Kristofferson
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Nun ist es zu spät. Die Zeit ist abgelaufen. Es wird keine Autobiographie mehr von Kris Kristofferson geben. Auch keinen, wenigstens von ihm selbst, autorisierten Blick auf einen Menschen, der immer auf der Suche und mit seiner überraschenden Vielschichtigkeit überall und zugleich nirgendwo hinzugehören schien.
Als Schauspieler und Musiker hat er viele Spuren hinterlassen, aber keine so
tief, wie die als Songschreiber. Denn damit hat er nicht nur das Country Genre
verändert, wie schon Bob Dylan feststellte, als er sagte:
"Es gibt ein Nashville vor Kris und eines nach Kris, denn er hat alles
verändert."
Gleichzeitig hat er mit seinen Texten und Melodien aber auch Generationen von
Musikern und Zuhörern beeindruckt.
Und vielleicht hätte eine Autobiographie nicht mehr über die
Widersprüchlichkeit des Menschen Kris Kristofferson erzählt, als es
seine Songs bereits getan haben. So wie 'The Pilgrim, Chapter 33' aus seinem zweiten Album ("The Silver Tongues Devil And I",
1971):
Aus gegebenem Anlass folgt die Wiedergabe des Blog-Eintrags vom 4. März 2017: Für die guten Zeiten.
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"Billy Dee war erst 17, als er 21 wurde."
[Das Alter von 21 steht für Volljährigkeit und damit das Ende der
unbeschwerten Jugend.]
(Billy Dee / Kris Kristofferson)
Im 12. Jahrundert wurde die Burg Finkenstein das erste Mal
geschichtlich erwähnt. Im 14. Jahrhundert ging sie an die Habsburger Dynastie
und knapp 100 Jahre später an das Österreichische Adelsgeschlecht
von Dietrichstein. In deren Besitz blieb sie bis zum Ende des 18.
Jahrhunderts. Danach begann sie zu der Ruine zu verfallen, die heute ein
bekanntes Ausflugsziel im österreichischen Bundesland Kärnten ist. Seit den
1980er Jahren wird die neu errichtete
Burgarena
in Form eines kleinen Amphitheaters für Veranstaltungen genutzt. Mit ihrem
einmaligen Blick über den Faaker See bietet die Burgarena Finkenstein speziell
am Abend für musikalische Veranstaltungen eine unvergessliche Atmosphäre.
Hier wird Kris Kristofferson am
9. Juli 2017 auftreten.
In einem großen Interview mit Rolling Stone Country ("An Outlaw at 80") anlässlich seines 80. Geburtstages im vergangenen Jahr hatte er noch offen darüber gesprochen, wie sehr ihn seine Erinnerungen begonnen hatten, im Stich zu lassen. Und über die begründete Hoffnung, dass das nur auf Nebeneffekte der Medikamente zurückzuführen war, die er gegen eine erlittene Lyme-Borreliose Erkrankung genommen hatte. Das nagte an seinem Selbstvertrauen und war wohl mit ein Grund, warum er sogar den Vertrag über das Schreiben seiner Autobiographie wieder storniert hatte.
So gibt es leider bis heute ledigliche eine unautorisierte Biographie über den Menschen und Künstler Kris Kristofferson: das mit viel Leidenschaft geschriebene und durchaus lesenswerte "Kristofferson: The Wild American" von Stephen Miller. Dieses versucht zumindest einen Einblick in den Menschen Kristofferson zu geben, der oft so widersprüchlich und verloren wirkt, wie die Charaktere in vielen seiner faszinierenden Lieder.
Sein Musikkatalog ist in den letzten Jahren kaum mehr gewachsen. Lediglich die Anzahl der Veröffentlichungen von bisher nicht digital verfügbarem Material, sowie Neuaufnahmen und Konzertmitschnitte alten Materials sind dazugekommen. Da ist das exzellente "An Evening with Kris Kristofferson" aus dem Jahre 2014, das in der Union Chapel in London aufgenommen wurde. Oder die aktuelle Veröffentlichung "The Cedar Creek Session" aus 2016, das im Februar 2017 überraschenderweise sogar für einen Grammy Award als Bestes Americana Album nominiert war.
