Tagebuch einer Songschreiberin

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"Sei aufgeschlossen und höre es an einem ruhigen Ort. Lass dich mitnehmen. Höre es von Anfang bis zum Ende. Ich hoffe, du lernst ein bisschen über mich oder vielleicht auch über dich. Wir alle versuchen das [Leben] zu verstehen oder brauchen auch mal eine Pause davon. Lasst mich euch dabei helfen." (Lanie Gardner / sweetyhigh.com, 25. Oktober 2024)

Kleinstadt-Heuchler

"Es ist nicht, dass die Kleinstadt heuchlerisch ist. Es scheint einfach nur, dass mich immer Männer angezogen haben, die Träumer waren und sagten: Oh, ich werde von hier wegziehen. Leute, die die Kleinstadt aus irgendeinem Grund hassten und sie dauernd schlecht machten, dann aber nie wirklich gingen."
(Caylee Hammack / americansongwriter.com, März 2020) 

Wenn sie gutgemacht sind, dann erzählen Liedtexte fantasievolle Geschichten über das Leben und ziehen den Zuhörer damit in ihren Bann. Noch berührender ist es jedoch, wenn das Leben selbst die Geschichten zu den Texten schreibt. So wie es bei Caylee Hammack der Fall ist. Denn wenn die demnächst 27-jährige Newcomerin aus Georgia in 'SmallTown Hypocrite' über Kleinstadt-Heuchler [also jemand, der versucht, ein Bild zu vermitteln, zu dem er aber gar nicht steht] singt, dann erzählt sie zugleich auch die Vorgeschichte zu ihrem aktuellen Lebenabschnitt in Nashville.

Und das Stipendium ließ ich ziehen,
als ich mich für dich entschied und Daddy wütend auf mich war.
Ich wurde zu jemand anderem, nur um dich zu lieben
und verdammt - ich habe dich geliebt.
Nahm all meine Pläne und steckte sie in eine Schachtel,
Phantom-Schmerzen für verlorene Flügel,
7 Jahr lange hatte ich alle Ringe in den Katalogen unterstrichen,
aber du hast es nie verstanden,
was für ein Scheiß,
ich bin doch auch nur eine Kleinstadt-Heuchlerin.
(Small Town Hypocrite / Caylee Hammack, Jared Scott)

Sie verzichtete auf das Stipendium für die Belmont University in Nashville und entschied sich für die große Liebe, wie sie jedenfalls glaubte. "Als ich ihm erzählte, dass ich das Stipendium hatte, sagte er, dass er nicht ohne mich weitermachen könne", erzählt Caylee Hammack im Interview mit americansongwriter.com. "Ich dachte wirklich, dass es wahre Liebe ist. Also ließ ich das Stipendium sausen, begrub meinen Traum und konzentrierte mich auf die Beziehung."

Nur wenige Monate später fand sie heraus, dass er ihr nicht treu war. Zu dem Zeitpunkt war das Stipendium bereits verloren und die Chance verpasst. 2013 ging sie dann doch nach Nashville und begann dort Songs zu schreiben und in Kneipen aufzutreten. Nach etwa 2 Jahren bekam sie ihren ersten Vertrag als Songschreiber bei Universal Music Publishing, nur um erneut einen Rückschlag zu erleben. Während ihrer Abwesenheit zerstörte ein Brand ihre Wohnung und damit fast all ihre Habseligkeiten. Aber wieder ließ sie das Leben einen Song daraus schreiben: 'Forged in the Fire'.

Wann lernt ein Phoenix zu fliegen?
Bekomme ich endlich Flügel, wenn ich aufhöre zu fragen warum?
Wie komme ich weiter und lasse das hinter mir,
höre auf festzuhalten, zurückzublicken,
wenn Gott doch so entschlossen ist,
einen Kämpfer aus mir zu machen,
geschmiedet im Feuer.
(Forged in the Fire / Caylee Hammack, Andy Skib, Thomas Finchum)
 

Nachdem Capitol Nashville sie 2018 unter Vertrag genommen hatte, erschien im Jänner 2019 ihre erste Single 'Family Tree'. Der poppige Uptempo-Titel beschreibt ihre Familie mit all ihren unverblümten Unzulänglichkeiten und Spleens (Schwester hat letzte Woche alle Camels, die es im Bezirk gab, geraucht, hat den 7/11 leergekauft, nur nach Nikotin gerochen) und brachte ihr im Frühjahr 2020 mit Platz 32 den ersten Top-40 Hit in den Radio (Billboard Country Airplay) Charts ein.

Im August 2020 erschien dann ihr erstes Album mit dem Titel "If It Wasn't For You". Darauf präsentiert sie nicht nur ihr Talent als Songschreiberin -hat sie doch an allen 13 Titeln mitgeschrieben- sondern beeindruckt auch mit ihrer kraftvollen und vielseitigen Stimme. In hippe Produktion verpackt, gibt sie sich modern und abwechslungsreich. Dazu überrascht sie mit Duett-Partnerin Reba McEntire auf der treffenden Hymne 'Redhead' (Gott schuf die Blonden, Schwarzhaarigen und Brünetten, da kam der Teufel vorbei und sagte: ich glaube nicht, dass du schon fertig bist), während sie Ashley McBryde und Tenille Townes auf 'Mean Something' begleiten.

Inmitten der Pandemie veröffentlicht, blieb ihr nichts anderes übrig, als alle Songs des neuen Album mit einem Auftritt vor leerer Halle zu präsentieren. Seit kurzem kann man diesen Auftritt auf youtube nacherleben. Und damit nicht nur ihre kraftvolle Stimme, sondern auch ihre leidenschaftliche Persönlichkeit. "Ich bin ein Maximalist, in jeder Hinsicht", gesteht sie Rolling Stone Country. "Ich bin auf keinen Fall ein Minimalist, ganz besonders nicht in Sachen Musik".

Dass sie aber doch beides beherrscht, beweist sie unter anderem mit der Cover Version des Soul Klassikers 'Aint' No Sunshine' mehr als eindrucksvoll.


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