Balladen & Bangers: Handshakes in Heaven & Learn About Love

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"Was macht einen Banger? Das wichtigste ist der Hook, den man nicht mehr aus dem Kopf kriegt, nachdem man den Song nur einmal gehört hat. Außerdem hat er einen festen Beat, zu dem man sich einfach bewegen muss. Und Wiedererkennung ist ebenfalls ein Schlüssel." (DJ Rinehart / deepinthemix.com, 23. Juli 2023)

Bruchlandung

"[Auch wir] farbige Menschen lieben Kacey Musgraves und Chris Stapleton, unabhängig von ihrem Genre, weil wir wissen, dass ihre Musik - mit ihren unübersehbaren Ansätzen von R&B, Gospel und Soul - eine der besten ist, die es gibt. Das ist der makellose Standard, den [auch] ich erreichen möchte."
(Madeline Edwards / tennessean.com, 23. Juni 2022)

Es widerspricht jeglicher Erfahrung, die aufstrebende Künstler in Nashville typischerweise machen. Nicht umsonst trägt die Stadt den Beinamen 10-Jahre Stadt, weil es im Schnitt 10 Jahre harter Arbeit bedarf, ehe man hier den Durchbruch (oder auch nur den Abschluss eines Major-Label Plattenvertrags) schafft. Trotzdem unterschrieb Madeline Edwards Anfang Oktober 2022 einen Platten-Vertrag mit Warner Music Nashville.

Und das, obwohl die 29-jährige Künstlerin erst im Februar 2021 nach Nashville gekommen war. Dabei ist das nicht das einzige Ungewöhnliche an ihrem bisherigen Werdegang. Denn als Tochter gemischtrassiger Eltern in Kalifornien aufgewachsen, entdeckt sie als Teenager erstmal ihre Liebe zur Jazz-Musik. "Ich erinnere mich daran, Ella Fitzgerald gehört zu haben, als ich klein war", erzählte sie im Interview mit countrynow.com im Jänner 2022. "Und ich wusste, dass Musik das war, was ich für den Rest meines Lebens tun wollte."

Nach der Trennung ihrer Eltern geht sie nach Texas, wo sie schließlich ihre ersten öffentlichkeitswirksamen Musikschritte macht: Auftritte in Clubs und erste Veröffentlichungen eigener Songs. Im Sommer 2016 erscheint eine erste bluesig-soulige, im Jazz verwurzelte EP ("Light Out") mit 4 Songs, auf der sie bereits mit ihrer wandelbaren Stimme zu glänzen vermag. Eine Stimme, die stellenweise sogar an Amy Winehouse ('Give a Little Bit') erinnert.

Es folgen Songs, mit denen sie sich mehr ins Soul und Pop Territorium bewegt und im Juni 2021 veröffentlicht sie schließlich eigenständig eine zweite EP mit dem Titel "The Road". Darauf befasst sie sich mit der persönlichen Hinwendung zum Glauben. Und so geht es im hoffnungsvollen und gleichzeitig eingängigen Titelsong nicht um einen menschlichen Partner, wenn sie singt: wenn ich mich verloren fühle, dann machst du alles wieder gut. Ein Thema, das speziell in den USA immer ein großes Publikum findet, was sich an den aktuell über 6,6 Mio. Spotify Streams des Liedes auch erkennen lässt.

"Ich wollte ein Gospel-Pop Projekt machen", schrieb sie dazu auf Instagram. "Ich wollte außerdem, dass jedes Lied darauf mit meiner Lebensgeschichte zu tun hat und eine Reflexion meiner Beziehung zu Gott ist. Inklusive dem Guten, dem Schlechten und dem Hässlichen. Ich schrieb darüber, ein Christ zu sein und sich inmitten eines Traumas an Gott zu wenden und keine Antwort zu erhalten. Ich schrieb darüber, wie es ist, mit Missbrauch in der Familie zu leben und Gott als einen Ersatzvater anzunehmen. Und ich schrieb einen Song wie 'The Road', um mich daran zu erinnern, niemals den Glauben zu verlieren."

Im November 2021 betritt sie schließlich erstmals die öffentliche Bühne der Country Music, als sie gemeinsam mit den beiden farbigen Musikerinnen Mickey Guyton und Brittney Spencer bei den CMA Awards einen Titel singt. Etwa zur gleichen Zeit veröffentlicht sie mit 'Best Revenge' ihren ersten Country Song, wie sie auf Instagram schreibt. Ein Lied über die Verarbeitung einer Trennung, bei dem sie wie bei all ihren Songs, als Songschreiberin selbst beteiligt ist.

In 'Port City' setzt sie sich im März 2022 mit ihrer Entscheidung von Houston in Texas nach Nashville in Tennessee zu ziehen, auseinander. "Es ist die Geschichte meiner Übersiedlung, um meinen Träumen zu folgen. Jeder geht im Leben mal ein Risiko ein und vertraut darauf, dass es gut geht. Egal, ob groß oder klein - dieses war mein erhoffter Vertrauensvorschuss."

