Jahrelang gereift

"Ich wäre ein paar Male schon beinahe umgekommen und [seit dem] habe ich mir überlegt, was mein Vermächtnis sein wird. Ich musste mir die Frage stellen: Wird man sich an mich erinnern, als jemand, der immer davonläuft und aufgibt oder jemand, der sich selbst nicht im Weg steht und Dinge umsetzt?"

(Bryan Martin / musicrow.com, 9. Juli 2024)

Als Bryan Martin am 26. April 2025 auf der Mane Stage, der Hauptbühne des legendären Stagecoach Festivals in Indio in Kalifornien auftreten durfte, war es auch eine persönliche Bestätigung dafür, wie weit er in den letzten Jahren gekommen war. Denn ein glückliches Leben geht eigentlich anders und sollte nicht von Drogen, einem schweren Autounfall und einem Selbstmordversuch überschattet sein.

Knapp 3 Wochen zuvor, am 4. April 2025, hatte er sein bereits 4. Studio-Album auf dem unabhängigen Label Average Joes Entertainment veröffentlicht. Es trägt den Titel "Years In The Making" und beinhaltet 13 Songs. An 12 von ihnen war Bryan Martin auch als Songschreiber beteiligt. Eine Aufgabe, die ihm ganz besonders am Herzen liegt. Denn mit Songs, die von seinen persönlichen Zweifeln und Ängsten erzählen, möchte er anderen Menschen sagen, dass sie nicht alleine sind.

"Wenn ich versuchte, meine Narben zu verstecken oder mir eine Maske aufzusetzen, dann würde ich genau das tun, was ich niemals tun wollte", sagt der Künstler auf seiner Homepage. "Der Grund, warum ich sie nicht verberge, ist, weil die Menschen wissen sollen, dass es keinen Unterschied zwischen mir und ihnen gibt."

Oder wie er es mit seiner vom Leben gegerbten Stimme im Titelsong des Albums besingt:
Man kann es hören in den Liedern, die ich singe.
Es ist eine verzweifelte, schmerzhafte Sache.
Denn ich war unten, wurde herumgestoßen,
wurde aufgegeben und breche immer noch.

Aber wie das Bellen eines Hundes,
ganz unten fand ich diesen Klang,
jahrelang gereift.
(Years In The Making / Ben Roberts, Bryan Martin, Scott White)

Mit beißender Stimme und rauhen Klängen verbindet er Country mit Rock- aber auch Gospel-Einflüssen, um die schmerzhaften Erfahrungen seines Lebens zu erzählen. Selbst die Country Ballade ('Ain't My Old Man') über seinen Vater ist voller Bitterkeit und der Erkenntnis, dass er immer wieder seinen Vater in sich selbst erkennt. Auch wenn er sich nur wünscht, es nicht zu tun.

Er und ich, wir waren so verschieden wie Feuer und Regen,

hatten nichts gemeinsam, außer den Familiennamen seines Vaters.

Er fuhr einen Ford, also fuhr ich einen Chevy.

Er hasste Tatoos, jetzt habe ich jede Menge.

(Ain't My Old Man /  Lee Thomas Miller, Bryan Martin, Nick Walsch)

"Ich denke, viele von uns wollen wie unsere Väter sein, wenn wir aufwachsen, sagen sich aber gleichzeitig, ich möchte nicht so sein, wenn ich erwachsen bin. Ich möchte [jedenfalls] mehr Geduld mit meinen Kindern haben und ihnen beibringen, wie man Dinge macht," betont er bei musicrow.com.

Sein eindringlicher Song 'We Ride' (2022) erreichte vergangenes Jahr Platz 3 in den Radio (Billboard Country Airplay) Charts und machte ihn damit einem breiteren Publikum bekannt. Nicht zuletzt auch dank Stagecoach stehen die Chancen gut, dass es kein einsamer Hit bleiben wird, sondern der Außenseiter Bryan Martin auch kommerziell langfristiger erfolgreich sein kann. Immerhin wurde nicht nur 'We Ride' inzwischen über 340 Mio. mal auf Spotify gestreamt, sondern sein gesamtes Repertoire steht inzwischen bei fast 900 Mio. Spotify Streams ...