Historisch
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Als Sohn Irischer Einwanderer, die sich an der Ostküste der USA niedergelassen hatten, brachte Eddie Rabbit nicht die typischen Voraussetzungen für eine Karriere im Country Genre mit, als er 1968 von New Jersey nach Nashville zog, um als Songschreiber zu starten. Aber das änderte sich, nachdem Elvis Presley bereits im Folgejahr den von ihm geschriebenen Song 'Kentucky Rain' aufnahm und Ronnie Milsap 1974 mit 'Pure Love' seinen ersten Nummer-1 Hit in den Country Charts landen konnte.
Als Eddie Rabbit im Mai 1998 mit nur 56 Jahren an Lungenkrebs verstarb, lag sein letzter Top-10 Hit in den Country Charts ('Runnin' With the Wind') bereits 8 Jahre zurück. 8 Jahre, in denen man den Künstler, der praktisch alle seiner Hits (darunter 17 Nummer-1 Hits in den Billboard Hot Country Songs Chart) selbst geschrieben hatte und damit zu einem der kommerziell erfolgreichsten im Genre wurde, fast völlig vergessen hatte. Selbst sein Musik-Agent soll erst nach dem Tod von Eddie Rabbit von dessen unheilbarer Krankheit erfahren haben.
Ein Vergessen, das bis heute andauert und vermutlich auch dem Umstand
geschuldet ist, dass er mit seinen größten Hits zu Beginn der 1980er Jahre
weit über das Country Genre hinaus bekannt wurde. Denn für viele war
Eddie Rabbit damit mehr Las Vegas Glitzer als Nashville Handwerk. Nicht
zuletzt wird sein früher Produzent David Malloy mit den Worten zitiert:
"Was ich grundsätzlich versucht habe, war, Pop Platten zu machen, die bei Country Radio Stationen Akzeptanz fanden."
Dem widersprach Eddie Rabbit selbst zwar im Interview mit Herb Sudzin 1990, als er betonte: "Alles, was ich über die Jahre hinweg gemacht habe, ist Country für mich." Aber bis heute fallen einem eben nicht seine durchaus traditionellen Titel ein, wenn man seinen Namen hört, sondern seine großen Pop Hits, von denen er immerhin 8 in die Top-40 und 4 in die Top-10 der Billboard Hot 100 brachte.
Darunter 'I Love A Rainy Night', mit dem er am 28. Februar 1981 Dolly Parton (mit ihrem Hit '9 To 5' aus dem gleichnamigen Kino-Erfolgsfilm) an der Spitze der Billboard Hot 100 ablöste und für 2 Wochen lang der beliebteste Song in Amerika war. Am Ende hielten die beiden Country Künstler für 3 Wochen lang die beiden ersten Positionen der Amerikanischen Pop Charts. Eine Konstellation, die sich erst 42 Jahre später wieder einstellen sollte.
Und zwar in der Billboard Hot 100 Chart-Woche vom 1. Juli 2023, als sich Luke Combs mit seiner Cover-Version von 'Fast Car' auf Platz 2 hinter Morgan Wallen schob, dessen Hit 'Last Night' im heurigen Jahr bereits 14 Wochen auf Platz 1 der Billboard Hot 100 Pop Charts gestanden hat und damit bis dato der kommerziell erfolgreichste Song des Jahres 2023 in Amerika ist.
Eine Konstellation, die am 8. August 2023 nocheinmal getoppt wurde, als zum ersten Mal in der Geschichte der Billboard Charts (seit 1958) gleich 3 Country Songs an der Spitze der Billboard Hot 100 standen.
Denn die gesellschafts-politische Kontroverse rund um den Song 'Try This In A Small Town' von Jason Aldean hatte dazu
geführt, dass dieser in der Woche vom 1. August von Null auf Platz 2
eingestiegen war, um in der darauf folgenden Woche dann auch noch die Spitze der
Billboard Hot 100 zu erobern.
Country Music erlebt damit vielleicht den kommerziell erfolgreichsten Moment seiner Geschichte. Gleichzeitig hinterlässt die nun auf breiter Ebene angestoßene Diskussion um dieses Erfolgstrio jedoch einen ungewollten Beigeschmack. Denn es geht jetzt nicht mehr nur um Musik, sondern um Grundthemen in der Amerikanischen Gesellschaft und die historische Last, mit der diese umzugehen hat. Es ist eine Gesellschaft, die vom Schwarz-Weiss eines 2-Parteien Systems geprägt ist, deren Gegensätze auch schon mal mit Waffengewalt ausgetragen werden. Letzteres im Übrigen ein weiteres Problem, an dessen vergeblicher Lösung die USA sich immer wieder spaltet.
Vordergründig aber geht es vor allem um den Umgang mit der Afro-Amerikanischen Bevölkerung und das bedrohliche Thema Rassismus. Und während jeder einzelne der unzähligen Afro-Amerikanischen YouTuber, der den Song von Jason Aldean im Netz einer kritischen Begutachtung unterzogen hat, ihn ohne Zögern davon freigesprochen hat, bleibt die Verwendung des verbotenen N-Wortes durch Morgan Wallen 2021 im nicht-nüchternen Zustand für viele immer noch als unverzeihlich im Raum stehen.
Der beste Anlass also, um gleich dem ganzen Genre den schwarzen Peter der fehlenden Inklusivität zuzuschieben. Was ja an vielen Stellen durchaus berechtigt sein mag. Aber wenn als Argument dafür die Frage ins
Feld geführt wird, wie es sein kann, dass ein weißer Interpret wie
Luke Combs einen größeren Erfolg mit 'Fast Car' hat (Patz 2 in den
Billboard Hot 100), als die Afro-Amerikanische Künstlerin
Tracy Chapman mit ihrem eigenen Song (Platz 6 in den
Billboard Hot 100), dann ist das nicht nur unverständlich, sondern hat auch nichts mehr mit dem Genre selbst zu tun.
Letztendlich lässt sich darauf verweisen, dass schlechte Publicity immer noch besser ist als gar
keine, aber gleichzeitig liegt der Verdacht nahe, dass man hier einfach nur ein grundlegendes Gesellschafts-Problem vorschiebt, um diesen unerwartet historischen Erfolg eines Genres erklären zu können, das offenbar immer noch nicht wirklich als vollwertig angesehen wird.
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