Frauen machen's anders

Sie zieht sich nicht einfach ein T-Shirt über und geht in die nächste Bar.
Sie schreibt ihren Freunden keine sms: "Ich brauch heut' einen One-Night-Stand".
Sie sagt nicht: "Es ist ok, er hat mir eh nichts bedeutet".
(Different For Girls / J.T. Harding, Shane McAnally)

Joe C. Ich komme gerade aus dem Geister-Kino!

Tom Woher kommst Du? Du meinst aus der Geisterbahn?

Joe C. Nein, ich war im Kino. Zum Glück klimatisiert! Wer hätte das gedacht?

Tom .. dass Du mal ins Kino gehst?

Joe C. Nein, dass wir heuer nochmal zu Schwitzern werden.

Tom Und welchen Film hast Du Dir angesehen?

Joe C. Na eben diesen Geister Abklatsch aus den 1980er Jahren.

Tom Ach so, Du meinst 'Ghostbusters'?

Joe C. Ja genau, so hieß der. Aber ich wollte Dir eigentlich nur sagen, dass im Abspann ein fetziges Lied, gesungen von einer ziemlich dreckigen Stimme lief.

Tom Ich vermute, Du meinst Elle King mit 'Good Girls'. Erinnert vom Thema her an 'Girls Just Want To Have Fun' aus den 1980er Jahren und passt so wohl auch zum weiblichen Thema des Films. Elle King kennt man bisher aber mehr durch ihren ersten Hit, der auch hierzulande rauf und runter gespielt wurde: nämlich 'Ex's & Oh's'.

Joe C. Ach daher kam mir also die Stimme bekannt vor. Die ist aber wirklich sehr unverkennbar.

Tom Ja ein wenig so, wie sie selbst. Kein gestyltes Popsternchen im Magerwahn. Damit entspricht sie zwar eigentlich dem Durchschnitt, speziell der Amerikanischen Normalsterblichen, aber in der Welt der Popstars ist sie damit auch optisch unverkennbar.

Joe C. Von irgendwoher muss ja auch die stimmliche Kraft kommen!

Tom Aber es ist interessant, dass Elle King im Moment mit 'Different For Girls' auch einen Top-10 HIit den Billboard Hot Country Song Charts hat. Und das nicht deshalb, weil sie sich schon relativ früh auch für Country interessiert und darüber sogar das Banjospielen gelernt hatte. Sondern weil Dierks Bentley sie gefragt hatte, ob sie einen Song auf seinem neuen Album 'Black' mit ihm singen wolle.

Joe C. Und wie es scheint, wollte sie - ganz ohne Berührungsängste.

Tom Da sie selbst Lieder schreibt hat sie Rolling Stone Country gegenüber erklärt, "Ich war begeistert, in einer Beziehungsgeschichte mitzuwirken, die anders ist, als die typischen Songs über Beziehungen."
Anfang Juni 2016 war nicht nur das Album 'Black' erschienen, auf dem der Song enthalten ist, sondern die beiden performten ihn auch gleich live bei den CMT Music Video Awards in Nashville vor Live-Publikum. Und dann beim CMA Music Fest.

Joe C. Aber da würde ich sie stimmlich gar nicht erkennen. Wo bleibt ihre dreckige Stimme?

Tom Sie zeigt, dass sie eine wandlungsfähige Künstlerin ist. Und für diese Ballade würde das auch gar nicht anders passen.

Joe C. Und was ist nun für Mädls so anders? Was macht das Lied so ungewöhnlich?

Tom Es befasst sich damit, wie Frauen und Männer unterschiedlich mit einem Beziehungsende umgehen. Da gibt es klassische Verhaltensweisen, die sich in den meisten Kulturen finden. Die Männlichkeit erlaubt es dann zu oft nicht, Gefühle zu zeigen. Alkohol oder die Suche nach jemandem Neuen sind die impulsiven Trotzreaktionen des Mannes, während die Frau sich zurückzieht und versucht ihre Gefühle zu ordnen.

Joe C. Klingt ja fast nach einer Psychologie-Lehrstunde! Und das wird wirklich zum Hit?

Tom Aktuell liegt das Lied auf Platz 5, aber da ist noch mehr drin. Vielleicht ist es ein Teil der Country Renaissance, die versucht, sich wieder mehr auf Texte zu fokussieren, in denen nicht nur Alkohol, Pick-Up Trucks und Parties vorkommen. Alleine für diesen Mut, erst das Lied aufzunehmen und es dann auch noch als zweite Single aus dem Album zu veröffentlichen, muß man Dierks Bentley Respekt zollen.

Joe C. Der Typ hat wohl echt nichts zu verlieren?!

Tom Um ehrlich zu sein, war die erste Single aus dem Album 'Somewhere On A Beach' genau so ein Party-Song, voller Strand und Sonne, Sommer und viel Alkohol. Aber der Song war so erfolgreich, dass er nicht nur Nummer-1 in den Billboard Hot Country Song Charts belegte, sondern sogar bis in die Pop Top-40 der Billboard Hot-100 vorstieß. Damit hat er sich wohl die kommerzielle Erlaubnis geholt, einen riskanteren Song ins Rennen zu schicken.

Joe C. Also doch mehr ein Gambler! Oder eiskaltes Kalkül?

Tom Esquire Magazine hat Dierks Bentley diese Woche als den menschlichsten und sympatischsten Star im Country bezeichnet. Dabei spielt es eine Rolle, wie er auf seine Fans zugeht, aber auch wie authentisch und ehrlich er seine Liebe zur Musik umsetzt. Auch wenn er sich den Mut dazu erst erarbeiten musste. Was aber dazu führte, dass er 2010 mit 'Up On the Ridge' ein traditionelles Bluegrass Album veröffentlichte, auf dem er nicht nur 'From the Bottle to the Bottom' von Kris Kristofferson coverte, sondern auch 'Pride (In the Name of Love)' von U2.

Joe C. Also das hätte ich jetzt echt nicht erkannt. Klingt aber auch ein wenig wie Schrammel-Musik ...

Tom Und nach dem Tod seines Vaters entstand 2013 das Album 'Riser', das aber erst 2014 veröffentlicht wurde. Es ist ein ruhiges, geradezu introvertiertes Album mit nur einem Party-Kracher, der dann aber auch pünktlich zum Riesenhit wurde: 'Drunk on a Plane'.

Joe C. Ja Party geht eben immer!

Tom Und 2016 folgte 'Black' mit seiner 4-teiligen Video Einführung noch vor Erscheinen des Albums. Und nachdem Dierks Bentley auch selbst Pilot ist, nicht nur in seinen Videos, scheint er im Moment das Ziel seiner Reise ganz gut selbst im Griff zu haben.
Und auch wenn er nicht die markanteste Stimme hat, unheimlich sympathisch kommt er wirklich rüber, das hat sogar meine Freundin gemeint. Dabei saßen wir in der letzten Reihe im Stadion, als er 2015 beim CMA Music Fest auftrat! Frauen sehen das halt gleich ...