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(Blake Shelton / Twitter, 10. April 2019)
Es lassen sich mit ziemlicher Sicherheit keine weiteren Gemeinsamkeiten mit Blake Shelton herstellen, aber den Lieblingsinterpreten teile ich aus tiefstem Herzen mit ihm. "Mein absolutes Lieblingsalbum ist 'Somewhere Between Right and Wrong' von Earl Thomas Conley", erzählte Blake Shelton 2014 in einem Interview mit Napster. "Darauf ist 'I Don't Get Along With the Blues'. Ein Lied, das ich so sehr liebe und das ich damals für das großartigste der Welt hielt. Ich konnte nicht verstehen, dass es niemand kannte und nicht einmal eine Single war."
Earl Thomas Conley wird 1941 als Sohn eines Bahnarbeiters im US-Bundesstaat Ohio geboren. Als sein Vater seinen Job verliert, wächst er bei seiner älteren Schwester auf. Es folgen Jahre beim Militär, die ihm nicht nur helfen erwachsen zu werden, sondern auch die Country Music zu entdecken. Das führt dazu, dass er das Militär verlässt und sich mit 26 Jahren der Musik verschreibt. Es sind die späten 1960er Jahre, als er seine ersten eigenen Songs zu schreiben beginnt.
Die 1970er Jahre sind für Earl Thomas Conley geprägt von den Bemühungen, sich einen Namen in der Musikbranche zu machen. Eine ganze Reihe von Versuchen bleibt erfolglos und die wenigen Singles, die in dieser Zeit entstehen, sind heute längst vergessen und nicht mehr erhältlich. In dieser Zeit lebt er in Huntsville, Alabama, wo er auf Nelson Larkin trifft, den Besitzer eines Tonstudios und seinen späteren Produzenten.
Mitte der 1970er Jahre beginnen sich erste Erfolge als Songschreiber einzustellen (Mel Street hat einen Top-20 Country Hit mit dem von Conley geschriebenen 'Smokey Mountain Memories' und Conway Twitty landet gar einen Nummer-1 Hit mit 'This Time I've Hurt Her More than She Loves Me'). Aber als sein Plattenvertrag mit Warner Bros. 1979 wegen Erfolglosigkeit aufgelöst wird, ist er kurz davor aufzugeben.
Einen letzten Versuch will Earl Thomas Conley noch starten - und zwar als Interpret auf Sunbird Records, einem kleinen Label, das Nelson Larkin gegründet hatte. Dort wird 1980 endlich sein erstes Album unter dem ungewöhnlichen Titel "Blue Pearl" veröffentlicht. Es ist sein 39. Geburtstag und wie schon Hank Williams 30 Jahre vor ihm, singt er von verlorener Liebe, Enttäuschung und der Suche nach Erfüllung ('Middle-Age Madness').
Als RCA Records das kleine Lable Sunbird kurz danach übernimmt, erscheint 1981 das Album "Fire & Smoke". Es beinhaltet neben 'Fire & Smoke' drei weitere Titel, die bereits auf "Blue Pearl" enthalten waren. Mit der Promotion eines Major Labels im Rücken, sind die Weichen nun endgültig gestellt, und Earl Thomas Conley auf Erfolgskurs zum erfolgreichsten Country Künstler der 1980er Jahre. 'Fire & Smoke' wird zu seinem ersten Nummer-1 Hit.
Im August 1982 folgt das Album "Somewhere Between Right and Wrong". Der selbst geschriebene Titelsong über die Affäre einer Frau in einer unglücklichen Beziehung wird nicht nur zu seinem zweiten Nummer-1 Hit sondern zeigt Earl Thomas Conley mit einem neuen und modernen Sound, der ein erster Vorbote auf die kommende musikalische Entwicklung ist.
