sowie die
inzwischen 77-jährige Schauspiel-Legende Sam Elliott. Letzterer
geleitet in seiner Rolle eine Gruppe deutscher Siedler (unter ihnen die Dutton
Familie, gespielt von Tim McGraw und Faith Hill) von Fort Worth in Texas über
den Oregon Trail zu ihrem endgültigen Ziel in Montana. Dorthin, wo die
in der Jetzt-Zeit angesiedelte Serie Yellowstone schließlich
aufsetzt.
Bemüht um historische Authentizität, schrieb
equire.com
über die beeindruckende Atmosphäre der Serie:
"Mit seiner Vision gelingt es [Regisseur] Sheridan, Fernsehen größer als
das Kino zu machen."
Was liegt also näher, als zu versuchen, auch andere Bereiche an diesem Erfolg
zu beteiligen. Zwar spielt das Thema Cowboys und Wilder Westen in
kommerziellen Country Songs von heute praktisch keine Rolle mehr, aber
vielleicht liefern die neuen Serien mit ihrem Erfolg ja genau den notwendigen
Anstoß für eine Renaissance. Und selbst wenn der Songtext sich nicht mit dem
Thema auseinandersetzt, dann könnte doch zumindest die visuelle Umsetzung
davon profitieren.
Das aktuelle Paradebeispiel dafür liefert Miranda Lambert mit ihrer aktuellen Single, die den Titel 'If I Was a Cowboy' trägt. Gemeinsam mit Jesse Frasure geschrieben, verrät der Titel auch schon worum es geht: wie wäre es doch, ein echter Cowboy zu sein? Das Ergebnis ist ein freches Augenzwinkern, wenn es nicht nur um den Ritt in den Sonnenuntergang geht, sondern auch um einen Flirt, für den es keine Regeln gibt:
Das Bild perfekt macht das unter der Regie von Trey Fanjoy gedrehte Video. Dafür ging man auf die Enchanted Springs Ranch, unweit von San Antonio, Texas. Eine familiengeführte Wildwest Sehenswürdigkeit, die regelmäßig Festivals veranstaltet, aber auch für Hollywood, Werbespots oder Videos beliebter Anlaufpunkt ist. Und wo eine junge Frau mit sehnsuchtsvollem Blick Miranda Lambert aus der Stadt reiten sieht, so wie es der Text im Song beschreibt.
Immerhin steht die Single als Vorbote eines kommenden Albums nach 16 Wochen auf Platz 22 in den Radio (Billboard Country Airplay) Charts.
Knapp dahinter auf Platz 32 befindet sich nach nur 3 Wochen die neue Single von Jason Aldean. Sie stammt aus dem kommenden zweiten Teil seines Doppelalbums "Macon Georgia" und trägt den Titel 'Trouble With A Heartbreak'. Geschrieben von seinen Bandmitgliedern Kurt Allison und Tully Kennedy, gemeinsam mit den Songschreibern Brett Beavers und John Morgan, beschreibt der Song die nur langsam heilenden Wunden eines gebrochenen Herzens. Ein Schmerz, den auch kein Whiskey heilen kann.
"Der Song erinnert mich an die bitteren R&B Breakup Balladen, die ich in meiner Jugend hörte, als ich noch in Georgia unterwegs war", beschreibt Jason Aldean den Reiz der vom Rock beeinflussten Power-Ballade und schlägt damit den Bogen zu seiner Heimat, die für das Album namensgebend war.
Den fehlenden Cowboy-Konnex liefert in diesem Fall der renommierte
Video-Regisseur Shaun Silva mit der Umsetzung des zugehörigen Videos
nach. In perfekten Einstellungen im Dezember 2021 rund um die 3 aufeinander
folgenden Konzerte von Jason Aldean im The Park Theater in Las Vegas
gedreht, folgt es einem Rodeo Reiter, der zum
National Finals Rodeo nach Las Vegas kommt, aber überall nur seine
verlorene Liebe sieht. Das Video gibt es auch als
Extended Version.
Ob der Cowboy-Trend im Country sich fortsetzen wird, bleibt abzuwarten. Aber es ist jedenfalls leicht nachzuvollziehen, dass man das Konzept der so erfolgreichen Western-Serien kurzfristig nutzen möchte. Und wenn das letztendlich zu gelungenen optischen und akustischen Ergebnissen führt, dann kann das auch für das musikalische Publikum eine willkommene Abwechslung sein.
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