Dazwischen lag die monumentale Veröffentlichung seiner für Monument und Columbia aufgenommenen Alben, inklusive bisher unveröffentlichter Archivaufnahmen, teilweise noch aus den 1970er Jahren. "The Complete Monument & Columbia Album Collection" umfasst somit ganze 16 Alben und damit den Kern seines musikalischen Vermächtnisses.
Als ich Kris Kristofferson in den 1980er Jahren das erste Mal live auf der Burgarena Finkenstein (eigentlich einem Festzelt, in das man ausgewichen war, weil es mehr Platz für den Publikumsansturm bot, als die Burgarena selbst) erlebte, werde ich nie vergessen, wie berührt der damals knapp 50-jährige war, als er die Begeisterung des Publikums in einem winzigen Ort im Irgendwo für seine Musik erleben durfte. Damals noch mit voller Band und dem charisamtischen Aussehen, mit dem man ihn aus seinen Filmen kannte.
2010 war er das letzte Mal dort zu sehen gewesen, diesmal wirklich in der Burgarena. Aber inzwischen nur mehr solo und gesetzter, eben 20 Jahre älter. Jetzt hat er das 8. Jahrzehnt seines Lebens erreicht und lebt seit langem mit Frau und Kindern auf Hawei. Aber immer noch ist er aktiv. Kleinere Rollen in Filmen, und natürlich Musik. Überall ist er inzwischen gern gesehen, wenn er zum wiederholten Male die Songs vorträgt, die fast alle von anderen zu Hits gemacht wurden. Lieder, die so groß geworden sind, dass viele den Autor dahinter, der sie zuallererst veröffentlicht hatte, gar nicht kennen.
Und da die Zeit nicht stehen bleibt, sondern unaufhaltsam von einem Anfang auf ein Ende zusteuert, beginnt man nun seinem Werk und Wirken vermehrt den verdienten Respekt zu zollen. Am 16. März 2016 etwa fand sich alles, was in der Country Music Rang und Namen hat, in der Bridgestone Arena von Nashville zusammen, um gemeinsam mit Kris Kristofferson seine Lieder zu feiern.
Schon ein Jahr zuvor, im April 2015 veranstaltete Skyville Live im kleinen Rahmen ebenfalls ein Tribut-Konzert für Kris Kristofferson. Da es jedoch exklusiv über Internet gestreamt wurde, wurde es kaum wahrgenommen. Und das, obwohl so namhafte Künstler wie Lady Antebellum, Martina McBride oder Raul Malo anwesend waren. Inzwischen sind Teile davon auch im freien Netz über youtube verfügbar und erlauben es nun diese Momente in exzellenter Qualität nochmals zu erleben.
Dabei berühren nicht nur die Lieder, die man ohnehin schon so oft gehört hat, immer wieder auf's neue, sondern ganz besonders auch das Charisma in der Stimme von Kris Kristofferson. Zwar galt er nie als großer Sänger, aber die Melodien und Texte lassen das ganz einfach vergessen. Selbst wenn ein Charles Kelley von Lady Antebellum bei 'Help Me Make It Through the Night' beweist, welch emotional großartiger Sänger er ist und ein Raul Malo 'For the Good Times' in eine neue Dimension singt.
Am Ende bleibt der in seinen Liedern eigentlich schon immer nachdenklich gewesene Kris Kristofferson, als jemand über, zu dem man nur aufschauen kann. Ein Mann, der trotz aller Bemühungen, nie ganz oben auf der Erfolgsleiter gestanden hat. Weder als Sänger, Entertainer oder Schauspieler. Aber immer ganz knapp davor. Und sollte dereinst die Zeit für den Poeten endgültig vorüber sein, dann werden kaum Worte mehr tröstlich sein, als seine eigenen, die er bereits für sein erstes Album "Kristofferson" (1970) geschrieben hatte:
"Sei nicht traurig, ich weiß es ist vorbei.
Aber das Leben geht weiter, und die Welt wird sich weiterdrehen.
Lass uns froh sein, dass wir Zeit miteinander verbringen durften."
(For the Good Times / Kris Kristofferson)
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