Mit der nachfolgenden Single, der romantischen Ballade 'I Have Loved You Girl (But Not Like This Before)' zeigt Earl Thomas Conley, dass er auch positive Musik machen kann. Allerdings bleibt der Song auf Platz 2 in den Charts hängen.
Mit seinem vierten Studio-Album ('Don't Make It Easy For Me'), das nicht einmal ein Jahr später (Mai 1983) erscheint, wird Earl Thomas Conley endgültig zum Star. Mit 4 Nummer-1 Hits aus einem Album schreibt er Geschichte als erster Interpret überhaupt. Darunter befindet sich mit 'Holding Her and Loving You' ein Song, für den er sogar eine Grammy Award Nominierung erhält. Die einfühlsame Ballade beschreibt den Gewissenskonflikt in einer Beziehung, wenn es da plötzlich eine neue Liebe gibt.
Gleichzeitig setzt er seine musikalische Entwicklung fort und lässt dabei die traditionellen Country Elemente hinter sich. Die metallisch-treibende Percussion des Titelsongs ('Don't Make It Easy For Me') macht die Single zur rockigsten seiner Karriere. In der Tat muss die Produktion der Single nachgebessert werden, um nicht Gefahr zu laufen, vom Country Radio erst gar nicht gespielt zu werden. "Für mich hat das Lied an Drive und Energie verloren, weil wir es für das Radio so zahm machen mussten", bedauert Earl Thomas Conley trotzdem in einem Interview mit Billboard Magazine.
Zeit seines Lebens nimmt man ihn als introvertiert und zurückhaltend wahr, als jemanden dessen Kämpfe mit seinen inneren Zweifeln nur in seinen Songs zum Vorschein kommen. So wie in 'Don't Make It Easy For Me'. "Du kannst Dinge nicht erreichen, wenn etwas in dir nicht daran glaubt. Deshalb geht es in diesem Song um die Herausforderungen im Leben und das haben wir in ein Liebeslied verpackt", versucht Co-Author Earl Thomas Conley das Lied mit dem ungewöhnlichen Titel in knappen Worten zu erläutern.
Als im Oktober 1984 das blaue Album "Treadin' Water" erscheint, blickt er bereits auf 6 Nummer-1 Hits zurück. Alle 3 Singles aus dem neuen Album setzen den Zähler auf neun, bzw. 7 in Serie. Das Album bleibt das progressivste in der Karriere von Earl Thomas Conley, nutzt es doch den letzten Stand der Technik mit Klängen, die man heute klassischerweise mit den 1980er Jahren verbindet. Synthesizer, elektronisches Schlagzeug und Keyboards haben traditionelle Country Instrumentierung verdrängt und platzieren das Album stilistisch näher bei Phil Collins als bei George Jones.
Die Liebe ist für ihn textlich weiterhin kein Ort des Glücks, sondern der Ungewissheit und Zerrissenheit. Im Titelsong wirft er ihr vor, ihn zappeln zu lassen und nur Zeit für ihn zu haben, wenn sie wiedermal unglücklich ist. In 'Honour Bound' widmet er sich erneut dem Thema des Gewissenskonfliktes vor dem heraufziehenden Ende einer Beziehung, wenn er singt: "Noch ist nichts ausgeprochen, noch ist nichts getan, aber es ist nicht leicht, den Unterschied zwischen einem Sonnenaufgang und dem Sonnenuntergang zu sehen." Und in 'Love Don't Care (Whose Heart It Breaks)' wird die Liebe zum Fatalismus, dem man ausgeliefert bleibt.
Im Folgejahr erscheint das erste "Greatest Hits" Album mit zwei neuen Titeln, die beide ebenfalls die Spitze der Charts erreichen. 'Nobody Falls Like a Fool' und 'Once in a Blue Moon' gehören zum Besten aus dem Katalog von Earl Thomas Conley. Mit ihnen hat er endgültig seinen Stil gefunden. Eine State-of-the-Art Produktion lassen seine markante Stimme im textlichen Zweifel über die eigene Unvollkommenheit aufgehen. Längst hat sich Earl Thomas Conley die Bezeichnung Thinking Man's Country für seine Musik erworben.