Als im Juni 2022 der Song 'Why I'm Calling' erscheint, ist er auch ihrer Mutter gewidmet, die nach wie vor in Kalifornien lebt. Diese fliegt im August 2022 nach Nashville, um ihre Tochter bei deren erstem Auftritt in der Grand Ole Opry zu erleben.

Jemanden zu hören, der mich so gut kennt,
ich mich nicht lange erklären muss,
man über alles sprechen kann,
das bedeutet mir alles.
(Why I'm Calling / Madeline Edwards, Seth Mosley, Trannie Anderson)

Bei diesem Auftritt in der Opry singt sie einen neuen Song ('The Wolves'), der noch im August veröffentlicht wird und zu einem zentralen Song des kommenden Studio-Albums werden soll.  "Ich habe vor nichts Angst, ich laufe nicht davon" singt sie selbstbewusst im motivierenden Refrain des gemeinsam mit Emma-Lee Doty und Gavin Slate geschriebenen Songs.

"Leute schreiben mir: Ich kämpfe mit Depressionen, aber wenn ich das Lied spiele, fühle ich mich, als könnte ich es mit der ganzen Welt aufnehmen!", sagt sie bei Apple Music. "Das ist super motivierend, denn genau das macht der Song auch für mich."

Dann, nur knapp ein Monat nach Vertragsunterzeichnung mit Warner Music Nashville erscheint am 4. November 2022 bereits ihr erstes Studio-Album in voller Länge. Es beinhaltet 12 Songs, die alle unter Mitwirkung von Madeline Edwards als Songschreiberin entstanden sind. Das Projekt trägt den ungewöhnlichen Titel "Crashlanded". Aber es ist keine Vorhersage zum kommerziellen Erfolg des Albums, sondern der zugehörige Song erzählt vom Chaos in der Welt da draußen und dem Gefühl, ein Alien auf dem eigenen Planeten zu sein.

Bruchlandung,
in einer Welt, in der ich nicht leben möchte,
ein Ort, an den ich nicht gehöre,
kann mir nicht helfen, es fühlt sich an, als wäre jede Vernunft verloren.

(Crashlanded / Madeline Edwards, Emily Weisband, Seth Mosley)

 
Das Midtempo 'How Strong I Am' macht Mut, nicht vor Dingen zu kapitulieren, die man erst rückblickend verstehen kann, während die Stimme von Madeline Edwards wie ein Leuchtturm das Dunkel erhellt:
Wenn ich mich nicht verliebt hätte, wäre mein Herz nicht gebrochen,
vielleicht schließen sich Türen, damit sich andere öffnen,
alle Dinge, die ich nicht verstehe,
vielleicht gehören sie nur zu einem größeren Plan,
wenn ich keinen Schmerz kennen würde,
wüsste ich nicht, wie stark ich bin.
(How Strong I Am / Ross Copperman, Kate York, Madeline Edwards)

Das dramatische 'Hold My Horses' erzählt von den inneren Dämonen, die sich manchmal nicht zähmen lassen, während die junge Ehe in 'Heavy' zum hoffnungsvollen Zufluchtsort wird. In der ersten offiziellen Single 'Mama, Dolly, Jesus' stellt Madeline Edwards klar, was für sie die wichtigsten Dinge im Leben sind, auf deren Meinung sie am meisten gibt. Ein Selbstbewußtsein, dass sie sich selbst erst erarbeiten musste.

Das Album endet mit einem unerwartet positiven Ausblick in 'Too Much Of A Good Thing'. Was wenn gute Dinge vielleicht doch wahr werden? Was, wenn du nahe an der Sonne fliegen kannst und deine Flügel schmelzen nicht? Was wenn für-immer nicht nur zu einem Ring im Pfandgeschäft wird?

Madeline Edwards liefert ein selbstbewusstes Projekt, das sich musikalisch aus den Bausteinen ihrer eigenen Musikgeschichte zusammensetzt - modern, dramatisch und nachdenklich - sich aber gleichzeitig in die Country Tradition des Geschichtenerzählens perfekt einzufühlen vermag. Denn sie versteht, dass "Country Musik die letzte Kunstform des Geschichtenerzählens ist", wie sie The Tennessean gegenüber betont.

Im Interview mit Medien-Persönlichkeit Bobby Bones im November 2022 fasst sie nicht nur ihren eigenen Werdegang zusammen, sondern gewissermaßen auch das Projekt "Crashlanded", wenn sie sagt: "Ich habe mit Jazz begonnen, mich in den Soul bewegt, ein wenig mit Pop experimentiert, mich mit Western Musik auseinandergesetzt und jetzt bin ich hier in der Country Music."

"Es ist eine große Ansammlung all dieser Stilrichtungen. [Und deshalb] weiß ich ganz genau, was mein Sound ist und was ich in meinen Texten sagen möchte. Am Ende soll es immer noch einfach zu verdauen sein, aber trotzdem Tiefe haben und in sich gehen."


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