Reboot II
Als im Oktober 2007 das Album "Cowboy Town" erschien, war es nicht nur das 10. Studio Album, sondern sollte bis heute auch das letzte Projekt mit neuer Musik von Brooks & Dunn sein. Denn knapp 2 Jahre später (im August 2009) gab das Duo am Ende ihrer The Last Rodeo Tour völlig überrschend seinen musikalischen Rücktritt bekannt. Kix Brooks war 54 Jahre alt und Ronnie Dunn 56.
In fast 20 Jahren hatten die beiden mit über 30 Mio. verkauften Alben Country Musikgeschichte geschrieben. Damit gelten sie nicht nur in der Country Musik als das erfolgreichste Duo, sondern laut manchen Quellen inzwischen auch als das meistverkaufte Duo der Musikgeschichte ganz allgemein.
Aber ganz so einfach lässt sich dann eben doch kein Schlussstrich ziehen. Denn bereits im Juni 2015 kehrten Brooks & Dunn nach einigen Solo-Veröffentlichungen wieder gemeinsam zurück, und zwar auf die Bühne des Colosseum im Caesars Palace in Las Vegas. Zusammen mit Reba McEntire waren sie dort mit ihrer Show Together in Vegas -erfolgsbedingt immer wieder verlängert- bis 2021 zu sehen.Und der Weg von der Bühne ins Studio war dann nicht mehr ganz so weit. So veröffentlichten Brooks & Dunn im April 2019 auch ein neues Studio-Album. "Reboot" beinhaltete zwar kein neues Material, sondern nur neue Duett-Aufnahmen von 12 der bekanntesten Brooks & Dunn Hits, trotzdem stieg es gleich auf Platz 8 in den Billboard 200 Pop Charts ein. Und es ließ das legendäre Duo im Rahmen ihrer Reboot Tour von 2021 - 2024 wieder auf die Konzertbühnen Nordamerikas zurückkehren.
Als das Duo schließlich am 15. November 2024 das Projekt "Reboot II" veröffentlichte, war im ersten Moment nicht ganz klar, ob dies nur eine Wiederholung des 2019er Albums war. Immerhin tauchten 6 Titel aus "Reboot" erneut auf "Reboot II" auf. Aber auch 12 weitere Songs aus dem 2 Jahrzehnte umspannenden Repertoire von Brooks & Dunn.
Im Interview mit
iHeartCountry
erklärten die beiden die Entstehung, sowie die Spielregeln für das neue
Projekt.
"Ich hätte nie gedacht, dass wir 'Reboot II' machen würden," betonte
Ronnie Dunn.
"Das war nie geplant. Es war vielmehr das Herzensprojekt unseres Managers.
Nachdem 'Reboot' so erfolgreich war, wollte er 'Reboot II' machen. Und er
betonte, dass Sony dahinter stand und dass es ein unbeschränktes Budget
dafür gäbe."
Gleichzeitig sollte es kein Abklatsch des ersten Albums sein, sondern vielmehr
ein Projekt ohne Vorgaben:
"18 Interpreten, 18 verschiedene Songs und jeder konnte sich selbst
aussuchen, welchen Song er mit welchem Arrangement aufnehmen wollte. Wir
trafen uns erst im Studio und stimmten dort ab, wie B&D ein Teil davon
sein sollten. Aber grundsätzlich lag der Löwenanteil am Endergebnis des
Songs bei den anderen Künstlern."
"Sie konnten ihre eigene Band verwenden, ihren eigenen Produzenten oder aber unseren Produzenten und unsere Studio Band," ergänzte Kix Brooks. "Es gab alle Varianten. Aber die meisten kamen mit ihrer eigenen Band and sie hatten den Song bereits im Vorfeld so geprobt, wie sie ihn aufnehmen wollten. So hatten wir schon ein gutes Stück des Weges zurückgelegt [als wir uns im Studio trafen]."
Das fertige Ergebnis überzeugt mit einer erfrischenden Vielseitigkeit und ist gleichzeitig Beweis für die Langlebigkeit der Musik von Brooks & Dunn. Oder wie Ronnie Dunn es bei billboard.com formulierte: "Ich denke daran, welches Glück wir haben, Songs zu besitzen, bei denen man auf den Chamäleon-Knopf drücken kann und sie wechseln die Farbe und laufen weiter."
Das Album beginnt mit 'Play Something Country', im Original aus dem Jahr 2005 und dem Album "Hillbilly Deluxe", geschrieben von Ronnie Dunn und Terry McBride. "Lainey [Wilson] war die erste, die mit uns ins Studio ging und sie kam von Kopf bis Fuss inkl. Glockenhose im Flammen-Outfit [vom Cover des zweiten Brooks & Dunn Albums]," schmunzelte Kix Brooks. Gemeinsam geben sie dem Song einen dezenten ZZ-Top Sound.
Ganz im traditionellen Sound interpretiert Morgan Wallen dann 'Neon Moon', die dritte Single aus dem ersten Album von B&D aus dem Jahr 1993. Lediglich der sanfte Klang einer spanischen Gitarre hebt das Arrangement vom Original ab.