Als der Titelsong für das nachfolgende Album "Too Many Times" (1986) als Single veröffentlicht wird, erreicht er nur Platz 2 in den Charts. Aber da es ein Duett mit Anita Pointer von den The Pointer Sisters ist, bleibt seine Serie von Solo-Nummer-1 Hits ungebrochen. Eine Serie, die die nächsten 3 Singles weiter verlängern. Darunter sind die beiden Balladen 'I Can't Win for Losin' You' und 'That Was a Close One', die beide von Robert Byrne stammen, der wiederholt einige der schmerzvollsten Titel für Earl Thomas Conley geschrieben hatte.
Zwei der eindringlichsten Songs finden sich als Deep Cuts auf dem Album "Too Many Times". Da ist einerseits der selbst geschriebene Song über die ständige Präsenz von Schmerz und Enttäuschung im Leben ('Attracted to Pain') und dann ist da die Geschichte über ein Scheidungskind, für das sich die Enttäuschungen der Eltern im eigenen Leben wiederholen. Selbst nicht in einer glücklichen Familie aufgewachsen, spricht ihn das Lied wohl besonders an, auch wenn er es nicht selbst geschrieben hat.
"Mama war Papa's große Liebe,
Kinder wollte sie immer haben.
Sie war 17 als ich zur Welt kam
und alles was ich glaubte, war
dass wir immer eine Familie bleiben würden.
Aber jetzt heißt es, dass ich auch erwachsen bin,
habe selbst 2 Kinder, denen ich Liebe und Teilen beibringe,
und nun können ihre eigenen Eltern kein Bett mehr teilen ..."
(Joe Scaife / Mark Wright)
Gegen Ende des Jahrzehnts erscheint das 7. Studio-Album von Earl Thomas Conley mit dem Titel "The Heart of It All" (1988). Stilistisch ist es weniger progressiv und beginnt wieder traditionellere Country Elemente aufzunehmen. Die ersten beiden Singles, darunter ein Duett mit Emmylou Harris ('We Believe in Happy Endings') sind Beispiele dafür - und beide klettern auf Platz 1.
Zu einer der denkwürdigsten Singles seiner Karriere macht Earl Thomas Conley Ende des Jahre 1988 den Titel 'What I'd Say'. Erneut von Robert Byrne (und Will Robinson) geschrieben, geht es um die Gedankengänge, was man wohl sagen wird, wenn man einer vergangenen, aber noch nicht verarbeiteten Liebe wieder begegnet. Die Herausforderung dabei: der Text des Liedes sieht die Zeile go to hell vor, ein potentielles Problem für die Veröffentlichung im (familienfreundlichen) US-Radio.
"Viele Leute sagten, wie gehst Du damit um, dreimal das Wort HELL im Radio zu singen? Ich sagte, wenn sie so ein Problem damit haben, dann sollen sie den Song doch floppen lassen. Zeigt mir einen Menschen, der nicht schon einmal in so einer Situation war. Selbst wenn er ein Pfarrer ist - jeder hat sich schon mal so gefühlt und die meisten haben es auch gesagt", besteht Earl Thomas Conley kompromisslos darauf, das Lied genau so aufzunehmen.
Erneut landet der Song auf Platz 1. Als am 17. Juni 1989 mit 'Love Out Loud' die vierte Single aus dem Album auf Platz 1 steht, ist Earl Thomas Conley mit 18 Solo-Nummer-1 Hits in Serie zum kommerziell erfolgreichsten Country Künstler der 1980er Jahre aufgestiegen. Erst die fünfte Single aus dem Album ('You Must Not Be Drinkin' Enough', ein Cover eines Don Henley Songs) bleibt auf Platz 26 hängen und beendete damit die spektakuläre Serie von Nummer-1 Hits.
