Balladen & Bangers: Handshakes in Heaven & Learn About Love

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"Was macht einen Banger? Das wichtigste ist der Hook, den man nicht mehr aus dem Kopf kriegt, nachdem man den Song nur einmal gehört hat. Außerdem hat er einen festen Beat, zu dem man sich einfach bewegen muss. Und Wiedererkennung ist ebenfalls ein Schlüssel." (DJ Rinehart / deepinthemix.com, 23. Juli 2023)

King Calaway

"Wenn sich jemand Sorgen macht,
bau ihn auf und mach ihm Mut,
sei der erste, der sich entschuldigt
und sei stark genug, auch eine Schuld zu tragen,
wir brauchen mehr solche Menschen."
(More People / Ryan Lafferty, Simon Dumas, Tina Gemza)


Eine "Mischung aus den Eagles und One Direction", so beschrieb CMA Produzent Robert Deaton Ende 2018 das Ergebnis seiner auf dem Reißbrett entworfenen Musikgruppe King Calaway. Und Jon Loba, Executive Vice President von Broken Bow Records, dessen Sub-Label Stoney Creek Records die Gruppe unmittelbar unter Vertrag genommen hatte, ergänzte voller Begeisterung: "Es gibt nichts dergleichen in der Country Music." 

In den Monaten zuvor waren Talentesucher international aktiv gewesen und hatten schließlich 6 vielversprechende junge Musiker im Alter von 18 bis 27 Jahren zusammengeführt. 4 von ihnen stammen aus den USA, einer aus Schottland und einer gar aus Gibraltar. Alle spielen nicht nur zumindest ein Instrument, sondern alle singen auch und sind es gewohnt, auf der Bühne zu stehen. Und für ihr erstes Album "Rivers", das im Jänner 2019 veröffentlicht wurde, hatte man einige der bekanntesten Songschreiber aus Nashville engagiert, um Songmaterial zu liefern. Was also sollte da noch schief gehen?

Wie sich zeigte - so ziemlich alles!

Denn der Hype, der um die Band aufgebaut wurde, fiel schneller in sich zusammen, als man zu reagieren im Stande war! Es begann mit Pressemeldungen wie der von People Magazine ("Eine neue Boy Band ist in der Stadt - King Calaway!"), die zwar als PR gedacht waren, um die Band von anderen abzugrenzen, die aber völlig nach hinten losgingen. Denn die Vorbereitung kann noch so perfekt sein, am Ende wird ein Künstler vom Publikum zum Erfolg gemacht.

Und ein der Tradition sehr verhaftetes Publikum, wie das im Country, meidet mehrheitlich alles, was von vornherein nach Pop-Musik klingt. Ganz besonders dann, wenn es schon gehypt wird, bevor es sich noch beweisen musste. Und wenn dann auch das Styling der Band das Boy Band Image noch unterstreicht, dann winken viele Fans schon ab, bevor sie noch einen Ton Musik gehört haben. Als dann auch noch die Produktion des Albums diese Befürchtungen zu einem Großteil bestätigte, war der große Traum von den neuen Königen des Country erstmal ausgeträumt.

Die erste Single 'World For Two' schaffte es zwar noch bis auf Platz 50 in den Radio (Billboard Country Airplay) Charts, aber das war's dann auch schon. Die große Sensation zerplatzte, wie eine Seifenblase. Und das obwohl die musikalischen Qualitäten der jung zusammengewürfelten Gruppe mit Sicherheit makellos waren. Selbst die Grand Ole Opry lud sie ein, gemeinsam mit niemand geringerem als Ricky Skaggs ihre stimmlichen Qualitäten an dem Steve Young (Eagles) Klassiker 'Seven Bridges Road' zu demonstrieren.

Überhaupt schien die Band in Musikerkreisen mehr Respekt zu erfahren, als bei Fans. So lud sie niemand geringerer als Garth Brooks persönlich ein, sein Stadion-Konzert in Minneapolis 2019 als Vorgruppe zu eröffnen. Er selbst ging dafür auf die Bühne und stellte sie persönlich mit den Worten vor: "Ich glaube, ich habe das während meiner ganzen Karriere noch nie gemacht, aber ich habe diese 6 Jungs gesehen und wie sie für diese Show heute abend geprobt haben. Und jetzt werden sie für die besten Country Fans der Welt spielen. Ihr habt mir einige der besten Abende meines Lebens beschert und jetzt bitte ich euch, lasst es heute abend zu ihrem besten werden! Ladies and Gentlemen, King Calaway!"


