F-150
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Dass Warner Music Nashville im Oktober 2020 Robyn Ottolini unter Vertrag genommen hat, ist ja an und für sich noch nicht so ungewöhnlich. Schon eher der Umstand, dass die 25-Jährige Kanadierin ist. Aber dnann wird es wirklich nicht alltäglich. Denn das, wofür andere Künstler jahrelange Arbeit mit unzähligen Auftritten investieren, gelang Robyn Ottolini ohne überhaupt in Nashville gewesen oder dort aufgetreten zu sein.
Allerdings könnte man das ganz nüchtern auch der Zeit zuschreiben, in der wir uns gerade befinden. Denn die ist nicht nur durch eine Pandemie bedroht, sondern auch immer intensiver durch verschiedenste Ausprägungen sozialer Medien bestimmt. Und so darf es nicht verwundern, dass diese sozialen Medien auch immer mehr ins Augenmerk der Musikindustrie rücken. Im speziellen Fokus steht dabei seit einigen Monaten die Plattform TikTok.
Mit rund 800 Mio. Nutzern, bietet sie nicht nur eine globale Plattform, sondern gibt Talentsuchern auch die Möglichkeit, potentielle Stars von morgen optisch und musikalisch zu beobachten. Und wie diese beim Publikums ankommen, das gibt's auch noch gleich mitgeliefert. Denn Teilen und Folgen in entsprechender Zahl kann in kürzester Zeit einen viralen Hit produzieren. Jedenfalls in den sozialen Medien! Aber wer sagt, dass das nicht auch außerhalb dieser künstlichen Welt funktionieren kann?
Genau dieser Versuch läuft gerade mit Robyn Ottolini, die auf Facebook über sich schreibt: "Ich mache Musik und lache zu viel. Tut mir leid, tut mir nicht leid". Als ihr Lied über einen Ford F-150, -den ihr Freund fuhr, bevor er sie versetzte und der sie nun immer schmerzhaft an ihn erinnert, auch wenn es gar nicht seiner ist- auf TikTok viral ging - packte Warner Music Nashville kurzentschlossen zu und bot ihr einen Major Label Plattenvertrag an. Dieses Angebot wollte die junge Künstlerin dann doch nicht ausschlagen, auch wenn sie pandemie-bedingt, den Vertrag nur von zu Hause aus unterschreiben durfte. Somit also ohne überhaupt in Nashville gewesen zu sein!
Das alles trug sich im Herbst 2020 zu, nachdem Robyn Ottolini den Song bereits im Frühjahr 2020 gemeinsam mit Erik Fintelman und Mark Schroor geschrieben und im Sommer auf TikTok veröffentlich hatte. Und seitdem wird fieberhaft an der Karriere der aus der Nähe von Toronto (Uxbridge, Ontario) stammenden Künstlerin, gearbeitet. Das führte schließlich dazu, dass am 16. Februar 2021 'F-150' als ihre erste offizielle Radio-Single veröffentlicht wurde.
Bereits im Dezember ist das Video zum Song erschienen und seitdem wird aus
allen PR-Rohren gefeuert. Das Video listet inzwischen über 1,5 Mio. Zugriffe
auf youtube und der Song verzeichnet auf Spotify über 8,5 Mio.
Streams. Den Titel gibt es inzwischen in einer Acoustic- und einer
Remix-Version. Und zu ersterem ist am 12. Februar 2021 auch ein
zugehöriges Video erschienen. All das generiert Zahlen, die nicht nur monetäre
(Streaming-) Effekte haben, sondern der Single auch in den Charts nach
oben helfen.
Was Warner Music Nashville zweifellos die Entscheidung leichter machte, war der Umstand, dass Robyn Ottolini keine Anfängerin ist. Denn ihr Lebenslauf weist nicht nur bereits 2 eigenständig veröffentlichte EPs auf, sondern auch eine Nominierung der CMA Ontario für den Rising Star 2019 aus. Man hat also sehr wohl zweimal hingeschaut und nicht einfach die Katze im Sack gekauft, weil sie einen viralen TikTok Hit hat. Stilistisch repräsentiert Robyn Ottolini wohl sehr treffend das junge Publikum von heute, indem sie Country mit Hip-Hop Elementen a la Sam Hunt verquickt, über Beziehungsprobleme singt und sich dabei kein Blatt vor den Mund nimmt.
Auf ihrer Homepage lässt sie über sich schreiben, dass dich ihre Musik entweder wütend machen wird, oder du sie lieben wirst. So hat sie schon 2019 Songs mit Titeln wie 'Good Shit' (ich habe mehr Spaß im Bett ohne dich) oder 'Fckboy' (ich habe genug von deinem Scheiß, du bist ja doch nur ein fuckboy) (persönliche) Beziehungsthemen sehr unverblümt angesprochen. Aber es gibt auch die Seite, in der sie von einer verzweifelten Verliebtheit in den Nachbarsjungen singt, der sie nicht wahrzunehmen scheint ('Girl Next Door'). Mit all diesen Themen spricht sie wohl ähnlich wie eine Taylor Swift es tut, vielen jungen Frauen aus der Seele. Und letztendlich ist die Musik, die sie bisher eigenständig vorgelegt hat, durchaus eingängig.
Man darf also gespannt sein, welche Auswirkungen der Plattenvertrag auf ihre weitere musikalische Entwicklung haben wird. Mit Sicherheit hat sie das Potential ein vorallem junges Publikum breitflächig anzusprechen. Und entschärft damit gleichzeitig das große Risiko, das Warner Music Nashville auf den ersten Blick mit ihrer Verpflichtung eingegangen ist, ganz beträchtlich.
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