Funkigen Blues-Rock bringt Marcus King zu dem bereits im Original aus dem Jahr 1993 sehr rockigen 'Rock My World (Little Country Girl)'. "Als wir noch am College waren, habe ich für endlose Gitarren-Soli gelebt," schwärmt Ronnie Dunn. "Deshalb war es so erfrischend das wieder zu hören, ganz besonders in Nashville."
Zu einem ganz besonderen Highlight macht Megan Moroney 'Ain't Nothing 'Bout You' (2001) mit ihrer Interpretation. Produziert von Kristian Bush, wird der Song zu einer Piano-Ballade im Emo-Cowgirl-Stil. "Wir hatten den Titel definitv nie als Ballade gesehen", betonte Ronnie Dunn bei esquire.com.
Das großartige 'Believe' (2005) setzt noch ein Stück Emotionalität drauf, wenn Jelly Roll und ein 60-köpfiges Orchester den Song mit Brooks & Dunn singt.
'She Likes to Get Out Of Town' ist ein Deep-Cut ebenfalls aus dem Album "Hillbilly Deluxe" (2005),
der die Rock-Seite von Brooks & Dunn zeigt und von Kix Brooks und
Bob DiPiero geschrieben wurde.
"Ich wollte Jaren [Johnston] für das Projekt, denn ich liebe The Cadillac
Three", betonte Kix Brooks bei
musicrow.com.
"Ich war gespannt, was sie sich einfallen lassen würden und dann
starteten sie diesen Swamp-Groove und ich war fassungslos. Ich war total
begeistert, nahm meine Mundharmonika stieg mit ein."
Das Ergebnis ist ein neuer Song.
Kein Song ist mehr mit Brooks & Dunn verbunden, als 'Boot Scootin' Boogie' aus ihrem Debüt-Album "Brand New Man" von 1992. Er wurde zu ihrem vierten Nummer-1 Hit in Folge, sorgte für eine Renaissance des Line-Dancings in Amerika und darüber hinaus, wurde auf dem Nachfolge-Album "Hard Workin' Man" in einer 6 1/2 Minuten Club Mix Version neu veröffentlicht und war die traditionelle Zugabe bei den Live-Shows.
"Das ist die Version, vor der ich mich am meisten fürchte, auch wenn ich liebe, was sie daraus gemacht haben", sagt Ronnie Dunn bei grammy.com. "[Dabei] hatte ich die verrückte Idee unseren Manager anzurufen, ob wir jemanden wie Metallica für ein Cover des Songs kriegen könnten." Geworden ist es dann die Hardrock/Metal Band Halestorm mit Sängerin Lzzy Hale.
"Sie waren gerade aus London zurück, wo sie in der [mit 20.000 Besuchern ausverkauften] OVO Arena Wembley gespielt hatten, als sie zu uns ins Studio kamen," erzählt Kix Brooks. "Trotzdem waren sie vorbereitet und hatten den Song so einstudiert, wie sie ihn spielen wollten. Ich kann mich erinnern, dass Dan an der Konsole über das ganze Gesicht grinste und sagte: die sind so verdammt gut!"
"[Lzzy Hale] kann singen, als hätte sie mit einer Kettensäge gegurgelt," fügte Ronnie Dunn hinzu. "Und trotzdem kann sie am nächsten Tag wieder auftreten."
Auch Hardy machte aus 'Hillbilly Deluxe' eine Screaming-Metal Version, während The Earls of Leicester am anderen Ende des musikalischen Spektrums 'How Long Gone' (1998) in einer Bluegrass Version einspielten.
Dazwischen formte der Grammy-prämierte Christone "Kingfisher" Ingram 'Hard Workin' Man' mit dem Blues seiner Gitarre, während Corey Kent das Projekt mit dem 9/11-Thema von 'Only In America' (2001) im Singer-Songwriter Stil beschloss.
Kix Brooks ist inzwischen 69 und Ronnie Dunn 71 Jahre alt, aber ihre Leidenschaft für Musik brennt wieder wie eh und je. Für 2025 hat das Duo bereits die Neon Moon Tour angekündigt und in Interviews haben die beiden kommende neue Musik bereits bestätigt.
"Ich kenne niemanden in meiner Generation von Country Künstlern, die sagen könnten, die beiden hätten keinen Einfluss auf das gehabt, was sie heute tun," betont Lainey Wilson. "Sie waren der Soundtrack zu meiner Kindheit."
Und Kix Brooks fasste erst unlängst den Status von Brooks & Dunn in einem Interview zusammen, als er sagte: "Bei einem Auftritt letztes Jahr schaute ich ins Publikum und sah wie jung es aussah. Also fragte ich: wie viele von euch sind auf eurem ersten Brooks & Dunn Konzert? Fast 70% des Publikums hoben ihre Hände."
"Ich sagte: wow - willkommen auf der Party!"
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