Balladen & Bangers: Handshakes in Heaven & Learn About Love

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"Was macht einen Banger? Das wichtigste ist der Hook, den man nicht mehr aus dem Kopf kriegt, nachdem man den Song nur einmal gehört hat. Außerdem hat er einen festen Beat, zu dem man sich einfach bewegen muss. Und Wiedererkennung ist ebenfalls ein Schlüssel." (DJ Rinehart / deepinthemix.com, 23. Juli 2023)

Jahre

"Ich buchte die Sessions und die Musiker und dann wusste ich nicht, ob er [es schaffen würde]. Aber wir setzten ihn hinter das Mikrophon, er begann zu singen und es war echte Magie. Seine Stimme ist wie Karamel Zauber, der aus den Lautsprechern kommt. ... Ich fühle mich unbeschreiblich glücklich, dass ich die Möglichkeit bekam, mit John Anderson ein Album zu machen, ganz zu schweigen von der Bedeutung des Werks."
(Dan Auerbach / www.gratefulweb.com, 17. Jänner 2020)

Wer John Anderson singen hört, dem wird es schwer fallen, sich den 1954 in Florida geborenen Sänger in irgendeinem anderen Genre als Country vorzustellen. Auch wenn seine erste Begeisterung dem Rock and Roll galt. So spielte er in seiner eigenen Cover Band Songs von Jimmy Hendrix und den Rolling Stones, bis er angeblich im Alter von 15 Jahren die Musik von Merle Haggard entdeckte. Das lenkte seine Musikbegeisterung für den Rest seines weiteren Lebens in eine neue Richtung.

Und obwohl er trotzdem immer wiedermal Rock und Blues in seiner Musik verarbeitete, war das Ergebnis niemals etwas anderes, als Country Music - wie auch, bei einer Stimme, wie John Anderson sie hat. Selbst der erste große Hit der Rolling Stones 'It's All Over Now', den er für sein Album "Tokyo, Oklahoma" (1985) aufgenommen hatte, klingt in seiner Version wie ein Country Klassiker, der aus der Jukebox tönt, während man den Schmerz über eine verlorene Liebe in einem Bier ertränkt.

Klagende Steel Gitarren und schmachtende Fiddles prägten den Hard Country Stil seiner ersten 3 Alben (1980 - 1981). Erst mit dem vierten Album ("Wild and Blue", 1982) tauchte John Anderson plötzlich ganz spektakulär im Mainstream-Scheinwerferlicht auf. Schuld daran war ein Song über eine Hollywood Schaukel und ein Mädchen namens Charlotte, mit dem unscheinbaren Titel 'Swingin', der aus John Anderson einen Country Super-Star machte.

Nicht zuletzt die poppige Produktion des Songs mit Bläsern und souligen Background Stimmen ließ 'Swingin' zum größten Hit seiner Karriere werden. Der Titel alleine brachte dem Album Gold-Status ein, wurde zum zweiten Nummer-1 Hit seiner Karriere, erhielt den Preis für den CMA Song des Jahres und erreichte 1983 beinahe die Pop Top-40 (Platz 43). Dieser Erfolg ermutigte John Anderson auch in Folge immer wieder moderne Elemente oder Songs aus anderen Genres aufzunehmen. So erreichte er 1993 mit dem Mark Knopfler Song 'When It Comes To You' Platz 3 in den Billboard Hot Country Songs Chart und nahm 'Steamy Windows', das Tina Turner aufgenommen hatte für sein Album "Seminole Wind" auf.



Übrigens wird es für viele überraschend sein, dass der selbstgeschriebene Hit 'Seminole Wind' aus dem gleichnamigen Album (1992) keiner seiner 5 Nummer-1 Hits ist, sondern lediglich Platz 2 erreichte. Der Song beklagt die Zerstörung der Umwelt aus Profitgier und fokussiert auf den Indianerstamm der Seminolen, die sich 1835 - 1842 im Abwehrkampf gegen die Vereinigten Staaten unter ihrem legendären Häuptling Osceola in die Sümpfe Floridas zurückgezogen hatten. Ein ungewohnt sozialkritisches Lied, dessen Text den Wenigsten bewusst ist.



Nach seinem 17. Studio-Album "Nobody's Got It All" (2001), auf dem er 'Atlantic City' von Bruce Springsteen gecovert hatte, wurde es stiller um John Anderson. Erst 2006 produzierten Big & Rich mit ihm wieder ein neues Album, auf dem sich der funkige und zugleich treffende  Titelsong 'Easy Money' befindet: Es ist verdammt schwer, leichtes Geld zu machen!
2009 veröffentlichte er das 19. Studio Album (das 20., wenn man ein Weihnachtsalbum mitzählt) seiner Karriere mit "Bigger Hands". Beides solide, moderne Alben, die sich auch kommerziellen Erfolg verdient hätten. Knapp 10 Jahre später ist jedoch keines davon mehr erhältlich.

Wenig verwunderlich, hinterließ auch ein weiterer Comeback-Versuch 2015 keinen (kommerziellen) Eindruck. Der traditionelle Stil des Albums "Goldmine" passte besser in die 1990er Jahre als in die Mitte der 2010er Jahre, als Bro-Country mit seinen elektronischen Beats die Radiowellen dominierte. Es klang wie ein letzter, hilfloser Versuch, an eine große Karriere anzuknüpfen.

Und doch spricht man plötzlich, mit dem Start in das Jahr 2020 völlig überraschend wieder über John Anderson. Inzwischen 65 Jahre alt, sind seinen blonden Locken silberfarbenen Haaren gewichen. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Zeit nicht stehen bleibt. Ein Umstand, der ihn offensichtlich dazu bewogen hatte, noch einmal ins Studio zu gehen, um an neuer Musik zu arbeiten.

Mit Auslöser war der Umstand, dass Dan Auerbach, Singer-Songwriter und Leadsänger der Blues-Rock Band The Black Keys, John Anderson kontaktiert hatte und die beiden in Folge gemeinsam Songs zu schreiben begannen. Ernste gesundheitliche Probleme, über die wenig bekannt ist, ließen John Anderson an seine eigene Vergänglichkeit denken und gemeinsam mit Dan Auerbach entstand unter anderem der Song 'Years', der nun am 17. Jänner 2020 veröffentlicht wurde.

Schau nicht zurück in Sorge,
hoffe einfach auf morgen.
All die Jahre,
wir wissen es alle,
wir müssen sie ziehen lassen.
Sie fließen vorbei, wie Tränen,
ein Maß für die Zeit,
wir denken daran, wenn sie vergehen,
all diese Jahre.
(Years / ohn Anderson, Dan Auerbach, Pat McLaughlin, David Ferguson) 

In einem Interview beschrieb John Anderson, wie es ihm dabei erging: "Wir gingen ins Studio und ich kann mich erinnern, dass ich sagte: ich will das so machen, als wäre es mein letztes." Inzwischen geht es ihm gesundheitlich wieder besser und er kann auch andere Aspekte sehen, die er aus dem Projekt gelernt hat.

"Ich habe einige Dinge für mich mitgenommen. Ein Teil davon ist natürlich meine Liebe zur Musik, aber auch die Dankbarkeit dafür, dass meine Familie da ist. Der wichtigste Aspekt ist es aber, sich bewusst zu machen, dass es jeden Moment vorüber sein kann."

Am 10. April 2020 erscheint das Album "Years" mit 10 neuen Songs, alle geschrieben von John Anderson und Dan Auerbach, darunter ein Duett mit Blake Shelton, der den alten Star 2019 als Vorgruppe mit auf seine Heroes & Friends Tour genommen hatte.

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