Knapp 2 Jahre später klingen diese Worte wie die "berühmten letzten Worte" über die Karriere von King Calaway. War's das dann wirklich schon? Nicht zuletzt die Pandemie gab allen Beteiligten nochmal die Möglichkeit, diverse Überlegungen anzustellen.

Das überraschende Ergebnis wurde schließlich am 27. August 2021 präsentiert, zweieinhalb Jahre nach Erscheinen des ersten Albums: King Calaway meldet sich in einem zweiten Anlauf mit neuer Musik zurück. Noch ist es ein sachter Neubeginn, aber man versucht, die selben Fehler nicht wieder zu machen.

Die neue Musik ist eine EP mit dem Titel "Midnight". Auf den ersten Blick fällt auf, dass nur mehr 5 Mitglieder auf dem Cover-Foto zu sehen sind. In der Tat hat der Älteste aus der Gruppe, der 29-jährige Jordan Harvey aus Schottland die Gruppe verlassen. Auf den zweiten Blick sieht man keine gestylte Boy Band mehr, sondern 5 junge Männer in zerschlissenen Jeans und Jacken, die so gar nicht mehr nach Pop-Stars aussehen, ja vielmehr fast ein wenig unsicher wirken.

Und die größte Überraschung liefert der zentrale Aspekt, die neue Musik. Leider sind es nur 4 Songs, aber die sind mehr als treffend ausgewählt. Damit positioniert sich King Calaway als Country-Rock Band, die ihren eigenen Sound ohne Studio-Tricks spielt. Hinzu kommt, dass sie 3 der 4 Songs selbst geschrieben haben, ein Ergebnis, das der Band großartig steht.

Wie treffend singen sie doch am Beginn des kraftvollen und eingängigen ersten Song 'Homegrown': "Ja, ich war eine Weile fort, habe verschiedenste Stile gesehen, aber am Ende nur erfahren, was ich ohnehin schon wusste." Nämlich, dass es zu Hause in der Kleinstadt doch am schönsten ist, inklusive der Liebe. Ein Thema, das man in einem radio-tauglichen Country Song schon fast standardmäßig erwartet.

Mehr Menschen, die füreinander da sind, mehr Miteinander, das ist der Appell der schönen Ballade 'More People'. Der dezente Pop-Einschlag, den Keyboad und Stimme bewirken, tun dem Song gut, machen ihn aber dadurch noch lange nicht zu einem Pop-Song. Und poppiger wird es dann auch gar nicht mehr, was lobenswert erwähnt werden kann.

Auch der Midtempo Song 'Heartbreaker' ist von der Gruppe geschrieben und glänzt durch stilvoll gesetzte Instrumentierung, aber auch seinen mehrstimmigen Refrain. Lediglich der letzte Song auf der EP, das rockige 'Good Time To Me', wurde nicht von der Band geschrieben, sondern von gleich 4 namhaften Songschreibern: Charles Kelley von Lady A, Corey Crowder, Interpret Russell Dickerson und dem kanadischen Songwriter/Künstler Steven  Lee Olsen. Und obendrauf gibt es dafür noch die Stimme von Lainey Wilson, die aktuell mit ihrer Ballade 'Things A Man Oughta Know' vor dem Sprung an die Spitze der Radio (Billboard Country Airplay) Charts steht. Ein mehr als gelungener Abschluss für eine viel zu kurze EP!

Mit "Midnight" wagt King Calaway einen Neuanfang, der so viel mehr auf den Punkt ist, als ihr gehyptes Debüt 2019. Denn nun lässt die Band ihre Musik für sich sprechen und verzichtet auf die große P&R-Masche. Man kann ihnen nur wünschen, dass sie diesen Weg weitergehen und dabei auch vom Publikum eine verdiente zweite Chance bekommen!


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