2024: an der Kreuzung von Pop und Country

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"2024 demonstrierten Pop-Künstler ihr Liebe für Country Music, und die Wählerschaft der Grammy Awards honorierte das. Pop und R&B Stars dominierten die Country Grammy Nominierungen, darunter Beyoncé, die als einzige Künstlerin eine Nominierung in allen 4 Country Kategorien erhielt." (Melinda Newman / billboard.com, 8. November 2024)

Poet, Pilger, Prediger und Prophet

"Freedom is just another word for nothing left to lose /
Freiheit ist doch nur ein Word dafür, nichts zu haben, das man verlieren könnte"

Viele werden diese Textzeile kennen, ohne zu wissen, woher sie stammt. Manche sind mit ihr vertraut, weil sie das Janis Joplin Lied 'Me & Bobby McGee' kennen. Aber wahrscheinlich nur sehr wenige werden wissen, dass Text und Lied aus der Feder von Kris Kristofferson stammen.

Aufgewachsen in Texas, Literaturstudium in Oxford (England), Hubschrauberpilot in der US-Armee, zog Kris Kristofferson 1965 nach Nashville um sich der Musik zu widmen. Ursprünglich sehr schüchtern, war es ihm kein Anliegen im Rampenlicht zu stehen, sondern vielmehr als Songwriter sein Interesse an Literatur und die Faszination für Lieder über gebrochene Schicksale, wie er sie in der Musik von Hank Williams fand, miteinander zu verbinden.

Rasch erregte er in Nashville, wo er sich mit Gelegenheitsjobs mehr schlecht als recht über Wasser hielt, in der Songwriter Community Aufsehen. Der Durchbruch als "Liedermacher" gelang ihm schliesslich 1970, als Johnny Cash sein 'Sunday Morning Coming Down' über die Einsamkeit eines trostlosen Sonntags zum Nummer 1 Hit machte.

Die bekannteste Legende darüber, wie er Johnny Cash dazu brachte, diesen Song aufzunehmen, war wohl die, dass er mit einem Helikopter im Garten von Johnny Cash landete, um ihm den Titel anzubieten.

Und obwohl dem charismatischen Kris Kristofferson zeitlebens der ganz grosse Erfolg als Interpret verwehrt blieb, wurde er zu einem der erfolgreichsten und anerkanntesten Songwriter der amerikanischen Musikgeschichte.

Welche Anerkennung sein musikalisches Schaffen bekam (und noch immer bekommt), zeigt die lange Liste der Cover-Versionen seiner Lieder. Neben dem wahrscheinlich bekanntesten 'Me & Bobby McGee' von Janis Joplin wurden seine Titel von so verschiedenen Künstlern wie u.a. Elvis Presley, Cliff Richard, Al Green, Jerry Lee Lewis, Gladys Knight, Joan Baez, Peggy Lee, Roger Miller, Jerry Lee Lewis, Bob Dylan, Andy Williams, Bryan Ferry, Mariah Carey, John Holt, STS ('Gö, Du Bleibst Heut Nacht Bei Mir'), Volker Lechtenbrink oder Bryan Adams auf seinem aktuellen 2014er Album aufgenommen.

Daneben kann Kris Kristofferson inzwischen auch auf einen eindrucksvollen Lebenslauf  als Schauspieler verweisen, auch wenn ihm hier ebenfalls der ganz grosse Durchbruch nicht geglückt war. Nach grossen Erfolgen wie 'Pat Garrett and Billy The Kid', 'A Star Is Born' oder 'Convoy' hätte das Projekt 'Heaven's Gate' der grosse Durchbruch für Kris Kristofferson werden sollen. Das Projekt wurde jedoch zum Fiasko und beendete den Höhenflug von Kris Kristofferson als Schauspieler, auch wenn dem Film im Nachhinein speziell in Europa hohe Anerkennung ausgesprochen wird. Der Film behandelte einfach ein für Amerika zu jener Zeit zu heikles und wenig patriotisches Thema.

Im September 2013 trat der zu dem Zeitpunkt 77-jährige Kris Kristofferson in der Union Chapel in London auf, einer Kirche, die sich als prominenter Veranstaltungsort etabliert hat. Die Produktionsfirma 'Abbey Road Live Here Now' sorgte für eine hochqualitative Aufnahme des Konzerts und seit Oktober 2014 ist das Ergebnis offiziell als Doppelalbum erhältlich.


"An Evening With Kris Kristofferson The Pilgrim" bietet 34 der besten Kris Kristofferson Songs, vorgetragen vom Meister persönlich. Vieles an Kris Kristofferson fasziniert, aber ganz besonders seine Stimme. Musikalisch war sie immer eine Beeinträchtigung, denn es ist keine Singstimme. Aber wenn man ihm beim Erzählen zuhört, zieht einen ihre rauh und knarrende und zugleich bedächtige Art und Ausdrucksweise unweigerlich in ihren Bann.

Und genau das bekommt man auf dem Album geboten. Spartanische Musik (eine akkustische Gitarre und ein wenig Mundharmonika), viel Atmosphäre (der Klang mit kaum wahrnehmbarem Hall transportiert den Kirchenraum, ebenso wie das Publikum, das sich immer wieder gut hörbar zwischen den Liedern meldet) und ganz besonders viel Mensch Kris Kristofferson, der mehr seine Geschichten erzählt, als wirklich musiziert.

Aber genau das gibt dem Werk eine so persönliche Note und fasziniert, denn zu den meisten Liedern spielt die bekannte Melodie ohnehin im Hinterkopf und man kann sich ganz auf Stimme und Worte des Poeten Kris Kristofferson konzentrieren und hat das Gefühl wirklich dort zu sein.

Und so manch weiser Spruch findet sich in den Texten, die von Abschied, Vergänglichkeit, Schicksalen und auch mal politischen, aber immer menschlichen Themen erzählen. Noch gibt es keine offizielle Autobiographie von Kris Kristofferson und vielleicht wird es die auch nie geben. Denn spätestens seit seinem letzten Album "Feeling Mortal" (sterblich sein), ist der Abschied ein ernstzunehmendes Thema.

Aber auch wenn es nie eine Autobiographie geben wird, werden seine Lieder bleiben und uns immer wieder etwas Neues über das Leben, über uns und vielleicht auch über Kris Kristofferson erzählen.

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