Tagebuch einer Songschreiberin

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"Sei aufgeschlossen und höre es an einem ruhigen Ort. Lass dich mitnehmen. Höre es von Anfang bis zum Ende. Ich hoffe, du lernst ein bisschen über mich oder vielleicht auch über dich. Wir alle versuchen das [Leben] zu verstehen oder brauchen auch mal eine Pause davon. Lasst mich euch dabei helfen." (Lanie Gardner / sweetyhigh.com, 25. Oktober 2024)

American Soul

"In einem schwer gespaltenen Land wird es immer schwieriger,  Gemeinsamkeiten in der Amerikanischen Seele zu finden. Watson salutiert vor der Arbeiterschicht, während er die Nationalhymne zitiert. Wenige werden sich an den Textzeilen stoßen. Aber es scheint, dass Amerika weit weg davon ist, sich durch ein simples Lied wieder vereinen zu lassen."
(Dan MacIntosh / countrystandardtime.com, 8. Jänner 2021)

Im Sommer 2019 hatte Aaron Watson sein bis dato letztes Album veröffentlicht. 20 Songs hatte das engagierte Projekt mit dem Titel "Red Bandana" enthalten und durchwegs positive Kritiken erhalten. Kommerziell dürfte es jedoch nicht den Erwartungen entsprochen haben. Jedenfalls schaffte es nur eine Single daraus überhaupt in die Radio (Billboard Country Airplay) Charts - und die (das flotte 'Kiss That Girl Goodbye') blieb dann auch noch auf Platz 52 hängen.
 
Nun meldet sich der Texaner mit einem neuen Projekt zurück. Wieder veröffentlicht er es auf seinem eigenen Label und versucht im Selfmade-Stil den schmalen musikalischen Grad zwischen Texas und Nashville zu gehen. Auf einem optisch gelungenen Cover findet sich der Name des Albums: "American Soul". Dezent, aber nicht zu übersehen, dürfen die Farben der Amerikanischen Flagge nicht fehlen, auch wenn die Feder ein überraschend neues Motiv daür darstellt.
 
10 Songs finden sich auf dem Projekt, die alle -wie nicht anders zu erwarten- den Namen Aaron Watson als primären Songschreiber tragen. Thematisch ist das Album ein positives oder vielleicht sollte man besser sagen: ein optimisches. Denn fast scheint es, als sind die Songs darauf Botschaften aus einer anderen oder längst vergessenen Welt. 'Out Of My Misery' ist der einzige Titel, der keinen verklärten Blick auf ein sorgloses Leben in rot, weiß und blau bietet. Vielmehr bettelt Aaron Watson dort noch um eine letzte gemeinsame Nacht mit ihr, wenn er singt: es fühlt sich an, als würde ich aus 10.000 Meter fallen und am Boden zerschellen, ich bitte dich, erlöse mich.
 
Die übrigen Songs haken alle Themen ab, die zu einem beneidenswerten Leben gehören. Natürlich geht es primär um die Liebe und er sorgt zumindest für Abwechslung, indem er die Songs in verschiedenen Situationen in Szene setzt. Einmal ist es die Ladefläche eines Silverado Pick Up Trucks ('Silverado Saturday Night'), wo man sich mit ihr vergnügt, dann ist es die Tanzfläche in der ersten Single 'Boots'.
 
 
Auch in 'Whisper My Name' und 'Stay' geht es um sie, wenn er sie etwa in letzterem mit den Worten anhimmelt: ich brauche deine weiche Haut an meinem Gesicht, ich bin dein Leder, du bist meine Seide.

Abseits der Liebe zollt Aaron Watson der zeitlosen Kultfigur Cowboy seinen Respekt ('Long Live Cowboys'), beschreibt die klassische Freitagabend-Situation in einer College-Town, wenn sich der Ort beim Football Match trifft ('Touchdown Town') und stellt in 'Best Friend' fest, dass nichts über die Freundschaft eines Hundes geht.

Nicht um Hunde geht es in 'Dog Tags', sondern um das ewige amerikanische Thema der Soldaten, die für Recht und Freiheit kämpfen und anstatt Superhelden-Umhänge nur ihre metallenen, sogenannten Hundemarken tragen, auf denen ihre wichtigsten Daten vermerkt sind, für den Fall, dass sie diese nicht mehr selbst mitteilen können. Der Titelsong 'American Soul' macht das rot-weiß-blaue Klischee dann endgültig voll: Blut, Schweiß und Tränen, die das Rückgrat der Amerikanischen Seele sind.

Mit Sicherheit ist in Zeiten von Zerrissenheit und inmitten einer gnadenlosen Pandemie, der Wunsch nach einer sorglosen, glücklichen und vertrauensvollen Zeit besonders stark ausgeprägt. Auch wenn dieser Wunsch alleine die aktuellen Probleme nicht lösen wird können. Aber das Album von Aaron Watson kann diesem Bedürfnis zumindest einen Fluchweg anbieten. Und besonders musikalisch gelingt ihm das vorzüglich, wenn er eingängige Melodien, traditionelle Instrumente und moderne Produktion so zusammenzuführt, dass einen seine Musik wirklich auf andere Gedanken zu bringen vermag.

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