Greenfields, Teil 1
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Natürlich ist es ein wenig übertrieben, Dave Cobb schon als lebende Legende zu bezeichnen - auch wenn er inzwischen sehr be- und anerkannt ist. Und natürlich ist es auch nicht wirklich ein Country Album, das am 8. Jänner 2021 unter dem Titel "Greenfields: The Gibb Brothers Songbook (Vol. 1)" erschienen ist. Aber schließlich ist da ja auch ein wenig Marketing mit im Spiel, um die richtigen Kunden anzusprechen.
So wird im selben Atemzug die Verbundenheit der Gebrüder Gibb (hinter dem Gruppenname The Bee Gees steht ja lediglich die englische Aussprache der Buchstaben B und G für Brothers Gibb) mit ihrer in ländlicher Gegend verbrachten Jugend betont, aber auch musikalische Einflüsse aus dem Country, die schon da waren, bevor Barry Gibb mit 'Islands in the Stream' für Kenny Rogers und Dolly Parton einen weltweiten Hit geschrieben hatte.
Der inzwischen 74 jährige Barry Gibb ist nicht nur das letzte lebende Mitglied der 3-köpfigen Bee Gees, sondern gilt gemeinsam mit ihnen auch weltweit als einer der erfoglreichsten und angesehensten Songschreiber. So stammt das Liedmaterial auf den geschätzten 200 Mio. Alben, die das Trio weltweit verkauft hat, durchwegs von ihnen selbst und angeblich haben bis dato über 2.500 weitere Künstler Songs der Brüder Gibb aufgenommen.
Zu diesen kommen nun noch einige weitere hinzu, denn Barry Gibb hat das neue Album "Greenfields" in Nashville mit von ihm ausgewählten Country-Künstlern aufgenommen. Es beinhaltet 12 Songs der Bee Gees (in der Deluxe-Version gibt es dann noch 2 zusätzliche Solo-Versionen). Für das Publikum, dessen musikalisches Erleben über die 1990er hinaus zurückreicht, wird ein Großteil der Songs vertraut klingen. Für jüngere Hörer mag es eine Fundgrube Neuer, ins Ohr gehender Titel sein.
Die konkrete Songauswahl kam durch die Künstler selbst zustande, die sich beliebige Gibb-Titel aussuchen durften, so Barry Gibb. Gemeinsam mit Produzent Dave Cobb wurden dann Neuaufnahmen (aktuell gerne mit dem Zusatz Reimagined versehen) erarbeitet, die von der Stimme der Interpreten geprägt sind, aber auch ein wenig Nashville atmen sollen. Die Songs sind fast durchwegs ruhig und die halb-akustische Produktion vermittelt an Stellen einen Hauch von 1970er Jahren, der musikalisch erfolgreichsten Dekade in der langen Karriere der Bee Gees.
So klingt der vielleicht bekannteste Song des Projektes ('How Deep Is Your Love') mehr nach Bee Gees als nach Little Big Town, die zwar als featured Interpreten angeführt sind, aber stimmlich kaum wahrnehmbar im Hintergrund bleiben. Vielleicht ein Grund, warum sie als einzige ein zweites Mal in der Setliste auftauchen und bei 'Lonely Days' dann auch mehr Spotlight bekommen. Etwas zu zerbrechlich klingt Dolly Parton auf 'Words' - oder ist es dann doch das Alter, das man ihr anmerkt? Umso himmlischer die Engelstimme von Alison Krauss auf 'Too Much Heaven' und 'Butterfly' ist nicht nur einer der ältesten Songs auf der Sammlung, sondern er gibt mit seiner Textzeile Green fields where we used to wander dem Album auch seinen Titel.
Unter dem Strich lebt das Projekt von seinen zeitlosen Melodien. Wer sich dabei die Frage stellt, ob es ausreicht, Künstler und Produktion zu tauschen, um einen Pop-Hit aus der Vergangenheit in das Country Genre der Gegenwart einbetten zu können, der verpasst das eigentlich Thema. Denn wer sich weniger auf Definitionen, als vielmehr auf die Musik konzentriert, der bekommt hier die Möglichkeit, sich in die Nostalgie von Evergreens fallenzulassen - und dabei vielleicht sogar etwas Neues zu entdecken.
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