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Wer wissen möchte, wann
Gary Allan zuletzt ein Album
veröffentlicht hat, der muss bis ins Jahr 2013 zurückgehen. Damals
veröffentlichte MCA Nashville das Projekt "Set You Free" auf dem
sich mit der mutmachenden Single 'Every Storm (Runs Out Of Rain)' nicht nur sein bis dato letzter Nummer-1 Hit, sonder auch sein
kommerziell erfolgreichster Song befindet. Ein Titel, der sogar in den Pop
Charts der Billboard Hot 100 Platz 26 erreichte und den Gary Allan
gemeinsam mit Hillary Lindsay und Matt Warren geschrieben
hatte.
Nach 2 weiteren Country Top-40 Singles aus dem Album entschwand Gary Allan jedoch immer mehr in den Hintergrund. Waren die Gründe dafür Unstimmigkeiten mit dem Label (2016 übernahm EMI Nashville die Promo Agenden für Gary Allan von MCA Nashville), öffentlichkeitswirksame und unliebsame Kommentare über die musikalische Entwicklung des Genres oder einfach nur die Weigerung, sich stilistisch für aktuelle Trends verbiegen zu lassen? Mehrere Projekte wurden jedenfalls mit verschiedenen Produzenten in Angriff genommen, aber keines davon bekam die Öffentlichkeit zu hören.
3 offensichtliche Ableger aus diesen Projekten wurden seitdem als Singles veröffentlicht, aber keine davon erreichte auch nur die Top-40 in den Radio (Billboard Country Airplay) Charts.
Dreimal war Gary Allan in den letzten Jahren im Studio gewesen, um an
einem neuen Album zu arbeiten. Dreimal kam es zu keiner Veröffentlichung. Erst
waren da die Sessions mit Sound Engineer Greg Droman und seiner eigenen Band.
Dann folgten Aufnahmen mit Star-Produzent Jay Joyce und letztendlich
holte er mit Mark Wright und Tony Brown das Team zurück, mit dem
vor 20 Jahren sein richtungsweisendes Album "Smoke Rings in the Dark" (1999) entstanden war.
Letztendlich genug Material, um damit auch Druck bei seinem Label zu machen, endlich wieder ein Album zu veröffentlichen. Von den 30 Songs, die aufgenommen worden waren, verblieben schließlich 13 für das finale Projekt. Immer wieder und wieder hatte er sich die Musik angehört, wie er im Gespräch mit soundslikenashville.com die finale Songauswahl erklärte: "Einige sprachen mich [dann immer noch] an, andere verloren ihren Glanz!"
In einem muskalischen Umfeld, in dem Bro-Country keine Rolle mehr spielte, war auch das Label nun endlich bereit, in die Veröffentlichung des neuen Projektes zu starten. Jedenfalls war das der Plan. Dann kam die Pandemie! Es folgten eineinhalb Jahre des Stillstandes, in denen sich Gary Allan zuletzt gar mehrere Monate auf ein Boot in der Dominikanischen Republik zurückzog. Erst als es die ersten Impfungen gab, kehrte der Kalifornier wieder in die USA zurück. Rechtzeitig, um den finalen Veröffentlichungsprozess des neuen Projektes zu begleiten.
25 Jahre nach seinem ersten Album ("Used Heart for Sale", 1996) war es dann am 25. Juni 2021 endlich soweit: das neueste Gary Allan Projekt wurde unter dem Titel "Ruthless" veröffentlicht.
"Da ich für dieses Album soviel Zeit hatte, habe ich die Lieder so oft
gehört, dass ich glaube [am Ende] die besten ausgesucht zu haben. Und ich
sagte mir, dass es dabei nicht wichtig ist, wer sie geschrieben hat."
So findet sich mit 'Pretty Damn Close' nur ein Song auf dem Album, an dem Gary Allan als Songschreiber beteiligt war.
Eine Profession, die sich über die Jahre hinweg stark verändert hat. Während
Gary Allan immer noch auf Gitarre und Notizblock vertraut, nutzt die neue
Generation der Songschreiber längst Laptops, um die
grundlegenden Samples und Beats zu generieren.
Nicht zuletzt durch seine eigene Geschichte (2004 beging seine damalige Frau Selbstmord) fand Gary Allan seine musikalischen Themen immer wieder im Schmerz, in der Enttäuschung und Trauer. Auf "Ruthless" ist es nicht ganz überraschend, nicht mehr das dominierende Thema. "Selbst die etwas dunkleren Songs haben jetzt eine Art von Rock'n'Roll Poesie", bestätigt er im Gespräch mit Sindy Watts von people.com. "Nichts ist wirklich traurig. Ich denke, alle sind einfach ungefiltert und clever. Sie nehmen dich einfach mit. Das sind auch die besten Alben, die einen auf eine Reise mitnehmen, die von allem etwas haben."
Die Leidenschaft für die Musik der 80er, aber ganz speziell der 90er Jahre, spiegelt sich unverkennbar auch im Sound des aktuellen Albums. Da sind unverkennbar traditionelle Country Themen und Instrumentierungen, aber es finden sich auch Heartland Rock Elemente, welche die leicht rauhe Stimme von Gary Allan ganz besonders auf den Punkt bringen.
So liegt am einen Ende des Spektrums das häufig genannte 'Little Glass of Wine' vom 2014 verstorbenen Songwriter Jesse Winchester im übertraditionellen Sound. Am anderen Ende finden sich Songs wie 'Temptation' , über den metalplanetmusic.com schreibt: "Ein riesiges Stück moderner Country Rock mit einem Pop-Chorus und einem Heartland Rock Sound, unterstrichen von weinenden Streichern und einem superben Gitarren Solo dank Studio-Gitarren-Gott Tom Bukovac."
Ebenfalls auf dem Album enthalten ist die Vorab-Single 'Waste Of A Whiskey Drink' und ein viel Aufmerksamkeit generierender Song (siehe Anzahl der aufgerufenen Streams auf Spotify) mit dem Titel 'SEX'. In dem von Matt Jenkins, Nicolle Galyon und Shane McAnally geschriebenen Lied geht es in der Tat um Sex, allerding beschreibt der Text in sehr dezenter Weise die allgegenwärtige Rolle, die diese natürlichste Sache der Welt in unser aller Leben eigentlich spielt, ohne dass man (speziell in den USA) gerne darüber spricht.
Das Album endet mit 'The Hard Way'. Ein Song, dessen düstere Geschichte eine Referenz an Blues Legende Robert Johnson verarbeitet, wurde bereits 2010 von Matt Warren geschrieben, der auch am größten Hit von Gary Allan ('Every Storm (Runs Out Of Rain)') als Songschreiber beteiligt war. Diesmal jedoch verspricht er Hoffnung erst, nachdem man schwere Zeiten durchgestanden hat.
3 Monate nach Erscheinen des neuen Albums ist es leider auch schon wieder vom Medien-Radar verschwunden. Das ist so ernüchternd, wie der Umstand, dass die Single 'Waste Of A Whiskey Drink' in den Radio Charts komplett gefloppt ist. Damit könnte "Ruthless" anstatt zu einem erfolgreichen Nachfolger des Albums "Set You Free" zu werden, nur mehr ein gescheiterter Comeback-Versuch bleiben.
Sollte Gary Allan damit jedoch endgültig den kommerziellen Anschluss verpasst haben, wird das nichts am Umstand ändern, dass er als Künstler ganz besonders live weiterhin gefragt bleiben und sein leidenschaftliches Publikum auch weiterhin auf neue Musik hoffen wird.
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