Es gibt zumindest 12 Orte mit dem Namen Summerville in den USA. Aber für Chase Bryant kam nur die rund 50.000 Einwohner zählende Gemeinde unweit von Charleston in South Carolina in Frage, um seine neue EP zu benennen. Denn es ist die Heimatstadt seiner Ehefrau Selena Weber.
"Ein Ort, an dem ich mit ein paar Songs begonnen hatte und wo mir die Idee
für ein neues Projekt kam", sagt der 30-jährige Künstler auf seiner Instagram-Seite anlässlich
der Veröffentlichung von "Summerville" am 19. Jänner 2024.
Es ist das Nachfolge-Projekt zu seinem Debüt-Album "Upbringing", das im Juli 2021 veröffentlicht wurde und damit bereits über zweieinhalb Jahre zurück liegt. Verständliche Enttäuschung schwingt mit, wenn er über das Echo zu seinem letzten Projekt spricht. "Ich hatte immer das Gefühl, dass 'Upbringing' nie eine Chance bekam, wegen all der Dinge, die passiert sind", sagt Chase Bryant im Interview mit people.com. "Ich konnte es einfach nie richtig ins verdammte Scheinwerferlicht rücken."
Das soll nun anders werden. Wie schon beim Konzept zu "Upbringing" verfolgt er auch mit dem neuen Projekt eine größere Vision. Denn "Summerville" ist nur die erste von insgesamt 5 EPs, die im Laufe des Jahres erscheinen sollen. Jede davon trägt den Titel eines Ortes, an dem entweder die Musik selbst entstanden ist oder der eine wichtige Rolle im Leben von Chase Bryant gespielt hat.
So ist die nächste EP nach "Ashland City", nördlich von Nashville, benannt und soll am 12. April erscheinen. Für den 19. Juli ist "Cayo del Grullo" geplant, benannt nach einem beliebten Ferienort in Texas, mit dem Chase Bryant passend zur Jahreszeit viele Kindheitserinnerungen verbindet. Im winzigen Ort Clio im ländlichen Alabama entstand die gleichnamige vierte EP und für den 10. Jänner 2025 ist das Abschluss-Projekt "Avery Park" geplant, das seinem Zuhause außerhalb von Brentwood, Tennessee gewidmet ist, wo er bis spät in die Nacht hinein an Musik gearbeitet hatte.
"Ich bin stolz auf das Ergebnis und wollte einfach nicht darauf sitzen
bleiben", betont er bei
shorefire.com.
"Wir alle wollten die Musik rausbringen und haben zum Glück eine
Möglichkeit gefunden, sie auf das ganze Jahr zu verteilen."
Und so ist "Summerville" der erste Baustein. 6 Songs, die Chase Bryant mit anderen Songschreibern erarbeitet hat, befinden sich darauf. Der Gesamteindruck ist der eines modernen, aber nicht überproduzierten Werks, das mit Groove und Rock-Elementen, aber auch mit viel Leidenschaft und Herzblut zu glänzen vermag.
"Ich habe dieses Album in einem kleinen Schlafzimmer-Studio in unserem Haus
aufgenommen. Ich wollte zurück zu meinen Rock and Roll Wurzeln. Es sollte
sich anfühlen wie eine Gruppe Jugendlicher, die zusammensitzen, Rock'n'Roll
spielen und Spaß dabei haben", sagt er auf seiner
Homepage
über die Intention von "Summerville". Nach sehr schwierigen Zeiten (mit
Suizid-Gedanken) ist der Ort Summerville auch zu einem heilsamen Ort
geworden.
Mit einem Intro, das an Bruce Springsteen und sein 'I'm On Fire'
erinnert, steht der Titel 'She's Just Like That' nicht ganz ohne Grund
im Zentrum der EP. Es ist seine Liebeserklärung an die Frau, mit der er
seit Herbst 2022 verheiratet ist. Pulsierend, unbeschwert und ansteckend.
Den Anfang der EP aber macht das treibende 'I Still Do', dessen Text eigentlich voller Nostalgie und Erinnerungen an vergangene Zeiten steckt. Aber die musikalische Umsetzung mit seinen Tempo-Wechseln und der dominierenden Gitarre vermittelt keine Bitterkeit, sondern lässt sich vielmehr noch einmal in die schönen, längst vergangenen Zeiten fallen.
Während das poppige 'Over You By Now' zwar absolut ins Ohr geht, aber
mit seinem Thema einer noch nicht verarbeiteten Beziehung thematisch nicht so
recht ins Gesamtbild passt, ist 'Don't Forget About Me' eines der beiden ganz großen Highlights des Projektes. Auf den ersten Blick
ist es eine Bitte an eine missglückte Liebe, ihn nicht ganz zu vergessen. Aber
unter der Oberfläche der so hoffnungsvoll schimmernden Gitarre schlummern
tiefere Emotionen, ein Appell an die Musikindustrie.
"Zwischen 2015 und 2017 machten wir alle [die gleiche] Musik und jeder hatte enge Jeans zu Hause", beschreibt Chase Bryant die Entstehung des Songs. "Mit dem Lied versuche ich zu sagen: 'Das ist es, was ich mache und es ist nicht einförmig'. Es ist das reifste Stück Musik, das ich bisher aufgenommen habe. Damit hat die EP begonnen und es wurde zu dem Song, den ich ins Zentrum der anderen stellen wollte."
Manchmal soll Für-immer eben nicht sein.
Ich war Teil deines Plans,
jetzt bin ich Teil deiner Vergangenheit.
Ich weiß, du willst gerade
nicht zurückblicken,
irgendwo am Ende deines Weges,
egal wie weit
du gehst.
Ich möchte nur, dass du weißt,
solltest du jemals
jemanden brauchen,
vergiss mich nicht.
(Don't Forget About Me / Chase Bryant, Tommy Lee James)
Aber den eindrucksvollsten Song hat sich Chase Bryant für den Abschluss von "Summerville" aufgehoben. Denn 'I Still Do' ist nicht nur musikalisch aufwühlend umgesetzt, sondern auch die Worte wissen zu berühren. Man kann sie als die Wünsche eines Vaters für seinen Sohn, der erst am Beginn seines Lebensweges steht, verstehen. Aber es gibt auch hier eine tiefere, autobiographische Ebene, aus der das Lied seine Kraft schöpft.
"Es ist ein riskantes Lied, denn eigentlich spreche ich darin mit mir selbst als Kind", gibt Chase Bryant zutiefst persönliche Einblicke in sein Inneres. "Ich versuche dem Kind zu sagen, dass ich hoffe, es wird all das bekommen, das ich nie hatte. Dass ich hoffe, dass das Leben für ihn nicht so hart ist, wie es das für mich war. Es ist einfach nur eine Nachricht an das Kind auf dem Foto, welches auf meinem Schreibtisch steht. Das ist es."
Es ist, als stünde dieses hoffnungsvolle Ende des Projektes zugleich auch für seine eigene Erkenntnis, wenn er versichert: "Ich wünsche mir nicht, dass mein Leben anders gewesen wäre, als es eben ist. Ich denke, das habe ich mir früher mal gewünscht. Aber das tue ich jetzt nicht mehr."
Kommentare
Kommentar veröffentlichen