Mit der Wende in die 1990er Jahre tritt eine neue Generation von traditionell beeinflussten Künstlern auf den Plan. Mit seinem Album "Yours Truly" (1991) versucht auch Earl Thomas Conley sich dem anzupassen. Aber von 4 Singles erreichen nur mehr 2 die Top-10. Darunter ein Duett mit dem verstorbenen Keith Whitley ('Brotherly Love'), das bereits 1987 (2 Jahre vor dessen Tod) aufgenommen worden war. Es bringt Earl Thomas Conley eine letzte Grammy Nominierung für Beste Country Vocal Collaboration 1991 ein und erreicht noch Platz 2 in den Charts.
Doch danach wird es still um den inzwischen 50 jährigen Künstler, der das Country Radio eines ganzen Jahrzehnts dominiert hatte. "Yours Truly" bleibt das letzte Studio-Album in voller Länge mit neuem Material, und irgendwie verschwindet er völlig aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit. Gerüchte über gesundheitliche Probleme und Unstimmigkeiten mit dem Label machen die Runde.
2001 nimmt Gary Allan den Hit 'What I'd Say' in einer sehr steel-guitar lastigen Version für sein Album "Alright Guy" auf. Als Blake Shelton sich als Fan outet, tut sich Earl Thomas Conley mit ihm zusammen und beide schrieben gemeinsam einen Song ('All Over Me'), der den inwzischen 61-jährigen Künstler 2002 noch einmal als Songschreiber in die Top-20 der Country Charts bringt.
Earl Thomas Conley tritt weiterhin live auf, jedoch werden die Veranstaltungen immer kleiner und kaum jemand scheint sich noch an ihn zu erinnern. Auch auf dem 2005 erschienen Album "Live at Billy Bob's Texas" sind seine stimmlichen Probleme unüberhörbar. Längst ist er zum Protagonisten seines eigenen Songs 'Crowd Around the Corner' geworden, den er 1983 für seinen Großvater geschrieben hatte und der im gleichen Jahr auf dem Album "Don't Make It Easy For Me" veröffentlicht worden war. Obwohl das Lied nie eine Single war, hatte man ein Video dazu produziert. Im heute qualitativ so amateurhaft wirkenden 1980er Jahre Stil, fällt es schwer, das Video anzusehen. Der berührenden Magie der Musik hat es jedoch bis heute keinen Abbruch getan.
Für eine ganze Generation von Country Radio Hörern hat sich Earl Thomas Conley als wichtiger Vertreter des Genres unbewusst ins musikalische Country-Bewusstsein eingebrannt. Auch wenn seine Hits nie dem traditionellen Image gefolgt waren und er unverdienterweise nie große Auszeichnungen erhalten hatte. Zu sehr stand er stilistisch wohl doch abseits des Country Mainstreams, so reichte es lediglich für Nominierungen, aber keine Auszeichnungen. Die gestand man ihm wohl gezwungenermaßen zu, weil er kommerziell einfach zu erfolgreich war.
Gesundheitliche Probleme machen ihm das Leben zuletzt so schwer, dass er Pflege benötigt. Laut dem Tennessean starb er am 10. April 2019 im Alter von 77 Jahren an den Auswirkungen einer Demenz-Erkrankung (Alzheimer?). Er hinterlässt 4 erwachsene Kinder, 2 Brüder, 2 Schwestern und 6 Enkelkinder.
"Da war so viel Seele, in allem was er tat und er war so anders als alle anderen Sänger seiner Zeit. Man wünscht sich immer, einen einzigartigen Künstler zu finden, und mit seiner Stimme war er das zweifellos. Er hatte diese Mischung aus Einfühlsamkeit, Intimität und Schmerz in seiner Stimme und gleichzeitig konnte er laut aufdrehen und Gas geben ..."
(Joe Galante, Head of RCA Records Nashville 1982 - 1990)
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