Kaltes Bier & der King der Country Music

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"Das ist es, was gute Musik ausmacht. Sie fasst das in Worte und Melodien, was Menschen oft schwer fällt, mit eigenen Worten zu sagen. Aber wenn sie den richtigen Song hören, dann fühlen sie sich verstanden. Ich denke, das ist ganz entscheidend." (Zach Top / americansongwriter.com, 5. April 2024)

Spottbillig

"Das auf dem Foto sind Blut und Haare, die vom Kastrieren und Impfen der Stiere stammen. Nichts davon ist gestellt. Wir hatten um 5 Uhr in der früh begonnen und den ganzen Tag gearbeitet. Und am Ende hatten wir eine Reihe großartiger Fotos, die während der Arbeit entstanden sind."
(Cody Johnson / Billboard.com,  13. Oktober 2023)

Texas ist so groß, dass es in vielerlei Hinsicht eine Welt für sich ist. Ganz besonders gilt dies für die Musikszene, deren Stars oft kaum bis über die Grenze des Bundesstaates hinaus bekannt sind. Und es häufig auch gar nicht sein wollen.

Einer, der trotzdem den Schritt gemacht hat und das mit viel Erfolg, ist der 36-jährige ehemalige Rodeo-Reiter aus Sebastopol, einer winzigen Gemeinde mit ukrainischem Namen im Herzen von Texas. Sein Name ist Cody Johnson, aber seine Fans nennen ihn liebevoll CoJo. Er hat die Türe ins restliche Land nicht nur weit aufgestoßen, sondern er steht mit seinem dritten Album für das Major Label Warner Nashville inzwischen unübersehbar breitbeinig in beiden Welten. Wie es sein Auftritt vom 2. Februar 2024 in der mit rund 20.000 Fans ausverkauften Bridgestone Arena im Herzen von Nashville eindrucksvoll beweist.

So steht Cody Johnson nur kurz danach mit 'The Painter', einer von Benjy Davis, Kat Higgins und Ryan Larkins geschriebenen Liebeserklärung, die er seiner Frau gewidmet hat, in den Radio (Billboard Country Airplay) Charts vom 1. März 2024 auf Platz 1. Es ist nach 'Til You Can't' aus dem Jahr 2021 sein zweiter Nummer-1 und der dritte Top-10 Hit (nach 'Human') in Folge.

Aktuell hält die Single bei über 66 Mio. Streams auf Spotify und ihr gelungener Text macht die Kunst des Malens zur Metapher für eine Liebe, welche die Welt mit bunten Farben neu erschafft. Es ist die erste Single aus dem am 3. November 2023 veröffentlichten Album "Leather". Ein Projekt, das musikalisch keine Kompromisse eingeht, sondern zweifelsfrei country mit einem Schimmer von Texas ist.

Mit dem von Ian Munsick, Jeremy Spillman und Rivers Rutherford geschriebenen Titelsong über die Eigenschaften eines Cowboys identifizierte Cody Johnson sich so sehr, dass er den Song nicht nur unmittelbar aufnahm, sondern ihn auch zum Namensgeber des Albums machte. "Ich bin an einem Punkt in meiner Karriere, an dem ich mich bei niemandem mehr rechtfertigen muss. Deshalb nehme ich auf, was ich will. Und deshalb hat das Projekt eben genau diesen Titel", betonte Cody Johnson selbstbewusst gegenüber countrynow.com.

12 Songs beinhaltet das Album und eine für den Spätsommer oder Herbst 2024 in Aussicht gestellte Deluxe-Version soll diesem 12 weitere hinzufügen. Noch ist nicht klar, was die Nachfolge-Single zu 'The Painter' sein wird. So legt sich der Künstler auch bei americansongwriter.com nicht fest, wenn er sagt: "Lasst uns die nächste Single nicht planen. Lasst uns schauen, was passiert ... was erfolgreich streamt, was bei Konzerten erfolgreich ist. Lasst es die Songs selbst austragen, anstatt irgendeinen Algrorithmus einzusetzen."

Ein Song, der sich dafür aufdrängen würde, ist 'Dirt Cheap'. Denn die von Josh Phillips geschriebene Ballade ist in jedem Fall ein Textbuch-Beispiel dafür, was Country auszeichnet.

Die Produktion ist mit Piano und Steel Gitarre als primäre Instrumentierung auch für eine Ballade sehr zurückhaltend. Aber das ist auch so beabsichtigt. Denn dadurch rückt die angenehme Bariton-Stimme von Cody Johnson ganz ins Zentrum des Songs und der Zuhörer kann gar nicht anders, als ihr zuzuhören.

Denn die Country Music liebt es wie kein anderes Genre, Geschichten zu erzählen. Und 'Dirt Cheap' ist genau solch ein Story-Song, dem es mit der richtigen Wortwahl in nur 4 Minuten gelingt, ein lebhaftes und berührendes Bild von einer Lebenssituation zu schaffen, welche man schließlich nachvollziehbar vor Augen hat. Der Text verknüpft persönliche Erinnerungen mit persönlichen Werten. Und wenn Cody Johnson stellenweise zu sprechen beginnt, dann unterstreicht das den Aspekt des Erzählens von einem Ereignis, das wirklich stattgefunden haben könnte.

Nicht ganz unerwartet geht es in 'Dirt Cheap' um Tradition und Familie und die eigenen Wurzeln, als Konstrast zu wirtschaftlichen Aspekten. So greift der Song auf die alte Lebensweisheit zurück, dass man mit Geld eben doch nicht alles zu kaufen vermag.

Sie kamen und dachten nur ans große Geld,
zu dem alten Getreide-Farmer.
Sie klopften an seine Veranda-Tür und er fragte:
"Grüß Gott, wie kann ich euch helfen?" Und sie sagten:
 
"All die anderen sind fort und haben abkassiert.
Der Plan für die Niederlassung ist fertig,
und sie wird genau auf diesem Stück Land stehen.
Und du könntest die Stadt als reicher Mann verlassen!"
Aber er sagte: "Jungs, was auch immer ihr mir anbietet, es wird nicht genug sein!"

Das kleine Mädchen, das dort auf der Schaukel saß,
ich sehe immer noch die rosafarbene Schleife in ihrem braunen Haar.
Sie ist jetzt in der Großstadt, aber sie ruft immer noch an.
Sie kommt nächste Woche wieder - es ist schon zu lange her.
 
Und dort drüben, unter der weißen Eiche,
neben dem Kreuz, wo mein bester Gefährte begraben liegt,
liegt jetzt ein kleines Hündchen im Schatten.
Diese Frau konnte noch niemals einen Streuner abweisen.
 
Ich denke, das ist der Grund, warum sie 'ja' sagte, als ich ein Knie beugte.
Solange all das hier ist, warum zur Hölle sollte ich fortgehen wollen?
Niemand kann diese Erde billig kaufen!
(Dirt Cheap / Josh Phillips)

Letztlich verarbeitet Songschreiber Josh Phillips den Text nicht nur mit einer eingängien Melodie, sondern er bringt als Sahnehäubchen noch das für Country Songs so typische Element des Wortspiels ein. Ein Wortspiel, das bewusst aus dem Zusammenhang gerissen, zum Titel des Liedes wird. Denn während der Text vom Land spricht, das es nicht billig zu kaufen gibt, macht der Titel das Gegenteil daraus und nennt es spottbillig (=dirt cheap). Was den oberflächlichen Zuhörer erstmal auf die falsche Fährte lockt. Oder mit anderen Worten es notwendig macht, auf den ganzen Text eines Songs zu hören, um ihn erst richtig zu verstehen.


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