"Ich würde die 'Angst' zerschmettern,
mit bloßen Händen 'einsam' erwürgen.
Ich würde den 'Hass' erhängen,
sodass er nichts mehr sagt,
wenn ich nur ein Wort umbringen könnte."
(Kill A Word / Erich Church, Jeff Hyde, Luke Dick)
Joe C. Was war das wieder für ein besch...eidener Tag heute! Irgendwie hatten heute alle keine Lust auf konstruktiv und gut-drauf. Und manche könntest dafür umbringen - im übertragenen Sinn natürlich nur.
Tom So schlimm war's bei mir zum Glück nicht. Aber ich weiß, was Du meinst!
Joe C. Dann kannst Du mir ja gleich mal erklären, was das für ein wirrer Titel das für einen Blog-Eintrag ist! Wörter umbringen? Mir scheint, Du hast auch ein paar agressionsinduzierende Erlebnisse gehabt heute.
Tom (
lacht) Nein, gar nicht. Das ist doch nur der Titel der neuen Single von
Eric Church aus seinem aktuellen Album
Mr. Misunderstood. Nachdem der Titelsong als erste Auskopplung nur bis auf Platz 15 in den
Billboard Hot Country Song Charts kam, hat er mit '
Record Year' einen echten
Nummer-2 Hit nachgelegt. Und nun folgt der dritte Streich.
Rolling Stone Country gegenüber hat
Eric Church gesagt, dass er es bereut hätte, wenn er '
Kill a Word' jetzt nicht als Single veröffentlicht hätte.
"Ich weiß nicht ob ich je wieder so eine Chance bekommen hätte. Das Lied ist jetzt so relevant für das was im Moment passiert, dass ich glaube, die Welt sollte es hören".
Joe C. Klingt das aber dramatisch! Oder einfach nur nach großem Marketing! Ein Country Stück, das ohne Cowboyhut am Lagerfeuer auskommt? Gibt's denn das?
Tom Ja, das gibts schon länger. Aber es ist insofern etwas ungewöhnlich, dass kommerzielle Country Music meist einen Bogen um sozialkritische Themen macht. Das findet sich dann wohl eher in anderen Genres wie Rock, Rap oder Folk. Im allgemeinen geht es eher um Geschichten aus dem Leben. Und die Liebe spielt natürlich eine zentrale Rolle. Oder auch nur um das Gefühl, dass man nach einem langen Arbeitstag hat, an dem man es niemanden Recht machen konnte. Das könnte sogar Dir bekannt vorkommen.
Joe C. Erinnere mich nicht ...
Tom Kenny Chesney's letzte Single '
Noise' hatte ja auch ein wenig versucht, ein sozialkritisches Statement abzugeben. Ebenfalls sehr zeitrelevant. Der Informations-Overload, der uns täglich zudröhnt. Und die Priorität der elektronischen Medien.
Joe C. Ja zum Glück. Sonst müssten wir ja auch noch miteinander reden. Aber dank
Pokemon Go entdeckt die Menscheit jetzt wenigstens wieder, dass es auch eine Welt da draußen gibt. Obwohl, die Welt da draußen ist ja eh nur eine Abbildung von
Google Maps. Und das nicht immer präszise! Manchmal sind die Dinge gar nicht da, wo sie eigentlich sein sollten!
Tom Nicht nur Europa ist gespalten, sondern auch die USA, mehr denn je. Eine dualistische Präsidentenwahl mit 2 Kandidaten, die mehr Dilemma als Lösung zu sein scheinen. Dazu Rassenspannungen und aufkochende Gewalt, die mehr als alltägliche Schlagzeilen macht. Das lässt auch einen
Eric Church nicht kalt, der ohnehin jemand ist, der sich nicht den Mund verbieten lässt:
"Es herrscht im Moment eine sehr aufgeladene Stimmung. Wir haben zwei Kandidaten und ich traue keinem von ihnen. Für mich ist das ein Auslöser für die Wut, die wir teilweise sehen. Und damit müssen wir als Nation sehr vorsichtig umgehen."
Joe C. Und warum will er deshalb Wörter umbringen?
Tom Jemand hat '
Kill a Word' als Anti-Hass Ballade bezeichnet. Also so etwas wie das Gegenstück zum Anti-Kriegsfilm. Denn im Text formuliert
Eric Church den Wunsch, negative Worte auszurotten. In der Hoffnung, damit auch das zu eliminieren, wofür es dann keine Worte mehr gibt. Denn wie oft zeigen sich die Wurzeln des Bösen, oder um es weniger dramatisch zu formulieren, begründet sich der Kern des Übels in ersten Aussagen. Zuerst war das Wort, heißt es ja auch in anderem Zusammenhang. Und Worte, erstmal ausgesprochen, lassen sich auch nicht wieder zurücknehmen.
Joe C. Also Mord am Wort durch Robin von der Kirche.
Tom Sozusagen. Aber mit ernst gemeinter, positiver Intention. Und der Betonung, dass körperliche Schmerzen vergehen können, Worte aber viel tiefer weh tun können. Deshalb wird das Lied fast zum Paradoxon, wenn die Worte, die verwendet werden, um die schlechten Worte zu eliminieren, selbst voller Brutalität sind.
"Ich würde der 'Versuchung' die Zähne ausschlagen,
ich würde das 'Böse' verstümmeln, es verbluten lassen.
Dann würde ich die 'Niedertracht' in Brand setzen
und zusehen wie sie verbrennt."
Joe C. Das klingt ja gar nicht nach romantischer Lagerfeuermusik. Ob ich da heute gut schlafen werde können?
Tom Dann schau Dir vielleicht das
Video an, auf dem
Erich Church u.a. mit
Smokey Robinson und
Aloe Blacc den Titel präsentieren. Das war anlässlich von
Shining A Light: A Concert for Progress on Race in America aus dem November 2015. Ein offizielles Video zur Single gibt es ja noch nicht.
Und ich hoffe, dann klappt es doch noch mit dem wohlverdienten Schlaf. Und das nächste Mal sprechen wir vielleicht nicht mehr über so ein anspruchvolles Thema - um diese Zeit!
Joe C. Da wäre ich Dir durchaus zu Dank verbunden! Dann also auch Dir noch eine gute Nacht.
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