Unterwegs mit dem Teufel
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In den Radio (Billboard Country Airplay) Charts vom 12. April 2024 steht Bryan Martin aus dem US-Bundesstaat Louisiana nach 28 Wochen mit seiner ersten Radio-Single auf Platz 17. Sie trägt den Titel 'We Ride' und ist bereits Ende Oktober 2022 auf dem Indie Label Average Joes Entertainment erschienen. Dass der Song rund eineinhalb Jahre später zu einem Top-20 Radio Hit wird, kommt für alle überraschend. Aber mehr als 163 Mio. Spotify Streams sprechen eine klare Sprache. Denn das sind mehr Streams, als die meisten Nummer-1 Hits vorweisen können!
Mit feuriger Stimme singt Bryan Martin unter anderem über einen 1988er Chevrolet Blazer. Es ist sein erstes Auto und hat ihn in seinem bisherigen Leben ebenso begleitet, wie der Teufel, von dem er singt. Allerdings handelt es sich dabei weniger um eine Metapher für das Böse, sondern vielmehr um eine Umschreibung für die Versuchungen, Herausforderungen und Abgründe im Leben, die einen zu oft daran verzweifeln lassen.
Im ersten Moment wirken die Themen, denen sich Bryan Martin in seiner
Musik widmet, als wären sie für ein bestimmtes Zielpublikum geschrieben,
welches sich im Künstler wiederfindet. Ein Künstler, der in einfachen
Verhältnissen in einem Trailer aufgewachsen ist, in der frühesten Jugend das
Jagen und Fischen ebenso gelernt hat, wie das Schreiben von Songs, und es
nicht weiter, als bis in die Arbeiterklasse auf den Ölbohrfeldern von
Louisiana gebracht hat.
Aber wer Bryan Martin zuhört, wird rasch feststellen, dass er nicht nur authentisch ist, sondern dass die Themen, der durchwegs selbst geschriebenen Songs, seine eigenen sind. Auf seiner Homepage wird er mit den Worten zitiert: "Wenn ich versuchte, meine Narben zu verstecken oder mir eine Maske aufzusetzen, dann würde ich genau das tun, was ich niemals tun wollte. Ich trage diese [emotionalen] Narben und ich lerne, besser damit zumzugehen. Der Grund, warum ich sie nicht verberge, ist, weil die Menschen wissen sollen, dass es keinen Unterschied zwischen mir und ihnen gibt."
Die Narben, von denen er spricht, sind die Themen, die er erst überwinden
musste, um da zu stehen, wo er heute ist. Als Sue Bonzell von
upncountry.com
ihn im Interview aufgrund dessen als Vorbild für viele hinstellen wollte,
antwortete er mit einem verlegenen Lächeln:
"Wenn ich ein Vorbild sein soll, dann macht bitte nicht das, was ich
gemacht habe, sondern hört euch lieber meine Songs und Geschichten an."
Denn sein bisheriges Leben umfasst nicht nur den aktiven Rodeo- und Football-Sport, sondern auch Verletzungen, die ihn schließlich zum Aufgeben dieser Träume zwangen. Und aus der Flucht in Schmerzmittel wurde schnell eine Sucht, die in den letzten Jahren in den USA mehr als eine halbe Million Opfer gefordert hatte. Als sein Versuch scheiterte, die Sucht bei der U.S. Army in den Griff zu bekommen, kehrte er am Boden zerstört nach Logansport in Louisiana zurück und wollte dort seinem Leben ein Ende machen. Aber zum Glück ging der Selbstmordversuch schief. Aber noch nicht genug, folgte ein schwerer Verkehrsunfall, bei dem er Gehirnverletzungen davontrug.
Wer diese Geschichte kennt, wird auch seine Songtexte mit anderen Augen lesen. "Ich habe gelernt, Lieder zu schreiben und es als eine Form des Heilens zu erleben", sagt er im Interview mit people.com. "Und wenn ein solches Lied jemandem anderen bei seinem Heilungsprozess helfen kann, dann habe ich gemacht, was ich tun kann."
2018 veröffentlichte er mit 'Oil Is Thicker Than Blood' seinen ersten Song, der von der harten Arbeit in den Ölfeldern von Louisiana erzählt. Ein Thema, das er auf seinem ersten Album 2019 ("If It Was Easy") mit dem Song 'Oilfield Dad' noch vertiefte:
Nach seinem Einstieg in die sozialen Medien 2021 (speziell TikTok), wurde das Liebeslied 'Beauty in the Struggle' zu einem ersten viralen Hit. Heute kann der Titel fast 54 Mio. Streams auf Spotify vorweisen, ohne jemals in den Charts aufgetaucht zu sein.
Der Song wurde zentraler Teil seines zweiten Albums, das im April
2022 unter dem ernsten Titel "Self Inflicted Scars" erschienen
ist. Darauf befindet sich auch 'More Than The Shine', das von den bitteren Erfahrungen beim Rodeo erzählt. Nämlich, dass niemand
den Schmerz abseits des glänzenden Siegers sieht. Mit mehr als 45 Mio.
Spotify Streams steht der Song nicht nur für Bryan Martin's persönliche
Rodeo-Erfahrung, sondern auch als Metapher dafür, dass es im Leben nicht nur
Sieger geben kann.
Mit den Worten: Whiskey und Codeine, das war das Gift meiner Wahl, blickt er im Song 'Lost' auf seine Abhängigkeit zurück. Und es ist eine mahnende Warnung, wenn er sagt: wir sind auf der gleichen Straße wie der Teufel, [denn] ich habe seine Hand geschüttelt.
Ende März 2023 erscheint dann sein drittes und aktuelles Album mit dem Titel "Poets & Old Souls". Darauf findet sich das bedrohlich-beissende 'Wolves Cry', mit dem Bryan Martin seine einfache Herkunft beschreibt und den Stolz, den er damit verbindet:
Mit dem wenig hoffnungsvollen 'Never Coming Home' umschreibt er dann
seine Empfindungen über die Mühen und die Zerrissenheit zwischen dem Leben
unterwegs als Musiker und einer Familie, die er dabei zurücklassen muss:
Man nennt es für seinen Lebensunterhalt spielen,
Und schließlich beinhaltet das Album auch eine akustische Version des aktuellen Hits, 'We Ride', das so viele Aspekte von Bryan Martin auf den Punkt bringt. Sein Label Average Joes Entertainment fasst ihn mit den Worten zusammen: "Als Songschreiber hat er inzwischen einen mannigfaltigen Katalog von über 3.000 Liedern erarbeitet, die von traditionellem Country, über Southern Rock und Outlaw Country bis zu Country Gospel reichen."
Kein Wunder also, dass ihn Eddie Montgomery (der beim gleichen Label unter Vertrag ist und Teil des legendären Duos Montgomery Gentry war) im November 2023 einlud, gemeinsam den Titel 'Cost of Being Me' aufzunehmen. "Wenn ich nur halb so viel hätte, wie ich verloren habe, dann würde es mir ein wenig besser gehen", singen die beiden darin.
Es ist ein immerwährendes Abmühen, eine nie endendwollende Suche nach dem Glück im Leben, das nicht mehr ist, als doch nur ein über-die-Runden-kommen. Es gibt keine Sicherheit, sondern nur ein alles-auf-eine-Karte-setzen , wie Bryan Martin es in seinem neuesten Song 'Goin For Broke' zusammenfasst:
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